Karol
Langsam streife ich die Kleider von mir ab und ziehe mir meine Alltagskleider an. Meine Gedanken drehen sich dabei nur um Ruggero. Was ist das zwischen uns? Bis vorher habe ich es noch nie richtig in Erwägung gezogen, dass ich mich vielleicht in ihn verliebt habe. Doch, auch wenn der Kuss nur gespielt war, habe ich dabei etwas so starkes gefühlt, dass ich es nicht einmal beschreiben kann. Habe ich mich wirklich in ihn verliebt? Wieso? Und vor allem, wann? Gibt es eine bestimmte Zeit, in der man sich jemanden verlieben kann?
Ich spüre seine weichen Lippen immer noch auf meinen, die ein prickelndes Gefühl darauf hinterlassen. Unbewusst führe ich meine Hand zu meinen Lippen. Als ich jedoch realisiere, was ich mache, nehme ich sie schnell weg und schüttele meinen Kopf. Aus Ruggero und mir wird nie etwas werden. Ich bin sechs Jahre jünger als er. Und ausserdem würde er sich nie in so jemanden wie mich verlieben.
Durch ein leises Klopfen an meine Tür, werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Stirnrunzelnd laufe ich langsam zur Tür und mache sie auf. Ich staune nicht schlecht, als ich Ruggero vor meiner Tür entdecke.
»Kann ich reinkommen?«, fragt er. Ich nicke und mache die Tür weiter auf, damit er eintreten kann. Nervös beisse ich mir auf meine Unterlippe. Er bleibt ungefähr in der Mitte des Raumes stehen und dreht sich zu mir um. Langsam nähere ich mich ihm und bleibe ungefähr einen Meter vor ihm stehen. Er sieht mir aufrecht in die Augen. Ich erkenne Reue darin und etwas Anderes, das ich nicht zuordnen kann. Mein Herz macht einen Sprung.
»Es tut mir leid«, sagt er und lässt seinen Blick dabei nicht von mir ab. Fast schon enttäuscht schüttelt er den Kopf. »Es ist nur so, dass-« Er stockt. Aufmerksam beobachte ich ihn und warte auf seine nächsten Worte, die jedoch nicht kommen. Teilnahmelos steht er vor mir und sieht mich an. Unbewusst gehe ich ein paar Schritte auf ihn zu. Er lässt es geschehen, was mein Herz noch höher schlagen lässt.
»Karol«, flüstert er. Wieder will er etwas sagen, doch er bringt es einfach nicht über die Lippen. Was auch immer es ist, es muss ihn eine Menge Überwindung kosten.
Dieses Mal macht er einen Schritt auf mich zu und streicht mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Diese liebevolle Geste verschlägt mir beinahe die Sprache. Seinen Kopf neigt er leicht nach rechts und sieht abwechselnd von meinen Augen zu meinen Lippen. Ich schnappe nach Luft.
Langsam nähert er sich mir. Nach wie vor sieht er auf meine Lippen, bis er kurz davor stoppt und mich ansieht. Fragend sieht er mich an, woraufhin ich nicke. Sein heisser Atem an meinen Lippen raubt mir beinahe den Verstand. Ich merke, wie meine Knie langsam weich werden und ich Angst habe, gleich wegzukippen. Sanft legt er seine Lippen auf meine. Mein Gesicht fühlt sich ganz heiss an, während mich seine Haarspitzen im Gesicht streifen. Vorsichtig erwidere ich den Kuss. Seine Hände umfassen meine Hüfte und ziehen mich ein Stück näher an sich heran. Der Kuss bleibt sanft, bis wir uns voneinander lösen und uns verwirrt anstarren. Immer noch spüre ich seine Hände an meinen Hüften, die ein angenehmes Kribbeln verursachen. Keiner wagt etwas zu sagen, in der Angst den Moment zu zerstören. Plötzlich höre ich, wie jemand an meine Tür klopft. Erschrocken fahren wir auseinander und sehen zur Tür, wo meine Mutter ihren Kopf reinstreckt.
»Karol? Wir müssen gehen.« Verwirrt sieht sie zwischen uns hin und her.
Nach einigen Sekunden, in denen ich mir über die Situation klar geworden bin, wende ich meinen Blick von ihr ab und sehe zu Ruggero. Er scheint mit seinen Gedanken irgendwo anders zu sein. Ich lasse ihn alleine dort stehen und laufe quer durch das Zimmer, um meine Tasche zu holen. Langsam erwacht er aus seiner Starre und begrüsst mit einem Kopfnicken meine Mutter. Dann setzte er sich in Bewegung und läuft auf die Tür zu. Bevor er jedoch aus meinem Blickfeld verschwindet, wirft er mir noch einen Blick zu, den ich nicht deuten kann. Seine Augen haben ein bestimmtes Funkeln angenommen, das nicht zu übersehen ist.
Zu Hause angekommen, gehe ich in mein Zimmer und lasse mich auf mein Bett fallen. Das, was sich in meinem Zimmer abgespielt hat, kommt mir so surreal vor. Wie als wäre es ein Traum. Ich schliesse meine Augen und augenblicklich habe ich das Bild von ihm in meinem Kopf. Fast schon spüre ich seine Lippen auf meinen, als mich ein Handyklingeln aus meinen Gedanken reisst.Der nächste Tag hat begonnen und ich laufe nervös in meinem Zimmer am Set hin und her. Immer wieder sehe ich an die Stelle, an der wir gestanden sind, als wir uns geküsst haben. Ich schüttele den Kopf. Diese Szene muss ich doch irgendwie verdrängen können. Nur, wie soll ich das schaffen, wenn ich ihn die ganze Zeit sehe? Heute bin ich ihm noch nicht über den Weg gelaufen. Aber was soll ich machen, wenn das Eintritt? Soll ich etwas sagen, oder am besten einfach so tun als wäre nichts passiert? Was ist, wenn ihm der Kuss gar nichts bedeutet hat, weil er mich nur aus Spass geküsst hat? Vielleicht wollte er ja für einen Kuss üben, der aufgezeichnet wird? Aber gestern war der letzte Kuss zwischen Luna und Matteo. Hat der Kuss mir denn etwas bedeutet? Natürlich hat er mir etwas bedeutet sonst wäre ich ja nicht so aufgebracht.
Frustriert lasse ich mich auf die Couch fallen und lege mein Gesicht in die Hände. Wie auf Knopfdruck geht die Tür auf. Ich schrecke auf und erblicke Caro am Türrahmen stehen.
»Karol!«, ruft sie und kommt auf mich zu. »Was ist denn in letzter Zeit los mit dir?« Besorgt sieht sie mich an. Soll ich es ihr sagen? Ich entscheide mich dagegen und schüttele einfach nur den Kopf.
»Nichts«, sage ich schnell. »Wie kommst du darauf?« Noch einmal wirft sie mir einen vielsagenden Blick zu, bevor sie aufsteht und mich am Handgelenk mitzieht.
»Du sagst es mir einfach, wenn du willst.« Dankend sehe ich sie an und lasse mich aus dem Zimmer herausziehen. Ehe wir draussen sind, hören wir durch die Lautsprecher eine Stimme, die Carolina ans Set ruft. Entschuldigend sieht sie mich an und blickt sich im Gang herum. Sie fixiert einen Punkt hinter mir und winkt.
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Ruggarol - Verlorene Erinnerungen
FanfictionKarol und Ruggero sehen einander als beste Freunde. Doch was passiert, wenn sich die Sichtweise der Beiden plötzlich verändert? Zwischen unzähligen Interviews und Terminen muss Karol noch einen Deal mit einem Regisseuren einhalten. Der merkwürdige F...