52

141 12 0
                                    

Angespannte Stimmung herrschte beim Abendessen, wie schon die letzten Tage über. Wenig begeistert stocherte ich in meinem Essen herum und starrte es an als würde G Dragon persönlich darauf performen. Ich war ehrlich, K-Pop war nie meins, aber GD hatte was auch wenn er total abgedreht und arrogant wirkte und jemanden wie mich wohl nicht mal mit einer meterdicken Sonnenbrille ansehen würde.

Taehyung mir gegenüber starrte auf sein Glas, während er gedankenlos kaute und stumm vor sich hin atmete. Jimin am Tischende sah ab und an auffordernd zwischen uns hin und her. Es war süß wie er versuchte uns wieder zusammen zu führen, aber es lag an Taehyung. Er musste entscheiden, ob er noch etwas mit mir zu tun haben wollte, mich störrte es nicht, doch er wusste nicht dass ich ein Mädchen war, was wesentlich unangenehmer für ihn in meiner gegenwart war.

"Leute ich ertrag das nicht. Was zum Teufel ist hier los? Tae du sitzt da wie ein tief Depressiver und Kook starrt sein Essen an, als würde dort ein verdammtes Big Bang Konzert stattfinden." meinte Namjoon. Ich grinste und zwang mich meine Gabel in den Mund zu schieben. "Das ist nicht witzig! Seit einer Woche sind die beiden Schwatzköpfe hier am Tisch leiser als eine verdammte Leiche und das geht so nicht. Was auch immer ihr zu klären habt, klärt es jetzt und hier." kaum hatte der platschige Riese seine Worte ausgesprochen sprang Taehyung vom Tisch auf, riss seinen Stuhl auf den Boden und eilte in sein Zimmer. "Sensibelchen." murrte Yoongi neben mir und schüttelte den Kopf. "Ihr habt doch nicht mal eine Ahnung was überhaupt los ist." flüsterte ich angepisst über die Kommentare der beiden und kaute auf meinen Nudeln herum. "Salz fehlt." kommentierte ich und räumte schweigend ab. Jimin und Jin seufzten gleichzeitig, währen Yoongi und Namjoon sich ansahen und nur die Köpfe schüttelteln konnten.

Während ich eigentlich in mein Zimmer gehen wollte fasste ich einen Entschluss. Eben noch hatte ich Taehyung die Entscheidung in meinen Gedanken überlassen, ob er noch etwas mit mir zu tun haben wollte, aber ich vermisste ihn und würde es nicht nochmal ertragen, wenn wir uns wochenlang ignorieren würden. Anstatt zu meiner, steuerte ich auf seine zu.

Ich riss sie auf, trat ein und ließ sie zu fallen. Taehyung saß an seinem Schreibtisch und sah mit leerem Blick aus seinem Fenster. "Was zum Teufel ist los mit dir? Ist dein Ignorieren mir gegenüber jetzt die eiskalte Rache dafür, dass ich dir vor den Ferien noch aus dem Weg gegangen bin?" stellte ich ihn zu Rede und versuchte nicht allzu angepisst zu klingen, wie ich es eigentlich irgendwie war. "Lass mich, ich muss Hausaufgaben machen." murmelte er und hielt seinen Blick noch immer von mir weg. "Seit wann gehört aus dem Fenster sehen dazu?" harkte ich nach und ließ mich auf seinem Bett fallen. Ich würde, wenn er nicht reden würde, die ganze Nacht hier liegen bleiben, da hatte ich keinerlei Probleme damit. Taehyung lachte auf, doch freundlich klang es nicht. "Geh bitte." forderte er.

"Nop." hielt ich locker dagegen und verschränkte die Arme unter meinem Kopf. "Ich bleib solange hier, bis du die Klappe aufmachst." Ich sah an die Decke und verfolgte das hellgrüne Muster der Tapete. "Was willst du hören, damit ich wieder meine Ruhe hab?" seufzte er. Im Augenwinkel nahm ich wahr, wie er sich durch die Haare fuhr. Ich setzte mich auf und sah ihn direkt an. Seine Augen lagen auf meinen, doch hatten jeglichen kindlichen und spaßigen Schimmer verloren. Beinahe wirkte er tatsächlich wie ein Erwachsener, der einer trüben und langweiligen Zukunft in die Augen sah. "Ich will wissen wieso du mich ignorierst." sagte ich langsam und behielt den Augenkontakt, ganz gleich wie mein inneres durchdrehte.

Taehyung holte tief Luft und sah von mir weg auf den Boden. "Jungkook. Du verwirrst mich." murmelte er und blinzelte ein paar mal. Er setzte an um noch etwas zu sagen, unterbrach sich aber selber, in dem er ruhig blieb. Ich ebenso. Er hatte noch etwas zu sagen und solange das nicht seinen Mund verlassen hatte, würde ich leise sein.

"Du... Du bist einfach aufgetaucht und Boom! Überall wo du warst war das blanke Chaos." er lachte, was wesentlich schöner als das von eben noch klang. "Du bist den Lehrern über den Mund gefahren, als wärst du mit dieser Art auf die Welt gekommen, als wärst du extra dafür hier her gekommen." sprach er eilig weiter und setzte sich grade auf. "Ich fand und finde das faszinierend, cool. Hatte das gefühl du seist mein Gegenteil. Du traust dich all das, zu was ich nie den Mut hätte, was ich nie tun könnte. Nie hätte ich gerappt oder Alkohol getrunken oder hätte mit einem Mädchen gesprochen." er wurde leicht rot und sah zur Seite. "Ich hatte nie einen Freund, der so direkt das sagte und tat, was er dachte. Nie hat mir jemand über meine Eltern so ins Gewissen geredet, dass ich ernsthaft über mein Leben und was ich bis jetzt erreicht habe nachdachte und zu dem entschluss kam, dass ich aus diesem Kreislauf von Regeln und Normen und guten Noten ausbrechen musste, es zumindest versuchen konnte." Taehyung war völlig versunken in seinen Worten und fuchtelte demonstrierend wild mit den Armen umher. Auf seinen Lippen lag ein seichtes Lächeln und die braunen Augen glitzerten wieder, wie es typisch für ihn war. Er war wieder das kleine muntere Kind, doch die Fassade bröckelte. "Doch irgendwie hatte ich Gefühl mich in deiner Nähe zu verändern, nicht negativ, doch immer wenn ich dich morgens aus deinem Zimmer kommen gesehen hab, hab ich innerlich Purzelbäume geschlagen, weil ich es kaum erwarten konnte, bis du wieder irgendwas vorschlägst oder mit mit unternimmst, was meinen Normen und Regeln nicht entspricht." Er ließ die Schultern hängen. "Klar als Kumpel freut man sich aneinander zu sehen, doch mir machte es mittlerweile angst. Ununterbrochen drehten sich meine Gedanken nur noch darum, was wir in den letzten Monaten zusammen gemacht hatten und immer wenn ich dich sah, schien alles in mir vor freude zu explodieren und wenn du weg warst, wollte ich mich am liebsten vergraben gehen und nie wieder kommen." seine Arme legte er in seinen Schoß.

Ich verstand ihn vollkommen und hatte wohl verstanden in welcher Art Gespräch das ganze hier verlaufen würde. "Und im Freizeitpark... das Singen, das Flüchten vor der Polizei." er verstummte wieder und Tränen liefen ihm aus den Augen. "Ich war völlig überrumpelt von dem ganzen und und..." er rang verzweifelt nach Worten und sank immer mehr in seinem Stuhl zusammen. "Dann hast du mich geküsst." flüsterte ich und ließ ihn nicht aus meinen Augen. Er nickte und rieb sich mit dem Ärmel seines Pullovers die Tränen von den Wangen. "Du musst mich abscheulich finden, widerlich dafür, was ich getan hab." redete er sich ein. Ich schüttelte den Kopf und zeriss innerlich an seinem verzweifelten Anblick. "Wieso sollte ich?" fragte ich und bekam im nächsten Moment die Aufmerksamkeit seiner traurigen Augen. "Weil... Weil." stotterte er und schluchzte. "Weil ich mich verliebt hab." mit jedem Wort wurde seine Stimme leiser.

Genau das wollte ich bei ihm, so wie bei mir nie erreichen, doch der Kopf dachte sich: Mir egal, verknall dich halt mal in den nächstbesten breitgrinsenden Idioten, während du selber noch aussiehst wie ein verdammter Kerl. Meine Gedanken riefen: Fick dich das kannst du nicht tun, doch innerlich hatte ich schon lange nach gegeben. Aus Witzen am Anfang des Schuljahres wurde die blanke Wirklichkeit.

"Du wirst es nicht glauben." Ich schmunzelte und hoffte er würde den Kontakt unserer Blicke nicht unterbrechen. In mir liefen die Schmetterlinge Amok, während sich gleizeitig meine Gedanken gegen diese Worte wehrten, da sie kein guten Ende nehmen würden, doch ich gab nach. Taehyung hatte mich in sämtlichen Dingen kläglich schwach gemacht. "Aber ich mich auch."

Auf dem Gesicht von Tae herrschte Grillenzirpen. Wie gelähmt sah er mich an, während meine Worte wohl noch nicht wirklich bei ihm angekommen waren. Sein Gesicht stand sämtliche Sekunden still, bevor er ein paar mal blinzelte. "In wen?" auf seinem Gesicht stand blankes entsetzen und ich konnte nich anders, als einfach los zu lachen und mich wieder in seine Kissen zu schmeißen. Seine Reaktion war zu niedlich, doch er schien es ernst gemeint zu haben und stand auf um sein Zimmer zu verlassen. Sofort sprang ich auf und schloss ihn in meine Arme. "In dich du Chaot." murmelte ich ihm zu. Ich spürte wie sich sein Körper anspannte, er aber wenige Sekunden später nachgab, sich entspannte und die Umarmung erwiederte.

Ich wusste ich hatte soeben ein unumweichliches Urteil ausgesproche, eine Entscheidung getroffen, die ich noch bitterlich bereuen würde doch für diesen Moment fühlte es sich so richtig an, dem ganzen Luft zu machen und einfach diesen Augenblick zu nutzen, in dem mir das Leben nicht breiter ins Gesicht strahlen konnte, auch wenn ich in ihren Augen den bitteren Beigeschmack vernahm, der sich langsam anschlich.

be quietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt