38. Zwischen Ruinen

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Louis:

„Es ist weg...", hauchte Louis ungläubig und blickte fassungslos hinüber zum anderen Ufer der Themse. „Wollen wir trotzdem mal rübergehen? Vielleicht ist Harry ja dort und wartet an der Stelle, wo das Theater mal gestanden hat", überlegte Liam, sah aber selbst nicht gerade überzeugt aus. „Einen Versuch ist es wert, denke ich. Dann lasst uns mal zur Brücke rüber gehen." Zayn legte den Arm um Louis' Schultern und sie nahmen den Fußweg, der am Flussufer zur Blackfriars Bridge führte.

Ein kalter Wind blies über den Fluss, kräuselte die Wasseroberfläche und ließ Louis leicht zittern. Er fühlte sich müde und erschlagen und jeder Schritt strengte ihn an. Wenn er sich gut konzentrierte, dann konnte er das Blut in Liams Rucksack in der Flasche hin und her schwappen hören und sein Magen knurrte.

Natürlich hatte Zayn das gehört. Er streckte die Hand aus, packte Liam am Rucksack, der protestierte, aber stehenblieb. „Was ist denn los?", fragte er und drehte sich zu ihnen um. „Louis, setz dich hin. Liam, gib mir das Blut aus deiner Tasche", forderte Zayn plötzlich, drückte Louis an Ort und Stelle hinunter auf den Boden und ehe er sich versah, hatte er die Arme um ihn geschlungen und hielt ihn fest. „Zayn, ich will nicht....mir ist nicht danach", protestierte Louis und versuchte sich aus Zayns Klammergriff zu lösen, doch der hatte sich hinter ihn gesetzt und seine Arme und Beine so fest um ihn geschlungen, dass er zu keiner Bewegung mehr fähig war. „Zayn...", bettelte Louis und warf den Kopf nach hinten, als Liam den Rucksack öffnete und die Flasche herauszog. Sie war aus dunklem Glas, damit der Inhalt ein wenig von der Sonne geschützt war.

„Lou, es tut mir wirklich leid, dass wir das machen müssen, aber wir haben keine andere Wahl. Jeder reagiert anders auf Durst und du bist eindeutig nicht so stark wie ich, was das Thema angeht...also bitte halt jetzt still", flüsterte Zayn in sein Ohr. Er löste eine Hand von ihm und drückte Louis den Kopf in den Nacken. Liam öffnete die Flasche und setzte sie an Louis' Lippen. Er konnte nicht anders, als einen Schluck zu nehmen, doch das Blut schmeckte seltsam. Es war dicker als sonst und irgendwie glibberig.

„Hmpf", machte Louis, drehte den Kopf weg und der Inhalt der Flasche ergoss sich über seinen Hals und den dunklen Pullover. Liam zog sie rasch zurück und schnüffelte dann misstrauisch am Flaschenhals: „Oh, das war wohl nicht mehr ganz frisch", stellte er fest. Hastig machte Louis sich von Zayns Griff los, rappelte sich auf, fiel auf die Knie und würgte zweimal. Das Blut kam sofort wieder hoch und färbte den Asphalt dunkelrot. Nach einem letzten Husten, wischte er sich über den Mund und richtete sich dann auf, um seine beiden Freunde böse anzublicken: „Man, ich habe gesagt, ich will nichts trinken...und dann ist das Zeug auch noch verfallen!" Obwohl er sich schlecht fühlte und noch immer diesen pelzigen Geschmack auf der Zunge hatte, war er sauer auf seine beiden Freunde, weil sie seinen Wunsch nicht respektiert hatten. Er hatte Zayn damals zwar ständig in den Ohren gelegen und versucht, ihn zum Trinken zu bewegen, aber niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, es ihm unter Zwang einzuflösen. Louis wischte sich das Blut grob von der Kleidung und stampfte dann den Weg weiter entlang, ohne zurück zu blicken. Er konnte hören, dass Liam und Zayn schon wieder angefangen hatten, miteinander zu diskutieren. Sollten sie sich doch jetzt gegenseitig die Schuld geben, dachte er und ging weiter.

Kaum 10 Meter hatte Louis zurückgelegt, als schnelle Schritte zu hören waren und seine beiden Freunde rechts und links neben ihm auftauchten. „Tut uns leid."

„Wir machen uns doch nur Sorgen um dich."

„Wir wollten dir nur helfen...", beteuerten sie und zum ersten Mal sein längerer Zeit, schienen die beiden mal wieder einer Meinung zu sein. Louis warf ihnen beiden einen bösen Blick zu und ging weiter auf die Brücke zu, die sich, mit großen Metallbögen verziert, über die Themse spannte und früher einmal eine Eisenbahnbrücke gewesen war. Eine schmale Treppe führte von dem Fußweg hinauf zur Brücke und die drei Freunde nahmen die Stufen nach oben.

Sie begegneten kaum Menschen, als sie über die Brücke gingen und der Verdacht, dass das Südufer der Themse nicht mehr bewohnt war, festigte sich immer mehr. „Gibt es hier überhaupt eine Treppe nach unten, oder hat man die abgebaut?", fragte Zayn, als sie auf der anderen Seite ankamen und auf den ersten Blick kein Weg von der Brücke hinab führte. Zayn lehnte sich über die Brüstung und sah nach unten: „Hier ist alles aus Stein gemauert, da können wir runterklettern", schlug er vor und schwang sich über die Brüstung. Liam ließ Louis den Vortritt und so folgte er Zayn die Backsteinmauer hinunter, krallte sich in den schmalen Fugen fest und kletterte langsam nach unten.

Es dauerte länger, als er gedacht hatte, doch irgendwann hatte er wieder festen Boden unter den Füßen. Als er sich aufrichtete und umsah, erschrak er. Von Weitem hatte es schon nicht gut ausgesehen, aber nun, da sie sich genau zwischen den Häuserruinen befanden, war deutlich zu erkennen, dass hier kaum noch ein Stein auf dem anderen stand. Von manchen Häusern standen lediglich noch ein oder zwei Seitenwände. Die Dächer waren eingestürzt und Ziegelscherben häuften sich zwischen den Trümmern. Überall wuchs Gras und auch einige Bäume hatten zwischen den Steinen einen guten Platz zum Wachsen gefunden.

„Das muss schon ein bisschen länger so aussehen", murmelte Liam und seine Stimme klang in der Stille um sie her ungewohnt laut. Er trat an einen der Bäume heran und strich mit der Hand über die Rinde. „Der ist so dick...ich schätze mal, er wird etwa 50 Jahre alt sein...ich frage mich, wieso sie nach dem Brand nicht alles wieder aufgebaut haben?" Auch Louis hatte sich das schon gefragt. Immerhin ging so der Stadt London viel potentieller Wohnraum verloren. Vieles hier, schien ungewöhnlich zu sein und irgendwie beschlich Louis immer mehr das Gefühl, dass sie sich nicht allzu lange hier aufhalten sollten. Die Häuserruinen und die verschmutzten, leeren Straßen hatten etwas Unheimliches an sich.

Zayn, der um den Pfeiler, an dem sie heruntergeklettert waren herumgegangen war, hatte sich die Brücke von der anderen Seite aus angesehen und kam mit gerunzelter Stirn wieder zu ihnen zurück. „Also die Brücke wurde tatsächlich so abgebaut, dass es nicht möglich ist, von ihr herunter zu kommen beziehungsweise auf sie hinauf. Jeder normale Mensch hätte sich beide Beine gebrochen, wenn er von dort Oben gesprungen wäre und so gut klettern, wie wir, kann auch Niemand." Er drehte sich bedeutungsschwer um sich selbst und flüsterte dann: „Irgendwas ist hier, das nicht auf die andere Seite kommen soll." Louis lief ein Schaudern über den Rücken, doch Liam schnaubte nur und meinte: „Ja genau. Was soll denn hier sein. Zombies, die man von der Stadt fernhalten will, oder was? Das glaubst du doch selbst nicht Zayn. Los, jetzt lass uns zum Globe gehen und nachsehen, ob wir Harry dort finden. Deswegen sind wir ja eigentlich hergekommen." Zayn sah beleidigt aus, weil Liam seine Vermutung nicht ernst nahm und schob die Hände in die Hosentaschen: „Meinetwegen. Aber wenn Harry nicht dort ist, dann sehen wir zu, dass wir so schnell wie möglich wieder über die Brücke kommen. Ich habe hier kein gutes Gefühl."

Louis ging es ebenso. Die leeren Ruinen wirkten unheimlich und er war froh, dass der Weg zum Globe sie nicht direkt zwischen den Häusern hindurchführte, sondern am Fluss entlang.

.-.-.-.

Was denkt ihr, was sich auf der Seite der Themse befindet? Es muss etwas Schlimmes sein, wenn man es daran hindern will, nicht zurück über die Brücke zu kommen...

Wer eine Vermutung hat, darf sie mir hier sehr gerne mitteilen :-)

Liebe Grüße

Umzug mit Folgen IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt