28. Kapitel

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Inzwischen war es schon sehr dunkel. Aber Drake kannte sich hier ja bestens aus und ich vertraute darauf, dass er den Weg fand. So ritt ich einfach hinter ihm und Vinlah her.

Er hatte nicht angesprochen, dass ich auf Shadow ritt, wofür ich ihm sehr dankbar war. Denn jetzt im Nachhinein kam mir die Aktion sehr kindisch vor. Aber es hatte auch einen Vorteil. Ich hatte bewiesen, dass der Hengst reitbar war und nun einen neuen Freund dazugewonnen. Ich spürte, dass ich und das Tier eine besondere Verbindung hatten.

Irgendwann waren wir wieder bei dem Herrenhaus angekommen. Die Wunde an meinem Schenkel war schon halbwegs verheilt und so konnte ich absteigen, ohne dass sie wieder aufriss. Wir versorgten die Pferde und gingen dann schweigend nebeneinander zum Haus.

Als wir in der Küche ankamen, war der General immer noch da. Insgeheim hatte ich gehofft, dass er schon wieder gegangen wäre, damit ich nicht auch noch einer fast fremden Person meine Geschichte erzählen musste. Aber die Jungs vertrauten ihm. Also musste ich jetzt wohl ihnen vertrauen.

Tarek sowie Castor rissen erstaunt die Augen auf, als sie mich sahen. Ich musste wohl auch ein seltsames Bild abgeben, in meinen dreckigen, blutverschmierten Kleidung, die Haare verzaust und über und über mit Waffen ausgerüstet.

Beide sprangen auf und suchten im Raum nach einer Waffe oder der Gefahr. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen.

,,Was ist passiert?!", fragte Tarek entgeistert.

Drake ging um seinen Bruder herum und lehnte sich lässig an die Spüle.

Er sah sogar noch gut aus, wenn er dreckig und verschwitzt war, dachte ich. Dann verscheute ich diese Gedanken ganz schnell wieder und konzentrierte mich auf die Geschehnisse.

,,Unsere kleine Wildkatze hier, hat grad mal eben sechzehn Killer von dem guten Herzog abgemetzelt... ", offenbarte Drake.

Erst wollte ich wieder wütend werden, sah dann jedoch das schelmische Funkeln in seinen Augen und musste grinsen.

,,Wie bitte?!" fragte Tarek entsetzt.

Castor zog eine Augenbraue hoch.

,,Du wirst mir nicht erzählen können, dass dieses Mädchen hier sechzehn gut ausgebildete Krieger von dem Großherzog besiegt hat.", sagte Castor.

Ich lächelte. Noch jemand, der mich unterschätzte.

,,Sie wurde von Zen ausgebildet. Ich dachte auch erst, dass das ja nichts heißen muss, aber im Ernst, sie ist besser als wir alle.", antwortete Drake ruhig.

Bei diesem Kompliment wurde mein Gesicht heiß.

Nachdenklich betrachtete mich der General. Ich wand mich unter seinem Blick.

Drake unterbrach das angespannte Schweigen und schilderte, was passiert war. Ich musste natürlich den Anfang erzählen, denn da war er ja nicht dabei gewesen. Nachdem wir geendet hatten, herrschte erneutes Schweigen.

Vielleicht sollte ich ihnen die ganze Geschichte erzählen, dachte ich.

Denn wenn sie mir helfen wollten, sollten sie die ganze Wahrheit kennen. Also nahm ich meinen Mut zusammen und brach das Schweigen erneut.

Ich erzählte ihnen mein ganzes Leben. Bis hin zur Ausbildung bei Zen und dem Ankommen der beiden Brüder. Die Erinnerung an meine Familie war sehr schmerzhaft und mein Brustkorb fühlte sich an, als wären Stahlbänder um ihn herumgelegt worden.

,,Also wirst du von deinem Onkel verfolgt, weil du gesegnet bist. Und damit fast unsterblich.",stellte Castor fest.

Ich nickte.

,,Wenn er dich also bekommt, kriegt er auch etwas von der Unsterblichkeit, würde sich wieder sicher fühlen und er würde anfangen schreckliche Dinge zu tun.", schlussfolgerte er weiter.

Ich zuckte die Schultern.

,,So wie er mit mir umgegangen ist und wie ich ihn kennengelernt habe, grenzt er an Wahnsinn beziehungsweise Größenwahnsinn und ist deshalb gefährlich. Aber ob er nun die Weltherrschaft möchte, oder andere Dinge tut, kann ich nicht sagen. Aber er ist sehr gefährlich. Und wenn er unsterblich wird, wird er noch gefährlicher.", antwortete ich.

Der General runzelte die Stirn.

,,Also müssen wir dich in Sicherheit bringen."

Die Jungs nickten.

,,Wie wäre es mit dem Hauptquartier?", fragte Tarek.

,,Im Hauptquartier sind zu viele Leute. Da müssten wir viel erklären...", wandte Drake ein.

,,Das müssen wir sowieso. Aber dort können wir sie am Besten schützen und zusätzlich Samuel vielleicht auch noch ausschalten, wenn wir die anderen hohen Personen mit einbeziehen. Hier geht es schließlich auch um eine politische Bedrohung."

Ich zuckte zusammen. Als eine politische Bedrohung hatte ich das alles noch nicht gesehen.

,,Im Hauptquartier können wir sie am Besten beschützen.", erwiderte Castor.

Ich wollte nicht beschützt werden.

Ich brauchte nicht beschützt werden.

Ich wollte nie wieder von anderen abhängig sein. Aber die Jungs konnten mir helfen, Samuel zu Strecke zu bringen. Außerdem war es nicht schlecht, sich mit gut ausgebildeten Agenten zu umgeben. Also würde ich mitgehen.

Ich nickte.

,,Also gut. Ich komme mit. Aber ich möchte dort nicht nur rumsitzen und gar nichts machen. Ich möchte in die Planungen mit einbezogen werden. Ich kann euch helfen."

,,Kein Dankeschön? Sondern direkt schon Forderungen? Ein schöner Dank für deine Rettung. ", witzelte Drake.

,,Besser als diese blindäugigen Hunde und Speichellecker im Quartier.", erwiderte Castor lachend.

,,Naja, aber wenn wir nur solche Wildkatzen wie Leah hier hätten, würden wir uns wohl auch beschweren...", lachte Drake.

,,Ich weise darauf hin, dass Wildkatzen Einzelgänger sind.", warf ich spöttisch ein.

,,Nicht alle. Löwen zum Beispiel leben in Rudeln.", konterte Drake.

,,Ja, und bei den Löwen sind es die Weibchen, welche jagen...", erwiderte ich böse lächelnd.

Die Männer fingen an zu lachen.

,,Eins zu Null für dich, Wildkatze.", gab sich Drake grinsend geschlagen.

Ich lachte ebenfalls.

Der Waffenstillstand zwischen Drake und mir hielt also an...

Der Segen der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt