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Taehyung

Die Luft ist stickig und heiss. Ich bin bereits verschwitzt, aber ich kümmere mich nicht darum, während ich auf der Tanzfläche stehe und mit einem mir unbekannten Mädchen tanze. Schlecht sieht sie nicht aus, und wenn ich noch etwas mehr Alkohol trinken würde, dann hätte ich auch eine Beschäftigung für die Nacht. Die Sache hat nur einen Hacken.

Das ist nicht Jungkook.

Die Tatsache, dass der schwarzhaarige Junge nicht aus meinem Kopf verschwinden will, macht mich bald wahnsinnig. Ich kann anbaggern wen ich will, ich kann nur daran denken, wie viel hübscher Jungkook ist, wie viel schöner sein Lächeln, wie viel süsser er ist. Ich male mir ständig aus, wie er auf meine Aktionen reagieren würde und wenn ich die Augen schliesse, fühlt es sich an, als wäre er tatsächlich die Person, mit der ich tanze.

Aber das ist er nicht. Vor mir steht irgendein Mädchen, von der ich nicht mal ihren Namen kenne. Eigentlich dürfte ich mich nicht beschweren, ich habe Schluss gemacht. Aber keiner sagte, dass ich das gern gemacht habe.

Verdammt, es sind keine 24 Stunden rum und ich vermisse ihn. Aber trotz meiner Sehnsucht, ist meine Wut und die Enttäuschung nicht verraucht und mein Stolz noch eine Spur zu gross, um zu ihm zu gehen. Er kann sich gerne auch einmal anstrengen. Diesmal war immerhin es sein Fehler.

Aber er tut rein gar nichts. Wenn ich ehrlich bin, habe ich auf eine Nachricht von ihm gewartet. Nicht Hunderte, auch nur eine einzige hätte es getan. Ein einfaches "Entschuldigung", darauf habe ich gewartet. Es ist nur nichts gekommen, den ganzen Tag lang nicht.

Ich weiss nicht, was ich fühlen soll, ihm gegenüber. Er strengt sich nicht das kleinste bisschen an, irgendetwas an der Situation zu ändern. Ist es ihm etwa egal? Bedeute ich ihm tatsächlich nicht einmal genug, damit er sich um mich bemüht? 

"Hey!", reisst mich die weibliche Stimme aus meinen Gedanken. Perplex sehe ich auf die Dunkelhaarige hinab und lege fragend den Kopf schief. "Hast du was gesagt?"

Sie verdreht mit einem kleinen Grinsen die Augen. "Möchtest du noch was trinken?", fragt sie mich und ihre Hände streichen dabei über meinen Oberkörper, bevor sie sie an meinen Schultern ruhen lässt. Ich schürze die Lippen und lasse meine eigenen Hände von ihrer Hüfte zu ihrem Hintern wandern, bevor ich mich zu ihr hinunter lehne. "Klar", grinse ich gerade noch hörbar, durch die laute, hämmernde Musik hindurch.

Sie ist wirklich süss. Vor allem, wenn sie sich darum bemüht nicht allzu sehr wie eine Anfängerin zu wirken, was das feiern angeht - was sie aber vermutlich ist. Es war ein Leichtes sie von der Bar wegzulocken auf die Tanzfläche; ein paar schmeichelnde Worte, ein freches Lächeln und schon war sie bereit, mit einem Wildfremden zu tanzen.

Ich wäre tatsächlich überrascht, wenn das Mädchen hier keine Jungfrau mehr ist - oder wenn sie gar schon einmal geküsst worden ist. Höchste Zeit letzteres herauszufinden.

Ich nähere mich ihrem Gesicht noch ein bisschen mehr, sehe, wie sie ihre Augen überrascht ein wenig weitet, sich nach hinten lehnt und unterdrücke ein Grinsen. Tatsächlich ungeküsst. Was treibt ein Mädchen wie sie in einem Club? 

Bevor etwas weiteres passiert, was ich später vielleicht noch bereuen könnte, packt mich aber jemand am Nacken und reisst mich grob von dem Mädchen weg.

"Du lässt aber auch gar nichts anbrennen, wenn du frustriert bist, hm?", höre ich Hoseoks angepisst Stimme über die Musik hinweg. Ich werfe ihm einen genervten Blick zu, den er genauso genervt erwidert, sage aber nichts, denn er hat wohl oder übel Recht. Er unterbricht unseren Starr-Wettkampf, indem er sich an das Mädchen wendet und kalt sagt: "Er hat einen Freund, verzieh dich."

Sie wirft mir einen erschrockenen Blick zu, wie ich aus dem Augenwinkel erkennen kann, bevor sie sich umdreht und in der Menschenmenge verschwindet.

"Musste das sein?!", fahre ich den Älteren übel gelaunt an, "Verdammt, ich sagte, du sollst auf mich aufpassen, nicht mir jede Person vergraulen!"

"Ich passe auf dich auf, also halt die Klappe und kommt mit! Wir gehen!", ordnet er kalt an. Ich lache auf. Es ist gerade mal Mitternacht und er will schon gehen? "Wer bist du? Mein Vater?!", spotte ich, woraufhin er mir einen wütenden Blick schenkt und faucht: "Nein, dein bester Freund, der nicht länger dabei zusieht, wie du dich in Selbstmitleid badest und sinnlos durch die Stadt vögeln willst. Es ist nicht meine Schuld, dass du und Jungkook Krach habt und ich habe keine Lust darauf, dass du deine vermaledeite Laune an mir auslässt!" Mit diesen Worten wirbelt er herum und schiebt sich zwischen den tanzenden Leuten hindurch, in Richtung Ausgang.

Erst spiele ich mit dem Gedanken, ihn einfach gehen zu lassen. So hätte ich meine Ruhe, und könnte mir endlich jemanden für die Nacht holen. Aber andererseits ist Hoseok mein bester Freund und wenn er erstmal wütend auf mich ist, kann er sehr nachtragend werden.

Überhaupt braucht es einiges, bis er schliesslich wütend auf mich ist.

"Hoseok!", seufze ich darum und beginne, ihm zu folgen, "Hobi, warte doch!"

Er ignoriert mich, packt sich beim Eingang seine Jacke und stürmt nach draussen, in die milde Nachtluft. Als ich ebenfalls in Kontakt mit dieser trete, erschaudere ich durch den plötzlichen Temperatursturz, doch die Frische tut mir und vor allem meinem leicht schmerzenden Kopf gut. "Hobi!", rufe ich und stolpere ihm hinterher.

"Leg doch einfach irgendeine Schlampe flach, lass dich von mir nicht hindern, Taehyung!", kommt es von ihm, ohne, dass er zu mir zurückblickt. Ich habe das Gefühl, meine Beine können mich nicht länger tragen, weswegen ich einfach auf dem harten Asphalt einknicke und auf die Knie falle. "Hoseok, bitte!", flehe ich halblaut, "I-ich weiss nicht, was ich tun soll..."

"Auf jeden Fall nicht deinen Schmerz mit Alkohol und Sex ersticken", kommt es postwendend zurück. Ich sehe unsicher auf, erkenne, dass er sich umgedreht hat und die Arme vor der Brust verschränkt auf mich hinabschaut, mit einer Miene, die pure Kälte ausstrahlt. Ich versuche den plötzlich aufgetauchten Kloss in meinem Hals hinunter zu schlucken, der mir die Luft zum Atmen nimmt, doch scheitere kläglich, genau wie ich es auch nicht schaffe, die nun aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Den ganzen Tag habe ich nicht einmal geweint, aber jetzt, obwohl ich mich auf offener Strasse befinde, kann ich einfach nicht mehr anders.

Beschämt senke ich den Kopf und fahre mir durch die Haare, während meine Tränen auf den Teer unter mir tropfen. "I-ich- Es tut verdammt nochmals weh!", beschwere ich mich heulend und höre, wie der Ältere tatsächlich leise lacht. "Endlich eine normale Reaktion von dir", murmelt er und gleich darauf erklingen Schritte, bevor er sich vor mich hinkniet und meinen Kopf hochdrückt. Verzweifelt und mit tränenden Augen sehe ich ihn an und weiss mir nicht mehr zu helfen, als meine Arme um ihn zu schlingen und mich an ihn zu klammern, als sei er das letzte, was mich am Leben hält. "Ich weiss, sowas tut weh. Aber du bist nicht der Erste und auch nicht der Letzte,  der das erlebt", murmelt mein bester Freund und streicht mir über den Rücken. 

Still vor mich schluchzend vergrabe ich das Gesicht an seiner Schulter. "W-wieso unternimmt er ni-nichts?", wimmere ich, "Bin ich ihm denn g-gar nichts wert? W-wieso tut es mir weh?!"

"Weil bei einem Streit immer zwei schuld sind", murmelt Hoseok, "Weil zwei Liebende sich immer gegenseitig wehtun. Weil Liebe nie nur glücklich macht."

"Liebe ist ein verdammtes Arschloch", schniefe ich trotzig.

"Lüge", lacht Hobi leise, "Liebe ist Relität. Und die Realität schlägt dir in die Fresse, wann immer sie möchte. Denkst du, es tut dir nicht auch weh, wenn du dich trennst? Du liebst ihn doch immer noch, dachtest du, du kannst einfach so tun, als wäre nie etwas gewesen? Träum weiter, Taehyung, so einfach ist das nicht. Es wird weiterhin schmerzen, wie die Hölle, solange du etwas für ihn empfindest - und das wirst du vermutlich noch lange."

Stripper [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt