„Das Kind, das mit diesem Blut in seinen Adern geboren wird", setzte die Frau mit sanfter, lieblicher Stimme an,
„wird Kräfte besitzen, welche die der Dämonenfürsten des Abgrunds zwischen den Welten bei Weitem übersteigt.
Der Knabe wird mächtiger sein als Asmodeus, der Dämon des Zorns und er wird stärker sein als die Shedu, die Sturmdämonen.
Mit der richtigen Ausbildung wird es nichts geben, wozu er nicht fähig wäre.
Aber ich warne dich", fügte die Frau hinzu, „das Blut wird ihm auch seine Menschlichkeit rauben,
da das Gift jeder Zelle das Leben raubt.“
~City of Glass~„Nein!“, hörte ich die, vom Schlafen, noch rauere Stimme des Schattenjägers.
Er saß auf der anderen Betthälfte mit dem Rücken zu mir gedreht und hielt sein Handy an das rechte Ohr.
Ich kam nicht umhin auf die Narben starren, welche sich über seinen Rücken zogen.
Wer hatte ihm so etwas angetan?
„Es ist zu gefährlich.“, meinte er und seine Stimme klang dabei hart und kühl. Kühl? Dieser Kerl war echt komisch, einerseits besorgt und andererseits deutlich distanziert.
Jemand antwortete ihm, seine Rückenmuskeln spannten sich an. Nach einigen Sekunden des Schweigens seufzte er und fuhr sich durch seine abstehenden hellblonden Haare.
„Ok, Eiffelturm, zweite Etage, 11 Uhr.“ Moment, hatte er gerade Eiffelturm gesagt? Der Eiffelturm? Warum dachte ich als erstes an Treppen? Oh nein, er würde ohne mich da drauf gehen.
Müde ließ ich mich wieder ins Kissen sinken, mein Hinterkopf pochte schmerzhaft und plötzlich schossen mir die Bilder von gestern Nacht durch den Kopf.
Elben... Männern mit halben Bäumen in den Haaren, spitzen Zähnen und den komischen Augen.
Ja bestimmt, nicht.
Es konnte nicht wahr sein, vermutlich gehörten sie auch einer kranken Sekte an und hatten sich so verkleidet...
Trotzdem hatte das Ganze einen bitteren Beigeschmack. Ich versuchte die beunruhigenden Gedanken zu verbannen, die sich in meinen Kopf, wie ein Spinnennetz, zusammen versponnen.
„Wie geht es dir?“
Verwirrt blinzelte ich Jonathan an. Oh er meinte tatsächlich mich.
Unsicher zuckte ich mit den Schultern, wie sollte es mir schon gehen.
„Okay.“, murmelte ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen.
Er nickte kurz und verschwand dann im Badezimmer.
Müde tastete ich nach meinen Medikamenten und versuchte nicht wieder einzudösen.Meine Finger hatten sich um das eiserne Geländer geschlossen und ich beugte mich vorsichtig näher zu der Kante. Der Wind fuhr durch meine braunen Haare, die ich offen gelassen hatte. Der Ausblick war überwältigend und dabei waren wir nicht einmal ganz oben. Auch wenn ich mich kaum von der Stadt unter mir losreißen konnte, huschte mein Blick immer wieder zu den zwei Personen herüber.
Wieder einmal fragte ich mich, wie sie den anderen Leuten nicht auffallen konnten.
Ein wunderschönes Mädchen mit roten Haaren, welches relativ klein und zierlich war und ein Junge mit hellblonden Haaren, ebenfalls sehr attraktiv. Sie beide sahen wirklich aus wie Models und doch trugen sie derbe Sachen. Beide hatten eine Lederjacke an und waren von Kopf bis Fuß mit unterschiedlichen Waffen ausgestattet.
Krieger aus einer anderen Zeit, dachte ich.
Doch keiner der Anwesenden blickte sie an, keiner wunderte sich über ihr Auftreten. Sie waren viel mehr damit beschäftigt Fotos von sich oder der Pariser Innenstadt zu schießen.
Genauso wenig, wie man mir Beachtung schenkte, aber das war mir mittlerweile ganz recht so. Fasziniert blickte ich auf die fahrenden Autos, die so winzig aussahen.
Ich war noch nie in Paris gewesen, mein Vater war nie mit mir verreist, dafür war nie das Geld übrig gewesen. Außerdem verließ mein Vater generell nicht London. ‚Warum sollte ich? Hier gibt es alles was man braucht.‘ Er hatte nie das Bedürfnis gehabt mehr zu sehen und ich hatte irgendwann aufgegeben mit dem Träumen, einmal die Welt zu bereisen.Jonathan
„Es war eine schlechte Idee von dir, Clarissa.“, meinte ich knirschend. Sie sollte eigentlich so wenig Kontakt mit mir haben wie möglich. Die Rothaarige funkelte mich wütend an und sah dabei natürlich schön aus. Sie war wunderschön, dass hatte ich schon bei unseren ersten Zusammentreffen gedacht. Meine Schwester; etwas in mir regte sich bei dem Gedanken. Früher hatte ich so etwas nicht empfunden. Das war das Einzige, was mir zeigte, dass sich etwas verändert hatte und ich war skeptisch, wie ich das Ganze bewerten sollte.
Doch bevor ich weiter in verstrickte Gedanken versinken konnte, riss mich meine Schwester wieder an die Oberfläche der Realität.
„Oh nein Jonathan, fang ja nicht damit an.“, fauchte sie fast schon, wie eine wütende Katze.
Ihr Zeigefinger bohrte sich in meine Brust. „Er hatte also Recht.“, sagte sie und zeigte auf die Braunhaarige, die völlig verträumt den Ausblick genoss. Ich sah Zoey nur flüchtig an. Ich hatte so schon genug Probleme, sie nicht ständig zu beobachten.
„Mit er meinst du dann wohl Jace.“, meine Stimme war kalt. Missmutig bemerkte ich die, Eifersucht, die in mir hochkeimte. „Ja, aber ich will nicht über ihn reden. Obwohl ich dich wirklich gerne schlagen würde, dafür, dass du ihm einen Dolch in den Oberschenkel geworfen hast.“ Wütend pustete sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, was nichts brachte, da es hier oben einfach zu windig war. Ich schmunzelte, ließ es aber dann bleiben, da ihre grünen Augen ein Stück weit dunkler wurden.„Also, was hast du dir dabei gedacht? Jonathan, eine Mundie? Warum hast du sie entführt?“, löcherte sie mich mit Fragen, die ich ihr gern beantworten wollte, es aber nie können würde. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und sie kniff ihre Augen zusammen. Nach einigen Sekunden seufzte sie gequält auf und murmelte dann leise: „Du wirst es mir nicht erzählen, habe ich Recht?“ „Tut mir Leid, Clarissa.“, sagte ich und stimmte ihrer Frage damit zu. Wieder herrschte Schweigen zwischen uns.
„Du... du wirst ihr doch nicht wehtun, oder?“, fragte sie vorsichtig und traute sich nicht mir in die Augen zu blicken. Wütend ballten sich meine Hände und ich zwang mich tief durch zu atmen. Es war normal, dass sie misstrauisch war, ich hatte es nicht anders verdient.
„Nein! Hör mir zu, alles was du wissen musst ist, dass ich meine Gründe habe.“, versuchte ich mich zu rechtfertigen. „Ich...“ Ich stockte, denn ich brachte kein Wort über die Lippen. „Ich kann dir einfach nicht mehr sagen.“ Das war eine lasche Ausrede, dachte ich mürrisch. Gerade nach Allem was passiert war. Ich konnte nur zu gut sehen, wie sie mit ihren Gefühlen kämpfte. Doch zu meinem Erstaunen nickte sie. Der Knoten in meiner Brust schien weiter zu werden und ich atmete tief durch.
„Ok, aber... versuch ... versuch das Ganze einfach schnell zu klären.“, meinte sie und zwinkerte mehrmals. „Ich... möchte einfach, dass alles gut wird, verstehst du. Ich will nicht andauernd hoffen müssen, dass weder du noch Jace getötet werden. Es soll einfach Aufhören.“Damit meinte sie die Jagd auf mich. „Das wird es. Du solltest jetzt besser wieder verschwinden, nicht, dass einer das Portal entdeckt.“ „Keine Sorge, Simon musste mit Izzy shoppen gehen und Alec ist bei Magnus.“ Ich nickte, auch wenn es mich wenig interessierte, fand ich es seltsam normal, dass mir meine Schwester davon erzählte. Es brachte Normalität in meinen chaotischen Tagesablauf. Genau wie seltsamerweise auch Zoey eine Art von Ruhe mit sich brachte.
„Pass auf sie auf, Jonathan.“, sagte sie und winkte mir zum Abschied.
Noch einige Sekunden blickte ich auf den Fleck, wo das schimmernde Portal gewesen war. Ob der Rat davon wusste, dass sie Portale erschaffen konnte?Zoey
Ich beugte mich noch ein Stück weiter nach vorne. Die Höhe jagte mir seltsamerweise Angst ein, aber ich war viel zu neugierig, als das sie mich zurück hielt. Wie winzig von hier oben alles aussah.
Wie es wohl auf der 3. Etage war?
„Möchtest du noch ganz nach oben?“ Ich drehte meinen Kopf herum und blickte in schwarze Augen. Hatte er meine Gedanken gelesen? Nein, vermutlich konnte man es meinem Blick ansehen.
„Ja, gerne.“, antwortete ich und richtete mich auf.
Wir kauften zwei Tickets für den Aufzug. Auch wenn ich bei dem Preis ein wirklich schlechtes Gewissen bekam, aber Jonathan schien sich nicht weiter daran zu stören.
Als wir zwischen den vielen Menschen Richtung Aufzug gingen, spürte ich seine warme Hand in meinen Rücken. Würden wir heute wieder irgendwelchen komischen Leuten begegnen? Wurde ich wirklich langsam verrückt? Und was hatte er wohl mit der jungen Frau beredet?
„War sie auch eine Schattenjägerin?“, fragte ich und erntete einen verwunderten Blick von dem Blonden.
Erst dachte ich, er würde mir nicht antworten, doch nach einer Weile, sah ich von der Seite aus sein leichtes Nicken.„Wo gehen wir als Nächstes hin?“, fragte ich neugierig. Welche Stadt würde mich morgen erwarten?
„Auf die Spitze des Eifelturms.“, meinte er selbstgefällig und ich konnte schwören, dass er gerade versuchte sein Lächeln zu unterdrücken.
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Das zweite Gesicht
FanfictionZoey hatte sich immer als gutes Mittelmaß betrachtet. Doch seit einigen Wochen war sie nur noch diejenige mit der Krankheit. Nachdem sie an einem regnerischen Tag in London erst einen riesigen blutrünstigen Hund begegnet und dann auch noch ein blond...