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Jungkook

Zischend bücke ich mich, um an die Bücher unten in meinem Spind zu gelangen. Jede Bewegung mit dem Oberkörper tut scheisse weh, obwohl ich drei Schmerztabletten hintereinander geschluckt habe.

Ich sollte es positiv sehen: Heute morgen musste Jinyun mir sogar eine Tablette ans Bett bringen, weil ich mich vor lauter Schmerzen nicht bewegen konnte. 

Wie ich heute Abend auftreten soll, weiss ich ehrlich gesagt nicht. 

Ich richte mich die Luft anhaltend wieder auf und beisse die Zähne zusammen, bis ich aufrecht stehe und die Bücher gegen meine Brust drücke. Langsam schliesse ich meinen Spind und mache mich dann auf den Weg zur Mathestunde.

Allerdings habe ich die  anderen Schüler vergessen, denn von einem werde ich prompt heftig angerempelt und ich stolpere kurz etwas, bevor mir die Bücher aus den Armen fallen und ich auf meinen Knien lande. Ein stechender Schmerz macht sich in meiner Seite bemerkbar und und balle die Hände zu Fäusten. Ich kann nicht einmal richtig atmen, ohne Schmerzen zu haben. Das Klingeln zur ersten Stunde ertönt und ich senke den Kopf. Jetzt ist es ohnehin egal, ob ich mich beeile oder nicht. 

"Hey, willst du nicht aufstehen?"

Es ist offensichtlich, dass die tiefe, ruhige Stimme mich meint, doch ich antworte darauf nicht. Ich habe keine Lust, mit diesen Leuten zu sprechen und ihnen weitere Angriffsflächen zu bieten. Ein Schnauben ertönt. "Man, Yoongi", meint eine weiter Stimme, tiefer als die erste und auch angenehmer, "Siehst du nicht, dass er nicht aufstehen kann?"

"Wieso sollte er es denn nicht können?!", erwidert Yoongi abfällig, "Ich meine, immerhin ist er nicht  gelähmt!"

Schritte ertönen, ich kann sehen, wie schwarze Sneaker auf mich zukommen, bis sich jemand vor mich hinkniet und seine langen Finger unter mein Kinn legt, um es so sanft hochzudrücken. Ich schlage die Augen nieder. Ich will ihn nicht anschauen, ich will nicht dieses hämische Grinsen sehen, dass ich in den meisten Gesichtern erblicke, die mich mustern. "Jungkook, sieh mich an."

Ich verharre in meiner Position. Er hat mich Jungkook genannt. Das muss der Rothaarige von gestern sein, denn er ist der Erste und Einzige, der meinen Namen benutzt, um mich anzusprechen. "Jungkook...", versucht er es wieder. Langsam schlage ich meine Augen auf und sehe direkt in seine dunklen. 

Ich habe den Rothaarigen gestern bereits gesehen, auch am Montag in der Mensa. Doch nie von so nahe. Und ich muss gestehen, dass er wirklich hübsch ist. Eine schöne, gebräunte Haut, dunkle, geheimnisvoll funkelnde Augen und volle, rote Lippen. Dazu die rot gefärbten Haare und seine Statur ist auch ziemlich gut.

"Du hast Schmerzen", stellt er leise fest und behält seine Finger unter meinem Kinn, obwohl ich ihn nun anschaue. Es scheint ihm nichts auszumachen, mir so nahe zu sein. Die meisten wollen das nicht, sie behandeln mich wie eine ansteckende Krankheit. Ein Virus.

Wenn es nicht darum geht, mich zu verprügeln, fasst mich keiner an. Keiner ausser er.

"Und wenn schon", erwidere ich schnippisch auf seine Worte, "Kann dir doch egal sein!"

"Es ist mir aber nicht egal", antwortet er ruhig und sein Blick huscht zwischen meinen Augen hin und her. "Es geht schon", murmle ich und er verzieht seine Lippen zu einem spöttischen Grinsen. "Ja, genau", höhnt er, "Wie viele Schmerztabletten hast du geschluckt? Zwei? Drei? Und du hast immer noch Schmerzen. Mach mir nichts vor, Jungkook. Wer war das?"

"Niemand." Ich habe nicht vor, es ihm zu erzählen, denn ich bin mir sicher, dass er Jonghun zur Rechenschaft ziehen wird und das sorgt wiederum bloss dafür, dass er seine Wut an mir auslässt. "Nach niemand sieht das nicht aus!", zischt der Rothaarige. "Lass mich einfach in Ruhe!", entfährt es mir lauter als gewollt, "Es hat nie jemanden hier interessiert, wie es mir geht, ich brauche dein Mitleid nicht, ehrlich! Ich kenn' ja nicht einmal deinen Namen! Geh einfach!"

"Kim Taehyung."

Ich lache auf. Denkt er, das ist so einfach? Denkt er, nur weil ich nun seinen Namen kenne, springe ich in seine Arme und heule mich aus?

Aber Taehyung scheint doch zu wissen, dass es mit einem Namen nicht getan ist. "Okay, wenn du mir schon nicht sagst, wer dir das angetan hat, dann will ich, dass du zur Schwester gehst und dich untersuchst." Ich sehe ihn an, als hätte er sie nicht mehr alle. Und was soll ich der sagen? Als ob ich mich wegen diesen Flecken untersuchen lasse!

"Auf keinen Fall", antworte ich auf seine Bedingung. "Das war keine Bitte, Jungkook", gibt Taehyung prompt zurück und seine Miene wird hart. Wenn mich nicht alles täuscht, presst er sogar die Kiefer zusammen und verengt seine Augen ein wenig. "Ich werde mich nicht untersuchen lassen!"

"Zwing mich nicht, dich zur Krankenstation zu tragen", zischt der Rothaarige leise und ich weite die Augen, bevor ich leer schlucke. Yoongi kichert leise. "Ich würde tun was er sagt. Er wird dich dahin zerren, wenn es sein muss."

Mein Blick huscht zu ihm, bevor ich wieder Taehyung anschaue. "Wieso interessiert es dich überhaupt?", frage ich ihn leise. Er verzieht keine Miene. "Kommst du freiwillig mit oder muss ich dich tragen?", will er bloss wissen, ohne auf meine Frage einzugehen. Ich lache kalt auf. "Du wirst mich vermutlich stützen müssen", gebe ich bekannt und er zuckt mit den Schultern. Gleich darauf hebt er meinen Arm an und legt ihn sich über die Schulter. 

Überrascht davon, dass er das tatsächlich macht, sehe ich ihn mit grossen Augen an, während er uns beide langsam auf die Beine stemmt. Seine eine Hand liegt auf meiner, die locker auf seiner Schulter platziert ist, den anderen freien Arm schlingt er um meine Taille. 

"Yoongi, sammel die Bücher auf", weist der Rotschopf Yoongi an, der noch immer an der Wand gelehnt dasteht und uns zusieht. "Bin ich sein Diener?!", empört der Schwarzhaarige sich.

"Mach einfach!", knurrt Taehyung, der wohl leicht gereizt zu sein scheint. Sein Freund verdreht die Augen, stösst sich aber tatsächlich von der Wand ab und während wir bereits den Gang entlang humpeln, sammelt er mein Schulzeug auf.

Einige Minuten spricht keiner von uns dreien, bis Taehyung leise die Stille bricht: "Es interessiert mich, weil ich weiss, wie sich das anfühlt und weil keines so etwas verdient hat..."

Stripper [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt