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Jungkook

Ich klingle und warte darauf, dass jemand öffnet. Taehyungs warmen Atmen kann ich in meinem Nacken spüren, da er darauf bestanden hat, zu warten, bis jemand mich hereinlässt und nun direkt hinter mir steht. Zugegeben macht mich das nervös, dass er hinter mir und dann auch noch so nahe steht.

Ich warte jederzeit darauf, dass irgendein Schlag kommt, eine Beleidigung, einfach etwas verletzendes. Das bin ich mir nun mal gewohnt, deswegen bin ich auch so nervös, weil er einfach nichts tut. Er steht hinter mir und wartet gemeinsam mit mir darauf, dass mein Vater oder Jinyun aufmachen. Letzter öffnet dann tatsächlich die Tür und sieht neugierig zu uns hinauf.

"Hi, Jin", lächle ich leicht und hebe die Hand. Das Gesicht meines kleinen Bruders erhellt sich. "Kookie!", ruft er strahlend und öffnet die Tür gänzlich, damit ich eintreten kann. Hinter ihm kommt auch schon mein Vater und bleibt hinter Jinyun stehen.

"Da bist du ja", begrüsst er mich mit einem Lächeln, "Ich habe mir bereits Sorgen gemacht."

"Tut mir leid, Es kommt nicht wieder vor Dad", entschuldige ich mich. Er nickt nur und sein Blick fällt wohl auf Taehyung, denn sein Lächeln wird eine Spur verschmitzt. "Taehyung, oder?", errät er und der Rothaarige hinter mir muss wohl nicken, denn sein Lächeln verwandelt sich in ein Grinsen. Ich verdrehe innerlich die Augen. Das kann ja wieder etwas werden.

"Möchtest du mit reinkommen? Du bist ja mittlerweile des Öfteren hier", bietet Dad an und ich unterdrücke ein Zischen. Da ist er wieder, der Vater, der denkt, sein siebzehnjähriger Sohn braucht dringend einen Freund, weil er sonst zu unschuldig bleibt.

Wenn er nur wüsste, dass ich jeden Abend fast nackt auf einer Bühne tanze, würde ihm wohl die Spucke wegbleiben. Bei dem Gedanken, an das entsetzte Gesichts meines Dads, falls ich ihm das jemals erzähle, muss ich leise kichern, woraufhin mich alle verwirrt ansehen.

Ich räuspere mich daher hastig und lehne für Taehyung ab, bevor der überhaupt den Mund öffnen kann: "Nein, er hat ganz bestimmt genug von meiner Anwesenheit."

"Nicht doch", lächelt der Rothaarige und platziert eine Hand auf meiner Schulter, bevor er mich zu sich umdreht und mir in die Augen schaut, "Wie könnte ich deine Anwesenheit jemals Leid sein, Jungkook? Es ist mir immer wieder eine Freude, Zeit mit dir zu verbringen."

Ich schlucke leer und ordne meine Gedanken, bevor ich einen kleinen Schritt zurück mache und unsicher lächle und mich dabei am Hinterkopf kratze. "Äh... d-das freut mich... Aber, du hast doch sicher noch zutun, oder? Die Schule, bestimmt oder?", frage ich und lache dabei verunsichert, während ich ihn mit Blicken praktisch anflehe, dass er darauf eingehen möge.

Taehyungs Lippen umspielt ein amüsiertes Schmunzeln und er nickt bestätigend, weswegen ich erleichtert aufseufze. "Oh ja", stimmt er mir zu, "Das Kunstprojekt, das muss ich noch fertigstellen", lügt er ohne mit der Wimper zuzucken, während ich heftig nicke. 

"Ja, das muss schliesslich gut werden!", grinse ich und drehe mich wieder zu meiner Familie um, die uns skeptisch mustert. Selbst Jinyun scheint das Ganze nicht so wirklich abzukaufen.

"Was für ein Kunstprojekt denn?", fragt Dad neugierig. Er ist sehr vielseitig und mag Kunst. Er ist vor einigen Jahren extra nach Paris gereist, um sich im Louvre die Mona Lisa anzusehen. Ich kann mich nicht so wirklich für Kunst begeistern. Natürlich hat es einige schöne Werke und mir sind auch ein paar Namen von Künstlern bekannt, aber ich bin mehr wie meine Mutter geworden: Zierlich, klein und musikalisch.

Was mein Vater über Kunst weiss, weiss ich über Musik.

"Wir sollen uns eine Muse suchen", lügt Taehyung weiter und schenkt ihm ein breites Lächeln. Ich nicke, diesmal jedoch mehr verunsichert und spiele mit dem Gedanken, einfach ins Apartment zu stürmen und dem Rothaarigen die Tür vor der Nase zuzuschlagen, damit das hier nicht noch schlimmer wird. Allerdings lasse ich es, ich wurde immerhin gut erzogen.

Selbst wenn ich jetzt Stripper bin.

Das bin ich nämlich auch nur, weil ich gut erzogen wurde und daher meiner Familie helfen möchte.

"Hast du bereits eine?", fragt mein Vater, während Jinyun dazwischen plärrt: "Was ist eine Muse?"

Taehyung lächelt den Braunhaarigen an und meint erklärend: "Eine Person, meist eine Frau, die einen Künstler dazu bringt, etwas zu malen", dann wendet er sich an meinen Vater, "Na ja, ich glaube schon. Aber das muss ich erst genauer überprüfen."

"Darf man erfahren, wer das ist?"

Dad, ich liebe dich, aber kannst du nicht einmal deine Fragen einstellen?!

"Er steht vor mir", erwidert Taehyung schlicht und erst nehme ich es so hin, bis ich realisiere, was er gerade gesagt hat. Ich weite die Augen und schlucke erneut leer, bevor ich Jinyun in die Wohnung schiebe und dabei sage: "So das reicht, wir haben Taehyung bereits genug lange aufgehalten!"

Jinyun winkt dem Rothaarigen fröhlich, bevor der Zehnjährige sich auf ins Wohnzimmer macht. Dad dagegen bleibt bei der Tür stehen und ich greife nach deren Klinke. "Danke fürs Herbringen, Taehyung", meine ich mit roten Wangen und lächle schief, "Wir... äh... wir sehen uns, schätze ich?"

Der Andere lächelt belustigt, tritt auf mich zu und schliesst mich in eine kurze Umarmung. "Bis dann, Jungkook", haucht er in mein Ohr und ich halte die Luft an, bevor er mich loslässt und sich auch von meinem Vater verabschiedet. Kaum hat er das getan, dreht er sich um und ich schliesse endlich die Tür, bevor ich mich seufzend mit dem Rücken dagegen lehne.

"Ein sehr charmanter, junger Mann", bemerkt mein Vater grinsend und schiebt seinen Rollstuhl etwas zurück. Ich verdrehe die Augen. "Auch ziemlich bestimmend", murmle ich leise. Mein Vater lacht leise. "Das glaube ich dir. Aber ich denke, es tut dir gut, wenn jemand die Kontrolle übernimmt, nicht wahr?"

"Dad, was willst du mir damit sagen?", forsche ich misstrauisch nach. Mein Vater lacht nur und dreht sich, bevor er Jinyun nachfährt. "Ich würde ihn ja mal auf ein Eis einladen, wenn ich an deiner Stelle wäre, Kook!"

"Dad, hör auf zu versuchen, mich zu verkuppeln!"

"Aber er würde zu dir passen, das musst du zugegeben!", dringt seine Stimme aus dem Wohnzimmer. Sein fettes Grinsen dazu kann ich mir gut vorstellen. Er liebt es einfach, mich zu ärgern und seine Freude hat er durch den Rollstuhl ebenfalls nie verloren.

Ich verdrehe die Augen. "Mann, Dad!"

Stripper [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt