Grob wurde ich zu Samuels Gemächern geschleppt. Drake ging wortlos hinter den Wachen und mir her. Sie klopften, dann traten wir ein.
Samuel saß an seinem Schreibtisch und drehte sich um als wir eintraten.
,,Habt ihr sie also gefunden, ja?", stichelte er, gemeint waren die Wachen.
Diese nickten nur.
,,Du schon wieder. Hat die Folter nichts genützt?", säuselte er zu mir gewandt.
Ich sagte nichts. Samuel kniff die Augen zusammen. Dann wandte er sich an Drake.
,,Du hast das wirklich gut gemacht, Drake. Ich war mir nicht ganz sicher, ob man dir vollständig vertrauen kann, aber das hast du ja jetzt bewiesen. Du hast der Verlockung standgehalten. Sehr gut.", lobte er ihn.
Drakes Gesicht war wie eine Maske. Keine Emotionen spiegelte sich darin. Nur ich konnte in ihm lesen wie in einem Buch. Er litt.
,,Aber. Du weißt das deine kleine Freundin bestraft werden muss, oder? Du verstehst das doch, stimmt's?", fragte Samuel weiter.
Drake nickte kurz.
,,Gut."
Ein Lächeln breitete sich auf seinem eingefallenem Gesicht aus. Ein Schauer lief mir über den Rücken.
,,Doch da Folter bei ihr nichts gebracht hat, müssen andere Methoden ran. Du verstehst das sicherlich, nicht wahr?"
Samuel redete mit ihm, als wäre er ein kleines Kind und schwer von Begriff. Ich kochte vor Wut. Und doch machte mich das Gesagte misstrauisch. Was hatte er vor?
,,Ich werde zu deinem Schutz die Verbindung auch nocheinmal erneuern. Dann bist du stärker. Dann macht dir das nichts mehr aus.", beschloss mein Stiefonkel.
Ich verstand nicht, was er meinte. Doch was als nächstes geschah, verdeutlichte es mir nur allzu gut. Und es raubte mir den Atem.
Samuel murmelte Beschwörungsformeln und legte seine Hand auf Drakes Brust. Das zuvor von mir zerschnittene Zeichen erneuerte sich und glühte nun rot. Ich keuchte. Jetzt war Drake wieder gebannt. Und zwar stärker als zuvor. Wozu?
Plötzlich sah ich, dass sich Drakes Shirt rot verfärbte. Mein Blick zuckte zu den Wachen. Dann zu Samuel. Er war ganz und gar auf Drake fixiert. Ich kannte diesen Blick. Er wendete Blutmagie an. Böse Blutmagie.
Er folterte Drake.
Ich schrie. Das durfte er nicht. Ich wollte mich auf meinen Onkel stürzen, doch da waren die Wachen an Ort und Stelle. Ich strampelte und trat um mich. Ich biss und kniff und schrie. Doch nichts half. Diesmal nicht.
Samuel folterte Drake vor meinen Augen. Ich konnte den Schmerz in seinen grünen Augen lesen. Auch wenn er jetzt wieder unter dem Bann stand.
Irgendwann gab ich es auf, mich gegen die Wachen zu wehren. Fassungslos starrte ich auf das blutgetränkte Oberteil. Die Farbe konnte man schon nicht mehr erkennen. Seine Augen waren stumpf vor Schmerz. Er zitterte und konnte sich kaum aufrecht halten. Sein Blick ging ins Leere. Doch nicht ein Ton war über seine Lippen gekommen.
Heiße Tränen liefen mir übers Gesicht. Wenn sie mich folterten, war es schlimm. Aber wenn sie Drake folterten, war es unerträglich für mich. Ich sank auf meine Knie. Kraftlos raufte ich mir die Haare.
Ich konnte nichts tun. Nur zusehen. Und mit ihm leiden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte Samuel nicht mehr. Seine Augen lagen in tiefen Höhlen, von dunklen Schatten gerändert. Feine Äderchen zeichneten sein ganzes Gesicht. Schweiß lief ihm über die Wangen.
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Der Segen der Zeit
Fantasy{Abgeschlossen} ~ [wird überarbeitet] Leah ist eine Gesegnete. Und somit hat sie etwas, was ihr gefürchteter Stiefonkel Samuel unbedingt haben will. Doch sie flieht und geht bei Zen, einem Mönch des Kampfes, in die Lehre. Aber ihr Onkel spürt sie e...