Kapitel 26

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Und sein Arm sah aus wie eine Aubergine.", murmelte Clary entnervt.
Die Zeichnung wollte ihr einfach nicht gelingen.
Seufzend riss sie auch dieses Blatt vom Skizzenblock, knüllte es zusammen
und pfefferte es gegen die orangefarbene Wand ihres Zimmers.
Der Boden war bereits mit zerknüllten Papierbällchen übersät - 
ein deutliches Zeichen dafür, dass sie den Inspirationsfluss nicht so umsetzen konnte,
wie sie es sich vorgestellt hatte.
~City of Bones~

Rückblick Jonathan

Still lehnte ich mich an die gemauerte Wand hinter mir und ließ meinen Blick über die Menge schweifen. Ich wusste, dass es ein Risiko war mich in dieser Stadt aufzuhalten. So nah bei ihr und auch sah nah an ihnen. Ich hatte wirklich überlegt gehabt mit dem Portal in eine andere Stadt zu reisen, hatte diesen Gedanken jedoch wieder verworfen. Ich konnte nicht zulassen, dass ihr doch etwas passierte. Sie war meine einzige Chance meine Freiheit wieder zu erlangen, mindestens die Freiheit aus Edom. Über alles andere wollte ich erst einmal noch nicht nachdenken.

Eine Woche war vergangen, nur eine simple Woche und trotzdem war es mir schwer gefallen im Hintergrund zu bleiben. Keinen Kontakt zu der Schattenwelt zu haben war eigentlich schier unmöglich, gerade in solch einer großen Stadt wie New York, aber ich hatte es versucht. Hatte mich die meiste Zeit an Plätzen herum getrieben, an denen viele Touristen waren. Trotzdem blieb es nicht aus, dass ich den ein oder anderen Werwolf oder Vampir gesehen hatte. Bis jetzt schien es geklappt zu haben, dass mich keiner von ihnen gesehen hatte und wenn dann scheinbar nicht dem Rat unterrichtet hatte. Trotz des neuen Abkommens würden wohl die alten Streitigkeiten und Fehden nicht vollkommen vergessen sein und vielleicht hatten sie auch noch Angst vor dem Jonathan, der ich mal gewesen war. Das Monster...

Nach einigen Minuten des Beobachtens entdeckte ich schließlich den roten Haarschopf von Clary. Ich würde sie immer und überall erkennen, auch wenn sie nicht sonderlich groß war. Die Präsenz eines anderen Nephilims hing irgendwie immer in der Luft, zu dem kam noch das Engelsblut in ihren Venen dazu. Man konnte sie einfach nicht übersehen.
Jedoch sah sie mich nicht, vorerst, bis sie fast in meiner Hörweite war. Abrupt blieb sie stehen, drehte sich zu ihrem Begleiter herum, Simon. Sie redete auf ihn ein, wild gestikulierend und scheuchte ihn dann davon. Er hatte mich noch nicht gesehen, aber er hatte vermutlich auch nicht wirklich eine Erinnerung an mein Erscheinungsbild. Schließlich hatte der ehemalige Vampir alle Erinnerung verloren hatte und kannte mich nur von Erzählungen der Anderen. Auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass Clary mich exzellent zeichnen konnte. Ein Talent, welches nur sie geerbt hatte. 

„Du... argh… du Idiot!“, ertönte ihre wütende Stimme und sie stieß mich näher an die Wand. „Warum? Warum bist du noch hier? Traust du mir etwa nicht zu, dass ich auf sie aufpasse, hm?“ Fast hätte ich über ihren Starrsinn und ihre Wildheit geschmunzelt, doch ich blieb wie ich war, ernst und kalt. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele Ratsmitglieder zurzeit in New York sind? Ständig halten sie ihre Besprechungen hier im Institut ab und du läufst hier völlig entspannt durch die Straßen, als wärst du kein gesuchter Verbrecher!“
Nie würde ich zugeben, dass meine kleine Schwester Recht hatte. Ich war Jonathan Christopher Morgenstern und damit genauso stur wie sie, wenn nicht sogar noch starrsinniger. 

„Wenn du nicht mein Bruder wärst...“, ein Klingeln unterbrach ihre Schimpftirade und ich versteifte mich augenblicklich. Sie verzog das Gesicht und murmelte etwas vor sich hin, ehe sie in ihrer bunten Stofftasche nach ihrem Handy suchte. Mit genervtem Gesichtsausdruck betätigte sie den grünen Hörer und hielt sich das Gerät ans Ohr. „Hm?“, meldete sie sich einfach nur, aber das schien auszureichen. Ihren Telefonpartner hörte man ziemlich deutlich und schnell reden, mir gefielen die Worte gar nicht...
‚Clary hör zu es geht noch mal um Zoey.‘
„Ernsthaft Izzy? Du hast mich den ganzen Tag schon zugetextet...“
‚Ja ich weiß, aber es ist echt wichtig. Wir sollten doch nochmal drüber reden, ob wir sie ins Institut bringen.‘
Die Rothaarige seufzte auf. „Da gibt es nichts zu bereden. Wir können Zoey noch nicht zum Institut bringen. Sie weiß bisher so wenig über uns und die Schattenwelt, was meinst du was sie für einen Schock bekommen würde? Außerdem du weißt doch, wie die alle zurzeit durchdrehen wegen meinen freilaufenden Bruder.“ Sie warf mir einen wütenden Blick zu, den ich gekonnt ignorierte und gespielt desinteressiert die Leute beobachte. Auch wenn meine Hauptaufmerksamkeit auf das Telefonat lag. 
Ehrlich gesagt wusste ich nicht ob ich stolz sein sollte, dass meine Schwester so gut lügen konnte, aber beschloss es dann einfachheitshalber zu sein. 

Das zweite GesichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt