13. Kapitel

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Zen nickte.

,,Dann also Leah." Er zeigte auf mich. ,,Und wie bist du zu diesen Prachtexemplaren gekommen?"

Er meinte wohl meine Verletzungen. Ich war mir noch nicht sicher, wie viel ich ihm vorerst erzählen wollte. Also überging ich die Frage einfach.

,,Wo sind wir hier? Wie weit weg ist das Schloss von Samuel?"

Er hatte zwar erzählt, dass die Wachen hier in der Nähe schon gewesen waren, also war es wohl nicht so weit weg, jedoch wäre mir eine klare Antwort lieber.

Der Mönch zog eine Augenbraue hoch. Es gefiel ihm wohl nicht, wenn man seine Fragen einfach so überging.

,,Immernoch in der Nähe vom dem Schloss von Großherzog Samuel. Allerdings in einem sicherem Abstand..."

Der Inhalt des Gesagten machte mir  Angst. Wir waren also immernoch in der Nähe. Und was verstand er unter sicherem Abstand? Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich war immernoch in Gefahr. Sie könnten mich jederzeit finden.

,,Kommen seine Leute oft hierher?"

Zum Glück schüttelte Zen den Kopf.

,,Sie lassen mich größten Teils in Ruhe. Ich glaube viele wissen gar nicht das ich hier als Einsiedler lebe..."

Ein Einsiedler also. Gut zu wissen.

Ich wollte aufstehen, um mir die Höhle genauer anzugucken, vielleicht auch nach einem Fluchtweg zu suchen, aber mir wurde schwindelig und ich musste mich wieder setzten.

,,Deine Wunden sind noch nicht verheilt. Du wirst noch etwas warten müssen. Solange kannst du hier bleiben. Wenn du möchtest...", bot der Mönch mir an.

,,Woher weiß ich, ob ich dir vertrauen kann?", fragte ich skeptisch.

Zen schaute mich nachdenklich an. Dann sagte er leise:

,,Das weißt du nicht. Das weißt du bei niemandem. Vertrauen kommt nicht einfach so, kiimo alea. Man muss es sich erarbeiten und erkämpfen. Und es ist so zart und zerbrechlich wie ein Schmetterling."

Ich nickte zögernd. Ein Feind würde mich doch nicht indirekt davor warnen Fremden zu vertrauen oder?

,,Warum hast du mir geholfen?", lenkte ich zu einem anderen Thema.

,,Das ist eine gute Frage. Du lagst vor der Gebetshöhle. Ich konnte dich dort nicht einfach so liegen lassen. Du hat geblutet und warst verletzt. Niemand wäre einfach vorbei gegangen, der noch etwas Herz in sich hat."

,,Aber ich hätte doch auch eine kaltblütige Mörderin sein können... " , ich war immernoch skeptisch.

Seit langer Zeit hatte ich niemandem mehr kennengelernt, der gute Taten aus reiner Güte vollbrachte. Alles Gesagte und jede Tat hatte einen Sinn. Dieser Mann kannte mich nicht mal und versorgte meine Wunden, hatte mich aufgenommen.

,,Du hättest eine sein können. Aber wäre es so gewesen, wüsste ich mich zu wehren...", sagte Zen sanft.

Ich nickte stumm. Das er sich zu wehren wüsste, bezweifelte ich zwar ein wenig, aber nun gut.

Nah ein paar Tagen ging es mir schon wieder deutlich besser. Zwar waren noch nicht alles Wunden komplett verheilt, aber es hatte sich Schorf gebildet und die Heilung hatte eingesetzt.

Irgendwie hatte ich das Gefühl schneller zu heilen als andere Menschen. Aber als ich Zen darauf ansprach, zuckte er nur mit den Schultern und begründete meine schnelle Genesung, mit einem Augenzwinkern, wegen seiner guten Pflege.

Endlich konnte wieder aufstehen und herumlaufen. Das ständige Liegen war langweilig und nervenzerend. Zen war gerade in der Gebetshöhle verschwunden und so konnte ich mich in Ruhe umschauen. Morgens, mittags und abends verschwand er immer für ungefähr zwei Stunden in der Gebetshöhle.

In den vergangen Tagen war der Mönch immer höflich zu mir gewesen, hatte meine Wunden fachmännisch versorgt und kurze Gespräche mit mir geführt. Ich wusste noch nicht so recht, ob ich ihn trauen konnte, aber ich hatte da so ein Gefühl... Außerdem hätte er schon öfters die Möglichkeit gehabt mich im Schlaf umzubringen und warum sollte er mich dann auch pflegen?

Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen und schaute mich aufmerksam um. Hinten in der Höhle, dem Teil den ich schon kannte, befand sich meine Schlafmatte. Zen selbst schlief wo anders, ich wusste jedoch nicht, wo genau in der Höhle. Neben meinem Lager stand eine kleine Kiste mit Kleidung für mich. Zen hatte sie von irgendwo her besorgt, aber als ich gefragt hatte, hat  er mich nur angelächelt und mit  seinen alltäglichen Arbeiten weitergemacht.

Die Kleidung bestand aus einer lockeren Baumwollhose, einem Leinenhemd, warmen, mit fellgefütterten Lederstiefeln, leichten Sommerstiefeln, Beinkleidern aus festem Leder, einem Gürtel mit vielen Schnallen und Öffnungen dran, einer Weste, einem langen, warmen Mantel, einem Wams, einem grün-braunem Umhang mit Kapuze, Handschuhen für den Winter, weiblichem Zeug,   einem schlichten Baumwollkleid und einem wunderschönen dunkelblauen Seidenkleid. Es passte gar nicht zu den anderen Dingen die dort waren.

Obwohl ich mich auch wunderte, warum ich Männerkleidung tragen sollte. Nur dieses wunderschöne Kleid und das Leinenkleid zeugten von einer Frau. Alles andere war Männerkleidung, aber nicht ganz so, wie ich sie kannte. Bei dem Wams zum Beispiel sah es aus, als ob er für eine Frau gemacht wurde. Doch das war einfach nur unmöglich. Ich klappte die Truhe wieder zu und ging weiter.

Die Höhle führte gangartig weiter und am Ende konnte ich Licht sehen. Dorthin wollte ich.

Dort angekommen, breitete sich ein großer Wald vor meinen Augen aus. So wie ich ihn schon vor ein paar Tagen aus dem Spalt in der Wand neben meinem Bett gesehen hatte.

Damals hatte ich gedacht es wäre ein Eingang, aber es war eine Luftzufuhr und Lichtspender für den hinteren Teil der Höhle.

Nun stand ich vor dem richtigen, versteckten Eingang der Höhle und genoss die frische Luft und die Sonnenstrahlen auf der Haut.

Wie ich schon vermutet hatte war ich in einem anderen Teil des Waldes, jedoch immernoch relativ in der Nähe des Schlosses.

Ich ging wieder hinein und erforschte weiter die Höhle. Dann enddeckte ich einen etwas versteckten, weiteren Gang. Neugierig folgte ich ihm und kam in eine weitere etwas geräumiger Höhle.

Mir blieb der Atem weg. Die ganzen Wände waren voller Waffen. Es ähnelte der Waffenkammer von Samuel. Warum hatte Zen wohl ein so großes Waffenarsensal bei sich? Doch als Einsiedler musste man sich wohl manchmal auch verteidigen, überlegte ich. Und hätte er etwas Böses gewollt, würden die Waffen auch viel versteckter sein. Das würde auch erklären, warum er behauptet hat er hätte sich zu wehren gewusst, wäre ich eine Mörderin gewesen.

Neugierig ging ich zu den Bögen. Von diesen gab es besonders viele. Alle waren unterschiedlich. Vorsichtig nahm ich einen etwas kleineren in die Hand und wog sein Gewicht. Ziemlich schwer.

Ich wusste nicht genau was mich trieb, jedoch schaute ich mich nach einem Köcher oder Pfeilen um. Und fand sie auch.

Anschließend ging ich wieder nach draußen. Eine große Tanne bot ein gutes Ziel. Ich nahm einen der Pfeile und legte die übrig Gebliebenen ab.

Von Übermut getrieben, legte ich an und schoss. Der Pfeil stieg kurz in die Luft und kam dann zehn Meter neben dem eigentlichen Ziel wieder herunter.

Ich lachte. Ich legte erneut an und zielte diesmal. Der Pfeil stieg wieder in die Luft, flog aber viel zu kurz. Diesmal runzelte ich unzufrieden die Stirn.

Dann wollte ich schon wieder erneut anlegen, doch Schritte hinter mir hielten mich davon ab.

Ich erstarrte.

War das jemand von Samuels Männern?

Dann ertönte eine harsche Stimme.

,,Was genau versuchst du da?"

Der Segen der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt