Langsam wurde es Nacht. Wir drei hatten immer wieder die Pferde gewechselt und waren gut vorangekommen. Doch viel geredet hatten wir nicht. Ich war zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, als dass ich mich noch auf irgendetwas anderes hätte konzentrieren können.
Wir suchten uns einen geeigneten Platz zum Schlafen und verbrachten auch die Nacht ohne nennenswerte Vorfälle.
Am nächsten Morgen ritten wir nach dem gleichen Schema weiter. Ich merkte, dass Tarek sich gerne mit mir unterhalten hätte. Aber ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich war nicht auf den Mund gefallen, jedoch kannte ich diese beiden jungen Männer fast gar nicht und nun sollte ich anscheinend für eine Zeit bei ihnen leben. Ich war einfach noch zu verwirrt über den Verlauf der Dinge, als dass ich jetzt ein belangloses Gespräch hätte führen können. Also schwiegen wir. Nur die Jungs unterhielten sich ab und zu miteinander. Drake jedoch war wohl immer noch schlecht gelaunt darüber, dass er mich nun wirklich am Hals hatte.
Am Ende des dritten Tages kamen wir zu einer Straße. Ich hatte solche Wege schon so lange nicht mehr gesehen, dass ich erstmal nur starren konnte. Drake bemerkte es natürlich und lachte mich aus. Dafür kassierte er einen eisigen Blick von mir. Tarek musste grinsen.
Wir folgten der einsamen Straße und kamen zu einem großen Anwesen. Es wirkte wie ein Herrenhaus. Nicht so groß und unüberschaubar wie Samuels Burg, aber schon ganz ansehnlich. In der Dämmerung war es nicht sehr gut zu erkennen, aber ich meinte ein langestrecktes Nebengebäude zur Linken zu sehen, ein großes, mit grünen Ranken bewachsenes Herrenhaus in der Mitte und ein riesigen Garten zu Rechten und davor. Durch dieses Garten ritten wir nun zu dem schlanken Nebengebäude. Es stellte sich als ein Stall heraus. Ich half den Jungs die Pferde abzureiben und zu verpflegen. Dann nahm ich mein Gepäck und folgte ihnen wieder zurück zum Hauptgebäude.
Gemeinsam traten wir durch den Eingang und befanden und in einer kleinen geschmackvoll eingerichteten Eingangshalle wieder. Eine gewundene Treppe führte in das obere Stockwerk. Drake ging sofort nach links durch eine Tür. Dahinter konnte ich eine Küche ausmachen. Ich erinnerte mich an Früher. Auch wir hatten dort silberne Schränke gehabt.
Drake kam mit einem Brot in der Hand wieder heraus und ging die Treppe herauf. Sein Bruder und ich folgten ihm. Oben angekommen ging Drake in die eine Tür und machte sie hinter sich zu, ohne noch einen Kommentar abzugeben.
Einige Sekunden später hörte man das Wasser rauschen. Ich musste kurz nachdenken. Doch dann kam ich darauf: Es gab ja mobiles Wasser heutzutage! Man musste nicht nach draußen zu einem Fluss oder See. Man stellte sich einfach in einen Glasraum unter ein silbernes Ding und es kam Wasser heraus. Ich musste unwillkürlich lächeln. Die Reise war wirklich anstrengend und kräftezährend gewesen. Ich konnte verstehen, dass man sich erstmal säubern wollte. Tarek lächelte ebenfalls und bedeutete mir ihm zu folgen. Er führte mich in die rechte Tür neben Drakes Zinmer.
,,Dies ist von nun an dein Zimmer. Eigentlich ist es ein Gästezimmer, aber wir haben noch mehr und ich dachte, dass wir doch alle gerne auf einem Flur sein wollen, oder? Ich bin direkt auf der anderen Seite von Drake. Du kannst ja auch erstmal duschen und deine Sachen ordnen. Falls du Hunger hast, unten, wenn du reinkommst links, ist die Küche. Dort wo mein lieber Bruder sich auch schon etwas geholt hat. Ich werde mich auch erstmal erfrischen und dann unten sein. Falls du etwas brauchst, komm einfach runter. Du kannst dich gerne überall ungucken, aber eine Hausführung gibt es erst morgen, in Ordnung? Falls wir uns nicht mehr heute sehen, schlaf gut. Ich hoffe du lebst dich gut ein. Wir können ja morgen nochmal reden. Jetzt aber ruh dich am Besten aus.", beendete Tarek seinen Redeschwall und lächelte mich erneut an.
Ich lächelte zurück und bedankte mich. Er nickte und verließ den Raum. Erschöpft ging ich auf die zweite Tür im Raum zu und öffnete sie. Ich hatte Recht gehabt. Dort war wieder der Glaskasten mit dem silbernen Ding oben drüber. Und Tarek hatte es auch gerade benannt: Dusche. Jetzt fiel es mir auch wieder ein. Schnell zog ich mich aus und ging unter diese Dusche. Es brauchte eine Weile, bis ich den Mechanismus, wie man sie bediente, raushatte. Aber ich war zu müde, um mich über all diese neumodischen, nur noch schwach in meinem Hinterkopf verankerten, Dinge zu wundern.
Nachdem ich wieder sauber war, ging ich zurück in den Schlafraum und fand frische Kleidung auf meinem Bett. Sie war weich und schlabberig. Auch daran konnte ich mich erinnern. Man nannte es Schlafanzug und zog es, wie der Name sagte, zum Schlafen an, statt nackt oder in seiner normalen Kleidung zu schlafen.
Ich zog ihn an und legte meine beiden Dolche sorgfältig unter mein Kopfkissen. Das Federbett war so unglaublich weich! Solange hatte ich auf dem Boden oder harten Strohmatratzen geschlafen. An dieses Bett kam nur annähernd das Himmelbett von Samuel dran. Doch auch Dieses wurde meilenweit von dem hier abgeschlagen. Ich seufzte genüsslich.
Bevor ich einschlief, ließ ich meinen Blick nocheinmal durch den ganzen Raum schweifen. Es gab noch eine dritte Tür im Raum, die aus Glas war, gegenüber von der Zimemrtür und links von meinem Bett. Doch die würde ich mir morgen ansehen.
Wenn Gefahr lauerte, würde ich aufwachen. Mein Gehör war darauf trainiert, auch im Schlaf Geräusche wahrzunehmen.
Ebenfalls links von meinem Bett war, angrenzend an die Glastür, eine Fensterreihe und darunter eine breite Fensterbank mit einem Fell darauf und drei bunten Kissen. Die Wände waren in einem Cremeton gestrichen und es hing, schräg links gegenüber von dem Bett, an einer kurzen senkrechtschrägen Wand, über einer weißen filigranen Komode, ein großer Spiegel. Rechts daneben an der Badezimmertürwand stand ein Regal mit vielen Büchern darin. Auch das Bett war weiß, mit dunkelblauem und -rotem Bettbezug und es hatte ein geschwungenes Kopfteil. Rechts daneben stand ein kleines Nachtschränkchen und wiederum daneben, stand ein Schreibtisch mit leerem Papier und einer grünen Pflanze darauf, und einem Stuhl davor. Wieder daneben, an der Zimemrtürwand und fast direkt neben der Tür, stand ein weiteres Regal mit noch mehr Büchern. Auf der anderen Seite der Tür stand ein sehr großer, dreigeteilter Kleiderschrank. Ein runder cremefarbener Teppich bedeckte den Boden.
Erschöpft ahmte ich Tarek nach, indem ich einen Schalter betätigte und somit das Licht ausknipste. Müde sank ich in die Kissen und unter die weiche Decke.
Ich wusste immernoch nicht sicher, ob ich den Jungs vertrauen konnte.
Doch das würde ich wohl in den nächsten Tagen herausfinden...
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Der Segen der Zeit
Fantasy{Abgeschlossen} ~ [wird überarbeitet] Leah ist eine Gesegnete. Und somit hat sie etwas, was ihr gefürchteter Stiefonkel Samuel unbedingt haben will. Doch sie flieht und geht bei Zen, einem Mönch des Kampfes, in die Lehre. Aber ihr Onkel spürt sie e...