30. Kapitel

34 1 4
                                    

Als wir aus dem Raum waren, atmete ich ersteinmal tief durch.

,,Wir müssen ihm einen Beweis für Leahs Verfolgung geben.", stellte Tarek fest.

Wir anderen nickten.

,,Was zur Hölle ist hier eigentlich los?!", fragte Rhyz aufgebracht.

Ich hatte ganz vergessen, dass er ja gar nicht wusste, worum es hier ging.

,,Lass uns erstmal in unsere Räume gehen, okay?", fragte Tarek erschöpft.

Also gingen wir etwas niedergeschlagen durch das riesige Gebäude durch etliche Etagen und Gänge, Treppen und Türen, durch Hallen und Räume, bis wir endlich in einem ruhigeren Teil des Gebäudes angekommen waren.

Hier waren die Räume der Agenten, hatte mir Castor leise erklärt.

Doch da viele der Agenten unterwegs waren und Castor und die Jungs sowieso viele Privilegien genossen, hatten wir einen ganzen Flur für uns alleine. Mein Zimmer war direkt dem gegenüber der Brüder und Rhyz schlief wohl nur zwei Räume weiter den Gang hinunter. Wo Castor nächtigte, wurde mir nicht gesagt.

Gemeinsam traten wir jetzt jedoch in das Zimmer von Drake und Tarek. Da sie sich eins teilten, war es das Größte. Es hatte fast nichts Persönliches an sich, da sie wohl nicht so oft hier waren. Und wenn dann doch mal, nur für kurze Zeit. Aber es war trotzdem gemütlich eingerichtet mit zwei großen Betten und einem großen Sofa am Fenster. Dort fanden wir uns zusammen, um die Lage zu besprechen.

Zuerst klärten die Männer Rhyz über mich auf. Doch wider meines Erwartens, nahm er die Neuigkeiten, dass ich eine Gesegnete war, ganz gelassen hin.

,,Ich hab gleich gemerkt, dass an dir etwas Besonderes ist.", behauptete er und zwinkerte mir schelmisch zu, was ihm ein scharfen Blick von Drake einbrachte. Generell war Dieser während des Gesprächs erstaunlich ruhig geblieben und war tief in Gedanken versunken. Ich musterte ihn nachdenklich. Er merkte meinen Blick und hielt ihm kurz stand, bevor er sich gerade hinsetze und sich räusperte.

,,Ich habe nachgedacht.", sagte er.

Rhyz kicherte. Auch ich musste lächeln.

,,Wir müssen sie anlocken."

Wir wurden wieder ernst.

,,Mir gefällt es nicht, aber wir müssen dich, Leah,", er sah mich entschuldigend an, ,,als Lockvogel benutzen. Damit Samuels Truppen kommen und sie mitnehmen wollen. Aber wir sind natürlich da und beschützen sie, falls es brenzlig werden sollte."

Ich schnaubte. Drake lächelte schwach.

,,Außerdem müssen wir ein paar Agenten mitnehmen, die die Sache später vor Veeran bezeugen können."

,,Ich komme mit.", bot sich Rhyz sofort an.

Tarek nickte.

,,Das ist gut. Schon mal einer, auf den wir wirklich zählen können.", sagte er.

,,Wir könnten auch noch Shawn und Bronn oder Fiane mitnehmen.", schlug Tarek vor.

,,Das hab ich auch schon überlegt. Aber Bronn ist wegen eines Auftrags unterwegs und Shawn und Fiane sind beides unsere engsten Freunde.", erwiderte sein Bruder.

,,Ja und? Das ist doch gut, dann können wir auf ihre Unterstützung zählen!", ging Rhyz dazwischen.

Castor blieb die ganze Zeit still.

,,Ich weiß worauf du hinauswillst Drake.", meldete er sich jetzt zu Wort. ,,Und das ist sehr riskant."

Der Angesprochene nickte.

,,Aber es ist sehr überzeugend. Unsere Fehde ist überall unter den Agenten bekannt. Auch Veeran weiß sicherlich davon."

,,Du sprichst doch nicht von Azriel oder?!", fragte Tarek bestürzt.

Drake nickte.

,,Doch, das tue ich. Wenn wir jemanden mitnehmen, mit dem wir nicht gut klarkommen und er trotzdem unsere Geschichte bestätigt, ist uns die Hilfe von Veeran sicher."

Rhyz war blass geworden.

,,Muss es wirklich Azriel sein?", fragte er angespannt.

Als Tarek seinen Freund ansah, konnte ich Mitleid darin lesen. Doch das war wohl jetzt das Letzte, was dieser wollte. Das kannte ich gut. Denn als Rhyz aufsah und die Gefühlsregung bei Tarek registrierte, sah ich Wut in seinen dunklen Augen aufblitzen. Etwas trotzig richtete er sich zu seiner vollen Größe auf.

,,Also stellen wir Samuel eine Falle.", fasste ich zusammen. ,,Und um die Sache zu bezeugen, kommen Rhyz und dieser Azriel zusätzlich zu euch dreien ebenfalls mit."

Alle nickten. Also war es abgemacht.

Am nächsten Tag erzählten die Jungs allen die es hören wollten, oder auch nicht, wie genervt sie waren, dass sie zu einem Seminar in die Berge fahren mussten. Das gehörte zu unserem Plan. Tarek behauptete nämlich, dass Samuel sicherlich hier Spione hatte. Und dann wussten sie, dass wir nun zu diesem Seminar fuhren. Innerhalb vier Stunden hatte es sich unter den Leuten herumgesprochen und einige kamen zu ihren lange nicht gesehenen Freunden und sprachen ihnen lächelnd ihr Beileid aus. Auch dann noch spielten sie die Genervten, weil sie ja viel lieber auf einen neuen Auftrag hätten gehen wollen.

Ich weiß nicht, wie die Jungs es geschafft hatten, aber Azriel hatte zugestimmt mitzukommen. Als wir uns das erste Mal sahen, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Er hatte soetwas an sich, dass man unwillkürlich vor ihm zurückweichen wollte. Er hatte wohl meine Reaktion gemerkt und schenkte mir ein schmieriges Lächeln. Er war nur kurz da, um sich die Pläne anzuhören, sagte aber nichts dazu und ging wieder. Als er rausging, drehte er sich noch einmal um und durchbohrte mich mit seinem Blick. Etwas Unberechenbares lauerte darin und etwas Lüsternes. Als er endlich weg war, schüttelte ich mich vor Ekel. Rhyz warf mir einen undeutbaren Blick zu.

Noch einen Tag später, fuhren wir alle frühmorgens los. Wir waren alle bewaffnet: Drake mit zwei Langdolchen, zwei Pistolen und einem Schwert. Tarek ebenfalls mit einem Schwert, einer Armbrust und einem Katana. Castor mit Chakrams, zwei Pistolen und einer Streitaxt. Rhyz nur mit einem Gewehr und Pistolen. Und Azriel mit zwei Pistolen, denn er sollte ja nur bezeugen, nicht eingreifen, erklärte er Drake mit schadenfroher Miene, als dieser ihn danach fragte. Ich selbst hatte natürlich meine Wurfmesser, mein Schwert, meinen Bogen und Pfeile und meinen Dolche dabei.

Es war schwer gewesen, diese ganzen altertümlichen Waffen für die Jungs aufzutreiben, denn heutzutage benutzte man ja Andere. Rhyz und Castor hatten auch gelacht, als wir ihnen erklärten, dass ihre Gegner aus dem Mittelalter waren. Jedoch sahen sie ein, dass man sich dann mit ebenfalls mittelalterlichen Waffen besser schützen konnte. Rhyz jedoch wollte nur mit seinen Pistolen punkten. Er meinte, es würde sowieso nie jemand so nah an ihn herankommen, als dass er sich verteidigen müsste.

Nach zwei Stunden angespannter Autofahrt, sah man schon die Berge am Horizont. Nach einer weiteren Stunde waren wir an einem kleinen Berggasthof mitten im Gebirge angekommen. Wir schickten alle anwesenden Gäste zurück nach Hause und entlohnten die protestierenden Gasteltern mit angemessen viel Geld, sodass wir auch sie zu einem spontanen Urlaub am Meer überreden konnte, nachdem Castor seinen FBI-Ausweis gezeigt hatte und erklärte, dass es hier in der nächsten Zeit gefährlich werden könnte. Azriel das Arschloch, spielte ganz nebenbei mit seinen Waffen herum, sodass die beiden etwas betagten Herrschaften ganz blass wurden und so schnell wie möglich ihre Sachen packten. Als auch sie endlich wegwaren, hieß es warten.

Zwei Tage lang passierte nichts. Abends setzten sich ein oder zwei der Jungs mit mir ans Lagerfeuer, um sie anzulocken. Die anderen verstecken sich derweil auf den umstehenden Bäumen. Die Nächte verbrachten wir alle unruhig in den Gästezimmern.

Doch wie wir es erwartet hatten, ließ sich Samuel keine Chance entgehen, mich zu fangen und hatte in Erfahrung gebracht, wo wir uns aufhielten. Seine Männer bemerkte ich zufällig gegen Mittag am dritten Tag. Sie hielten sich versteckt hinter den Bäumen und beobachten das Haus.

Anscheinend fühlten sie sich sicher, weil sie das Überrachungsmoment auf ihrer Seite hatten.

Jedoch hatten wir sie entdeckt.

Der Segen der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt