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Jungkook

"Nein!", höre ich es verzweifelt aus dem Wohnzimmer rufen, "Das kann doch nicht wahr sein!"

"Der Schuss wäre perfekt gewesen!", mault die zweite Stimme. Schmunzelnd schüttle ich den Kopf und hacke weiterhin die Paprika klein. Jinhyun rührt begeistert in der dunklen Soße und lässt den Teelöffel fürs Probieren öfter in die Flüssigkeit tauchen, als er sollte.

Er hilft mir gern das Abendessen zuzubereiten, deshalb denke ich, dass er später Koch wird. Ich dagegen habe keinerlei Ahnung, was ich später machen soll. Während wir also Abendessen machen, sind Dad und Taehyung im Wohnzimmer mit Herz und Seele bei einem Fussballmatch.

Es hat sich herausgestellt, dass er und mein Vater dieselbe Mannschaft mögen und seit sie das realisiert haben, sind beide vom Fernseher nicht mehr weg zu kriegen. Das Spiel ist seit einigen Minuten in der Verlängerung und Jinhyun und ich dagegen bald fertig.

"Abendessen ist fertig!", rufe ich und nehme die Töpfe vom Herd, um sie auf den Tisch zu stellen. Ich erhalte keine Antwort, weswegen ich die Augen verdrehe. Fussball war nie mein Ding, ich verstehe nicht, was daran so spannend und toll sein soll...

"Wasch dir die Hände", weise ich meinen kleinen Bruder an, dessen Finger bekleckert sind, genau wie seine Mundwinkel. Seine schwarzen Haare stehen in alle Richtungen ab und ein freches Lächeln seine Lippen. "Ist gut Hyung", meint er fröhlich und hüpft zum Waschbecken. Ich nehme den Eintopf und laufe damit zum gedeckten Esstisch, bevor ich mich umdrehe und die beiden Männer sehe, die förmlich am TV kleben und ihre Mannschaft anfeuern.

Augenverdrehend räuspere ich mich lautstark, allerdings hilft auch das nichts.

Sind die echt so taub wenn's um Fussball geht?!

"Hey!", rufe ich, woraufhin beide überrascht zu mir sehen. "Hast du was gesagt?", fragt Taehyung begriffsstutzig und legt den Kopf schief. Schnaubend stemme ich meine Hände in die Hüfte.

"Nein, ich rede mit mir selber, weisst du? Total schizophren und verrückt, ich höre nun mal Stimmen in meinem Kopf!", gebe ich spitz zurück, "Aber hey, ich hab Hunger - seht Fern, ich esse!"

Taehyung schenkt mir ein schiefes, entschuldigendes Lächeln, während Dad bereits zum Esstisch rollt. "Sorry", entschuldigt er sich.

"Esst einfach", seufze ich und mache es mir auf einem Stuhl bequem. Jinhyun kommt aus der Küche und setzt sich neben mich, während Dad und Tae an den Tischenden sitzen. Jinhyun will sich bereits den Eintopf schnappen, als Dad sich räuspert und ihm einen mahnenden Blick schenkt.

Der Schwarzhaarige scheint zu begreifen und wendet sich mit einem breiten Grinsen Tae zu, der die Situation belustigt mitverfolgt. "Willst du auch was?", fragt er den Älteren und ich unterdrücke ein tiefes Seufzem und die sarkastische Bemerkung, dass er nichts will, weil er uns bloss beim Essen zusieht.

Mein Bruder kommt mit Sarkasmus noch nicht sehr gut klar, deswegen muss ich mich zurückhalten damit. Taehyung schiebt den Topf wieder meinem kleinen Bruder zu. "Schöpf' du zuerst", lächelt er sanft und strahlend beginnt Jinhyun seinen Teller zu füllen, bevor er den Topf Tae weitergibt.

Zugegeben, nervös bin ich schon. Ich hoffe bloss, dass es ihm schmeckt. Aber als jeder seine Portion hat und Tae probiert sieht er zu mir und lächelt breit. "Das ist echt gut!"
Ich spüre, wie sich Erleichterung in mir breit macht und lächle zaghaft. "Danke", nuschle ich.

"Mein Kooks kann so vieles, seit ich im Rollstuhl bin", seufzt Dad darauf und ich schenke ihm einen missbilligenden Blick. "Jetzt werd mal nicht melancholisch", meine ich, woraufhin er lacht und ich hinzufüge: "Jemand muss sich ja darum kümmern, dass du dich nicht nur von Fast Food ernährst!"

"Die perfekte, kleine Hausfrau", neckt Taehyung mich breit grinsend, woraufhin ich ihn empört ansehe. "Geht's noch?! Ich bin doch keine Frau!", patze ich mit einem kleinen Lachen. Er senkt seinen Blick nur wieder auf das Essen und stopft erneut etwas in sich hinein. "Ich würd dich einstellen", zuckt er dann mit den Schultern.

"Du bist so ein Trottel!"

~~~

"Bitte, bitte, Tae!", quengelt Jinhyun und schlingt seine Füsse und Arme um dessen eines Bein. "Bleib doch noch ein bisschen!"

"Ich muss wirklich gehen, Kleiner", grinst der Rothaarige lachend und fährt meinem Bruder durch die Haare, der offensichtlich einen Narren an Taehyung gefressen hat. Na gut, mein Vater scheint ihn auch extrem zu mögen. "Jinnie, er kann nicht bleiben", versuche ich auf ihn einzureden, aber mein Bruder bleibt unnachgiebig.

"Ich finde, du solltest hier schlafen. Immerhin hast du auch Alkohol getrunken", meldet mein Vater sich zu Wort, der im Türrahmen erscheint. Ich stöhne auf. "Und wo soll er schlafen? Doch nicht auf der unbequemen Couch!", frage ich.

"Er kann bei mir schlafen!", strahlt Jinhyun zu Taehyung auf, der die Angelegenheit wohl zu süss findet. "Nein", sage ich sofort, "Dann laberst du ihn über Nacht zu Tode!"

"Dann schläft er bei dir, dein Bett ist gross genug", meint Dad und ich sehe ihn ungläubig an. Das meint er doch nicht ernst, oder?! Er wirft mir ein breites Grinsen zu und ich unterdrücke ein Augenverdrehen.
"Na ja", meint Taehyung halblaut, "Da ihr ja dafür seid... ich habe nichts dagegen. Was ist mit dir, Jungkook?"

Verdattert starre ich ihn an. Er lächelt schüchtern und befreit sein Bein sanft aus Jinhyuns Umklammerung. Da ich nicht der Spielverderber dieser Sache sein möchte, ergebe ich mich schlussendlich mit einem Nicken, aber ergreife dann direkt Taes Handgelenk. "Komm, du kannst Schlafklamotten von mir haben", murmle ich und ziehe ihn mit, in mein Zimmer. Dort angekommen ziehe ich aus meinem Schrank eine Jogginghose und ein Tank Top, womit er dann im Bad verschwindet, sodass ich mich hier umziehen kann.

Nur wenig später liegen wir gemeinsam mit dem Rücken zueinander in meinem Bett und schweigen uns wie so oft an.

"Sorry, dass meine Familie so anhänglich ist", nuschle ich in die Dunkelheit hinein. Sein warmes Lachen erklingt, dann höre ich, wie er sich umdreht. "Das macht doch nichts, Kookie. Ich find's niedlich!"

Ich brummle daraufhin nur und vergrabe mein Gesicht mehr in meinem Kissen, als ich spüre, wie er näher rückt. Im nächsten Moment schlingt er von hinten die Arme um meinen Bauch und drückt mich fest an sich, was mir ein überraschtes Aufkeuchen entlockt. "Du darfst also ruhig genauso sein", haucht er gegen meinen Nacken und sorgt dafür, dass ein Schauer meinen Rücken hinab rieselt.

Es ist nicht so, dass wir uns zum ersten Mal so nahe sind, aber in absoluter Stille und Dunkelheit ist eine Umarmung tausendmal intensiver, wie ich nun feststellen muss. "W-was soll das?", frage ich unruhig und versuche aus seinem starken Griff zu entkommen, doch er lässt mich nicht.

"Bitte", murmelt er stattdessen fast flehend, "Ich brauche das..."

"Du brauchst einen lebensgrossen Teddybären?!", erwidere ich ungläubig und höre, wie er schnaubt. "Ich komme nicht gut mit mir alleine klar", wispert der Rothaarige, "Ich hasse es, allein zu sein. Bitte bleib einfach so, Jungkook. Bleib in meiner Nähe."

Stripper [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt