26. Kapitel

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Nach nicht allzu langer Zeit machte ich auf einer Lichtung halt. Ich wollte nicht zu weit weg vom Haus sein, damit ich den Weg zurück noch fand. Auf der Lichtung standen drei große Findlinge nebeneinander. Langsam ging ich auf sie zu und band Shadow an einen Baum daneben. Dann begann ich auf den höchstens der drei Steine zu klettern. Oben angekommen setzte ich mich in eine Mulde und ruhte mich etwas aus. Der Stein war noch von der heißen Mittagssonne gewärmt, obwohl sie jetzt schon fast am Untergehen war. Das immer röter werdende Licht schien mir immer noch angenehm warm ins Gesicht. Ich schloss die Augen.

Nach ungefähr einer Stunde war die Sonne vollständig am Horizont verschwunden und ich überlegte, ob ich wieder heimkehren sollte. Shadow graste friedlich unter mir am Findlingsfuß. Die Zeit über hatte ich einfach an nichts gedacht. Die Ereignisse der letzten Wochen hatten sich einfach so schnell überschlagen, dass ich keine Zeit für mich gehabt hatte. Keine ruhige Minute war mir vergönnt gewesen. Einfach mal so in der Natur zu sein tat mir gut. Sie hatte etwas Beruhigendes und Tröstendes an sich. Und sie erinnerte mich an Zen. Sehnsüchtig berührte ich den Ring an meiner Kette. Wie es ihm wohl ging? Ebenso wie Timus und Manfred? Ich war in meinen drei Jahren Ausbildung bei Zen zu dem Schluss gekommen, dass sie die beide entweder umgebracht, oder noch am Leben gehalten hatten, um sie über meine Fluchtpläne auszuquetschen. Jedoch konnte ich mir natürlich nicht sicher sein.

Plötzlich hörte ein mir allzu bekanntes Geräusch. Schritte. Viele Schritte. Von mehreren Leuten. Ungefähr sechzehn Stück. Ich erstarrte. Woher kamen sie? Leise glitt ich von meinem Findling herunter und führte Shadow hinter die Steinansammlung, damit er vor Blicken geschützt war. Anschließend kletterte ich wieder auf den großen Stein und bezog halb hinter dem anderen Stein Stellung. Falls es feindlich Gesinnte sein sollten, wollte ich die Ersten ersteinmal aus der Ferne erledigen. Ich hoffte einfach, dass sie keinen Bogenschützen dabei hatten, denn dann wäre ich hier oben ein gutes Ziel. Doch es blieb mir bei so vielen Leuten nichts anderes übrig, als zu versuchen die Ersten aus der Ferne auszuschalten. Also zog ich meinen Bogen und legte zwei Pfeile gleichzeitig schussbereit auf die Sehne. Vorher überprüfte ich noch einmal meine anderen Waffen. Sie saßen einwandfrei, bereit zum Einsatz.

Es konnte niemand anderes sein, als eine von Samuels Truppen. Das nächste Dorf war zu weit weg und was hätten die Bewohner hier auch gewollt? Sie hatten mich also wiedereinmal gefunden. Und diesmal war ich ganz allein. Und es waren doppelt so viele wie beim Letzten Mal. Kurz überlegte ich einfach auf Shadow zu steigen und zu fliehen. Ich hatte keine großen Chancen alleine gegen sechzehn Mann. Aber jetzt war es zu spät. Die Gruppe war schon zu nah. Würde ich jetzt weg reiten, würden sie es hören und könnten zu leicht meine Spuren verfolgen. Und dann würde ich auch die Jungs in Gefahr bringen. Also blieb mir nichts anderes übrig.

Ich holte noch einmal tief Luft, bevor der Erste der Männer, mit Samuels Wappen auf den Schilden und Rüstungen, durchs Gebüsch drang.

Bevor sie sich versahen, hatte ich schon meine ersten beiden Pfeile auf den Weg geschickt und direkt eine neue Doppelladung angelegt. Die ersten vier Männer fielen stumm mit Pfeilen in ihren Kehlen. Zwei weitere, die in ihrer Verwirrung vergaßen ihre Köpfe und Herzen zu schützen. Doch ihre Nachfolger, die ihre Waffenbrüder fallen sahen, lernten aus deren Fehlern und kamen geduckt und mit Schilden geschützt aus dem Gebüsch auf die Lichtung. Jedoch hatten sie immer noch nicht herausgefunden, woher der Pfeilregen überhaupt kam. Ein Glück für mich, denn es konnten drei weitere, etwas Unvorsichtigere, durch weitere Pfeile in die Augen und Herzen fallen. Es waren nur noch sieben übrig. Diese jedoch waren besonnener und deckten ihre Körper gut. Außerdem hatte einer von ihnen mich entdeckt und gab den anderen Anweisungen. Das war also ihr Hauptmann. Irgendwie kam er mir bekannt vor, jedoch waren ihre Gesichter durch die Schilde verdeckt, sodass ich nicht sagen konnte, wer es war. Wie ich es befürchtet hatte, hatten sie sogar mehrere Bogenschützen dabei. Nun flogen Pfeile auf mich zu, und ich musste mich auf den Stein pressen, um nicht getroffen zu werden. Ich sah ein, dass ich hier oben nur noch eine gute Zielscheibe abgab und ließ den Bogen auf Shadows Seite des Steins vorsichtig zu Boden fallen. Als ich mich wieder umdrehte und auf dem Bauch an den Rand robbte, zischte einer der Pfeile haarscharf an meinem Ohr vorbei. Ich wartete noch einen kurzen Moment, dann sprang ich mit voller Kraft nach unten und rollte mich geschickt ab.

Der Segen der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt