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"Hey, da will wohl einer mit dir reden", bemerkt Yoongi, während ich konzentriert die Gleichung mustere, aber nicht schlau aus ihr werde. "Hmm", mache ich lediglich und höre gleich darauf ein Räuspern. "Ich brauche meine Aufgaben."

Die Stimme kommt mir sehr bekannt vor. Ich sehe nicht auf, als ich Jungkook genauso kalt antworte, wie er mit mir gesprochen hat: "Hab sie zurück ins Sekretariat gebracht. Du denkst doch nicht, ich schleppe die für dich mit mir rum, oder?"

Kurz herrscht Stille, dann zischt er ein leises: "Arschloch."

Ich lache leise. "Sagt der, der alle vor den Kopf stösst, nicht wahr, Jungkook?"

Diesmal sehe ich von meiner Gleichung auf, spiele mit dem Kugelschreiber in meinen Händen und lege gespielt fragend den Kopf schief. Er bleibt wieder stehen und dreht sich zu mir um. In seinen Augen erkenne ich Schmerz, genauso sehr wie Wut. Er knirscht mit den Zähnen und setzt zu einer Antwort an, doch kaum hat er den Mund offen, schliesst er ihn schon wieder und verdreht die Augen.

"Nein, sag es", fordere ich ihn auf und klopfe mit dem Stift auf mein Mathebuch, "Sag, was wolltest du mir gerade an den Kopf werfen, Jungkook?"

Der Schwarzhaarige ballt die Hände zu Fäusten und schüttelt den Kopf. "Du bist es nicht wert, das zu erfahren", flüstert er. Ich beginne zu grinsen. "Alles was du tun musst, ist dich für dein verdammtes Verhalten zu entschuldigen, ist das so schwer?"

"Ich sagte bereits, ich will deine Freundschaft nicht!", faucht er praktisch, bevor er herumwirbelt und aus der Bibliothek eilt. Yoongi pfeift leise, als Jungkook ausser Sichtweite ist. "Was ist zwischen euch beiden vorgefallen?", fragt er mich neugierig, "Habt ihr eure Rollen getauscht?"

Ich schnaube. "Ich muss mich nicht so von ihm behandeln lassen", erkläre ich ruhig und richte meinen Blick wieder auf die Gleichung vor mir, die ich einfach nicht verstehen kann. "Er hat Angst, verletzt zu werden", bemerkt Yoongi leise, "Das musst du verstehen." 

Ich sehe ihn an. "Ihr habt ihn viel mehr verletzt, als ich. Und wenn er nicht so stur wäre, hätte ich ihn gar nicht erst verletzt!", erwidere ich schnippisch. Yoongi runzelt verwirrt die Stirn. "Was hast du angestellt?", will er mit einem dunklen Unterton in der Stimme wissen und nimmt mir das Mathebuch weg, damit ich mich auf ihn konzentriere. Der Ältere klappt das Buch zu, stellt es auf und stützt sein Kinn darauf ab, während seine dunkle Strähnen ihm ins Gesicht fallen und er seine Fakebrille richtet. 

"Ich bin wütend geworden", erkläre ich knapp und will mir mein Eigentum schnappen, doch der Schwarzhaarige ist schneller und zieht das Buch vom Tisch. "Inwiefern wütend?", bohrt er weiter. Seufzend lasse ich meinen Kopf auf den Tisch fallen. "Ich hab ihn angeschnauzt?", murmle ich, "Und ihm gesagt, dass er erbärmlich ist..."

"Aish, du Trottel!" Ich komme nicht dazu, aufzuschauen, da schiesst bereits ein fieser Schmerz durch meinen Kopf, da Yoongi mir mit meinem Mathebuch kräftig eins übergezogen hat. "Sag mal, spinnst du?!", fahre ich ihn wütend an und reibe mir meinen Hinterkopf. 

"Nein, du spinnst!", zischt der Ältere, "Du weisst ja nicht, was du mit dem Typen vermutlich angerichtet hast, du Dummkopf!"

Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen hoch. "Vermutlich war ich sogar noch netter, als ihr all die Jahre lang!"

"Wetten, wenn ich ihn frage, was schlimmer war, ob wir oder du, dann wird er dich nehmen?", erwidert er und steht auf, "Willst du wissen wieso? Ich sag es dir: Du bist die erste Person hier, die sich auch nur Ansatzweise um ihn gekümmert hat. Die erste Person, die nicht locker liess und für ihn da sein wollte. Selbst wenn er sich mit aller Kraft gewehrt hat, musste er einsehen, dass du ihm helfen wolltest. Deine Worte haben also mit Sicherheit tausendmal mehr geschmerzt als jeder Schlag, jede Beleidigung oder sonstige Aktion von uns!"

Damit packt er seinen Rucksack, wirft das Buch von mir achtlos zurück auf den Tisch und geht. "Hey, wo willst du jetzt hin?!", frage ich verwirrt und erhebe mich ebenfalls. Yoongi dreht sich nicht zu mir um, als er antwortet: "Das gerade biegen, was du verbockt hast!"

Hastig schnappe ich mir meinen Rucksack und das Mathebuch, bevor ich ihm hinterher renne. Ich lasse andere nicht das wieder gut machen, was ich angerichtet habe. "Warte!", meine ich, jedoch wirbelt Yoongi herum und schiebt mich zurück zu den Tischen. "Du bleibst hier und löst schön deine Aufgaben und wenn du fertig bist, darfst du dich vielleicht mit uns mitunterhalten! Vorher tauchst du gar nicht auf! Denkt nicht einmal daran!"

Mit diesen Worten lässt er mich stehen und verlässt die Bibliothek.

Stripper [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt