14. Kapitel

661 41 4
                                    

Ruggero

Ihre wunderschönen Augen starren mich mit einer Mischung von Verwirrung und einem gewissen Funkeln an, das ich nicht deuten kann. Lange sehen wir uns in die Augen, bevor ich noch einen Schritt auf sie zu mache. Mit meiner einen Hand streife ich ihren Arm und kann mit Erleichterung feststellen, dass sich eine Gänsehaut darauf gebildet hat. Mein Herz klopft mir bis zu meinem Hals und auch in meinem Bauch hat sich eine Wärme verbreitet, die mir ein Gefühl von Zugehörigkeit gibt. Mein Blick springt abwechselnd zwischen ihren Lippen und ihren Augen hin und her. Bis er an ihren Lippen hängen bleibt. Langsam nähere ich mich ihr. Sanft, in der Angst, sie mit einer einzigen Bewegung zu verjagen, hebe ich ihr Kinn mit meinen Fingern an. Wie automatisch schliessen sich meine Augen. Kurz vor ihren Lippen spüre ich ihren heissen Atem, der mich beinahe wahnsinnig macht. Als unsere Lippen aufeinander treffen, beginnt es in meinem Magen merkwürdig zu ziehen. Jedoch ist es ein schönes Gefühl.
      Als sie den Kuss so sanft erwidert, dass mir direkt warm ums Herz wird, verliere ich mich in dem berauschenden Gefühl von ihren Lippen auf meinen. Meine Hände wandern zu ihren Hüften, um sie näher an mich heran zu ziehen. Sie seufzt in den Kuss hinein, was mir ein kleines Lächeln entlockt. Ihre Hände hat sie auf meiner Brust platziert, während ich mit kleinen Schritten beginne zu laufen. Es ist schwierig im selben Moment, in dem wir uns küssen mich in dem Zimmer zu orientieren. Schliesslich schaffe ich es doch uns in Richtung Sofa zu bringen. Einen kurzen Moment lösen wir uns voneinander, um uns anzusehen. Auf ihren Wangen schimmert ein rosaner Farbton, der sie unheimlich süss erscheinen lässt. Dieses Mal wartet sie nicht so lange ab, sondern stellt sich auf die Zehenspitzen und legt überraschend schnell ihre Lippen auf meine. Ich spüre den Anflug eines Lächelns auf ihren Lippen, was mich auch automatisch zum Lächeln bringt. Langsam merke ich, wie mein Nacken beginnt zu schmerzen. Schliesslich ist Karol um einiges kleiner als ich und es wird mit der Zeit anstrengend, mich ununterbrochen zu bücken. Also stosse ich sie sanft an, sodass sie mit dem Rücken auf dem Sofa landet. Ich lege mich über sie und stütze mich mit meinen Unterarmen neben ihrem Kopf ab, damit nicht mein ganzes Gewicht auf ihr liegt. Ihr Atem geht recht schnell und flach. Gerade als ich dort weitermachen will, wo wir aufgehört haben, stoppt sie mich, indem sie ihre Hände an meine Brust legt.
      »Stopp«, sagt sie leise. Mitten in der Bewegung halte ich inne und betrachte sie. Fast schon entschuldigend sieht sie mich an. »Das können wir nicht machen.« Ihre Augen schliessen sich für einen kurzen Moment, bevor sie sie wieder aufmacht. Schweigend lasse ich meinen Blick über ihr Gesicht wandern. Bis mir ihre Worte bewusst werden, die sie ausgesprochen hat.
      »Was können wir nicht machen?«, frage ich beinahe flüsternd. Sie beisst sich nervös auf die Unterlippe.
      »Das«, antwortet sie. Dabei runzelt sie die Stirn und macht mit ihrer Hand eine kreisende Bewegung um uns. Gut, es ist vielleicht eine komische Situation, wenn ich einfach so über ihr liege. Mir macht es jedoch nichts aus. Ihr anscheinend genauso wenig, da sie keine Anstalten macht mich irgendwie von ihr herunterzubekommen. Ich lege meine Hand an ihre Wange und streiche sanft darüber.
      »Du hast doch damals gesagt, dass wir den Kuss vergessen sollten« Sie macht eine kurze Pause, in der sie traurig seufzt. »Und jetzt küsst du mich wieder.« Entschlossen stösst sie mich von sich weg und richtet sich auf. Ich bringe nichts sinnvoller heraus, da der Schmerz, den ich in ihren Augen sehe mich fertig macht. Traurig schüttelt sie den Kopf. »Du kannst mich nicht einfach küssen, wann du willst. Ich bin kein Spielzeug, das du immer dann nehmen kannst, wenn du es brauchst.« Ich will ihr sagen, dass alles was sie sagt nicht stimmt. Doch ich bin unfähig dazu, irgendetwas zu sagen. Als sie merkt, dass meinerseits keine Antwort kommt, bringt sie ein trauriges Lächeln zustande und steht auf. Kaum merklich nickt sie und wirft einen kurzen Blick zu der Tür, die zu ihrem Zimmer führt. »Gute Nacht«, sagt sie und dreht sich um.
      Wie in Trance bekomme ich mit, wie sie in ihr Zimmer geht und die Tür hinter sich schliesst. Endlich erwache ich aus meiner Starre und stehe so ruckartig auf, dass mir im ersten Moment schwarz vor Augen wird. Mit schnellen Schritten bin ich an ihrer Tür angekommen. Zuerst will ich anklopfe und ihr alles erklären. Ihr sagen, dass ich in den letzten Wochen Tag und Nacht nur an sie gedacht habe. Ihr sagen, dass ein einziges Lächeln von ihr meine Laune um Welten verändert. Ihr sagen, dass ich sie liebe. Aber es erscheint mir falsch. Wieso sollte ich ihr sagen, dass ich sie liebe, wenn ich mir nicht sicher bin ob sie das Gleiche für mich empfindet? Meine Gefühle für sie sind in den letzten Wochen so stark geworden, dass ich mir ein Leben ohne sie kaum mehr vorstellen kann. Ich könnte es einfach nicht verkraften von ihr abserviert zu werden. Aber habe ich mir diese ganze Leidenschaft und Liebe zwischen uns bei diesem Kuss nur eingebildet? Habe ich vielleicht gar nicht gemerkt, dass sie mich nicht küssen wollte? Seufzend lasse ich meine Hand sinken und gehe mit schlurfenden Schritten in mein Zimmer.

Am nächsten Morgen bin ich recht früh auf den Beinen. Karol scheint noch zu schlafen, da ihre Zimmertür geschlossen ist. Praktisch die ganze Nacht bin ich wachgelegenen und habe nachgedacht. Ich habe darüber nachgedacht, was ich machen soll. Ob ich ihr alles sagen soll, oder es einfach lassen soll. Ich bin noch zu keiner endgültigen Lösung gekommen, jedoch bin ich mir sicher, dass ich mir das Ganze nicht eingebildet habe. Sie empfindet etwas für mich. Das Funkeln in ihren Augen war pure Liebe, die für mich galt. Im Nachhinein könnte ich mir selber eine Klatschen. Sie hat mir gestern die beste Möglichkeit gegeben, ihr alles zu erklären. Aber nein, ich lasse sie natürlich alleine in ihrem Zimmer, während ich darüber grübele, was das Beste für uns wäre. Sie muss wohl genau das Denken, was sie mir gestern gesagt hat. Dass sie nur ein Spielzeug für mich ist. Aber das kann sie gar nicht für mich sein. Sie ist so viel mehr als das. Sie ist Alles für mich.

---------
Schaut doch bei meiner anderen Story vorbei🙈'
Auf blerta__ 💗

Ruggarol - Verlorene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt