Kapitel 44

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"Vater mein, der Du bist in der Hölle, nicht geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie in der Hölle, also auch in Edom. Vergib mir nicht meine Schuld, denn in diesem Feuer aller Feuer finden sich weder Barmherzigkeit noch Mitgefühl noch Erlösung. Vater mein, der Du führst Kriege an hohen und niederen Stätten, komm zu mir. Ich rufe dich als Dein Sohn und auf mein Haupt lade ich die Verantwortung für Deine Beschwörung." 

„Sie hätte überhaupt gar nicht mit dem Schwert verhört werden dürfen!“ „Ich weiß, aber was sollen wir schon machen?“, fragte Clary leise. „Außerdem hättest du nicht einfach so aufspringen sollen.“ „Diese Mistkerle können mich mal.“ „Was nützt dir das, wenn du hingerichtet wirst, hm?“ 
„Könnt ihr bitte mal mit Gezanke aufhören? Ich bekomm langsam echt Kopfschmerzen“, murmelte Isabelle. 
Etwas benommen blinzelte ich und sah in Clary's besorgtes Gesicht. 
„Hey“, begrüßte sie mich leicht lächelnd und schon tauchte ein weiteres grünes Augenpaar auf. Eines, welches mich beunruhigt und gleichzeitig intensiv musterte. „Wie peinlich, ich bin ohnmächtig geworden“, seufzte ich leise und setzte mich leicht zittrig auf. 
Wir befanden uns auf den ersten Blick in irgendeinem Büroraum, ähnlich wie dem, in dem ich nach der Azension aufgewacht war. Jonathan schnaubte verächtlich und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Es ist ein Wunder, dass du überhaupt solange durchgehalten hast.“ „Jonathan! Jetzt fang nicht schon wieder damit an“, rügte ihn Clary und warf ihm einen warnenden Blick zu. „Wie geht's dir?“ 
„Fühl mich ziemlich schlapp“, gestand ich und sah mich genauer um.
Ich befand mich auf einem ziemlich alten und echt harten unbequemen Sofa,  Alec und Magnus lehnten an der Wand, Jace starrte aus dem Fenster, Simon saß mit Isabelle zu meiner rechten Seite auf einem anderen Sofa und Clary und Jonathan standen zu meiner Linken.
Und dann waren da noch die Wachen vor der Tür und in den Ecken des Raumes, die uns nicht aus den Auge ließen.
„Verständlich.“ Clary umfasste meine Hand und drückte sie leicht. Ich merkte das leichte Kribbeln und zog verwundert meine Augenbraue hoch. Nach einigen Sekunden fühlte ich mich schon ein wenig erholter und Clary ließ grinsend meine Hand los. 
Gehörte das etwa zu unserer Parabatai-Sache? 

„Uhm, was ist passiert? Also nach dem ich... weg war?“, fragte ich und versuchte unter Jonathan bohrenden Blick nicht zusammen zu schrumpfen. Hatte er schon immer diese Wirkung auf mich gehabt? 
„Es sind alle ziemlich ausgerastet, einschließlich meiner Mom und Luke“, fing Clary an zu erzählen und zupfte an ihrem T-Shirtsaum herum. „Immerhin waren sie gegen eine Verurteilung, aber der Rest... Es ist ziemlich schnell eskaliert und wir wurden von den Wachen hierher gebracht. Ehrlich gesagt hab ich keine Ahnung, ob sie sich da gerade die Köpfe einschlagen oder nicht.“ 
„Meinem Vater ist alles aus dem Gesicht gefallen. Da konnte selbst er sein Pokerface nicht mehr aufrecht erhalten. Keiner von ihnen hat damit gerechnet“, erklärte Izzy und lächelte bitter. Man sah ihr an, wie sie darunter litt, dass ihr eigener Vater über Leben und Tod entscheiden konnte.
„Es könnte euch den Arsch retten“, warf nun auch Magnus ein, der uns schweigend beobachtet hatte. „Deine Anklagepunkte sind jetzt auch nicht die Besten, Clarissa.“ 
„Ich weiß“, seufzte sie. „Aber was wenn es Jonathan nicht hilft? Dann war doch alles umsonst.“ 
Jonathans Kiefer spannte sich an, aber er sagte nichts. Man sah ihm an, wie sehr er in diesem Moment mit seinem Selbsthass kämpfte. Vermutlich würde ein Teil von ihm sich gern selbst erhängen.

„Was wenn die Parabatai-Sache euch nur schadet?“, fragte Jace vom Fenster und sagte damit zum Ersten Mal etwas. Trotzdem war er immer noch mit dem Rücken zu uns gekehrt und machte nicht die Anstalten uns eines Blickes zu würdigen. „Das glaube ich nicht“, entgegnete Alec mit sanfter Stimme. „Du weißt, dass Parabatai mehr als ein Kriegerbund ist. Es fast wie etwas Heiliges und viel Intensiveres, als wenn man die Ehe schließen würde.“ Er wollte ihn besänftigen und tatsächlich Jace drehte sich langsam herum und sah Alec fast schon liebevoll an. 
„Ja vielleicht hast du Recht, aber ich stimme Clare zu, vermutlich wird das Jonathan nicht aus der Schlinge ziehen.“ Damit überraschte er uns alle und ich hörte wie Clary neben mir scharf die Luft einzog, ehe sie mit roten Gesicht auf den Boden sah. 
Die Beiden sollten endlich miteinander reden können.
Irritiert blinzelte ich über meine eigenen Gedanken, da unweigerlich Bilder durch meinen Kopf schossen. „Oh“, entfuhr es mir, als ich mich erinnerte, wie wir in einem dunklen Raum standen. In der Mitte befand sich eine Glasvitrine und ein leuchtender Kelch und dann war da Jace. Clary hatte ihm nie verraten, dass sie ihren Bruder gerettet hatte und nun stand ihm die Wut und die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.  

Das zweite GesichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt