Vielversprechend✔

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Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war das erste, was mir ins Auge sprang Derrick. Ich wollte nicht wissen, wie lang er schon hier war.Wieder einmal zierte ein Grinsen seine Lippen, was auf keinen Fall etwas Gutes bedeuten konnte.

,,Guten Morgen" begrüßte ich ihn genervt und setzte ein gefälschtes Lächeln auf als ich mich im Bett aufsetzte. ,,Guten Morgen Prinzessin!", entgegnete er, ,,Bei der Planung Ihrer Hochzeit habe ich bemerkt, dass Sie noch keine Trauzeugin haben und deshalb bitte ich Sie darum, dieser Aufgabe heute nachzugehen" erklärte er.

Ich blendete seine Worte aus und trotzdem war es als würde sich mein Magen umdrehen. Sofort spielten sich Situationen vor meinem inneren Auge ab, die keinesfalls passieren durften. Mit einem lauten Gähnen streckte ich mich und ließ meine Beine vom Bett baumeln, bevor ich mich erhob und geradewegs zu meinem Schminktisch lief und mich dort wieder niederzulassen.

,,Und wie stellst du dir das vor? Soll ich ein Casting veranstalten? Lilly sucht die perfekte Trauzeugin!? Ganz bestimmt nicht" sagte ich und schaute in den Spiegel, wobei mir erst jetzt meine dunklen Augenringe auffielen. Ich wusste, dass ich manchmal viel zu hart zu Derrick war, schließlich konnte er für all das auch nichts.

,,Nein, so meinte ich das nicht! Sehen Sie sich um und sprechen Sie eine vielversprechend aussehende Person an. Lernen Sie sie kennen und vielleicht haben Sie ja Glück" erklärte Derrick und ich musste zugeben, dass dieser Plan nicht einmal unrealistisch schien. ,,Mal sehen, klingt nicht unbedingt nach einer schlechten Idee" brummte ich verschlafen und schloss die Augen wieder.

,,Wie schön! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!" waren Derricks Worte, bevor er zum Gehen ansetzte, doch genau in dem Moment fiel mir etwas Wichtiges ein. ,,Warte Derrick", unterbrach ich ihn, ,,Das Schloss besteht aus Eis, alle hassen mich. Ich kann kaum erwarten, dass sich jemand darauf einlässt!".

Ein Grinsen begann sich auf seine Lippen zu legen als er entgegnete: "Sie haben schon schlimmere Probleme gelöst" dann öffnete er die Tür und trat hindurch. Sekunden nachdem die Tür wieder ins Schloss gefallen war, begab ich mich ins Bad. Beim Blick in den Spiegel machte mein Herz einen gewaltigen Sprung.

Das Mädchen im Spiegel schaute ins Leere. Ihre Augen waren leer, die Mundwinkel hingen herunter. Dann lächelte sie plötzlich als müsste sie sich selbst etwas beweisen, doch sie wusste, dass das Lächeln nicht echt war. Ich wandte den Blick ab und griff zur Zahnbürste.

Nachdem ich mir die Zähne geputzt und meine Haare gekämmt hatte, war es an der Zeit die passende Kleidung auszuwählen. Statt ein Kleid anzuziehen, entschied ich mich für eine Jeans und einen Wollpullover, den meine Mutter mir einst in meiner Lieblingsfarbe strickte.

Ein letzter Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich bereit war den Schülern gegenüber zu treten. Wieder setzte ich mein Lächeln auf und machte mich sofort auf den Weg, um möglichst lang etwas von dem Lächeln zu haben, denn früher oder später würde ich sein Lächeln nicht länger aufrecht erhalten können. Mein Kopf war voller Zweifel und stand kurz vor dem Platzen. Mein Herz klopfte und etwas in mir versuchte mir zu sagen, dass ich wieder umkehren sollte, doch meine Beine trugen mich immer weiter.

Derrick stellte sich das Ganze furchtbar einfach vor - andererseits war es nicht sein Problem. Ich hatte ein riesiges Chaos in dem Schloss angerichtet und dabei war ich nicht einmal ein Schüler. Meine Erwartungen sollte aus dem Grund besser nicht zu hoch setzen und das galt auch für Derrick.

Erst als ich der Masse von Hexen und Zauberern gegenüber stand, verspürte ich ein Gefühl als würde mir die Lösung regelrecht auf der Hand liegen. Es gab tatsächlich etwas, was die eisige Kälte eindämmen konnte, doch ich war mir sehr unsicher, ob das ausreichen würde. Einen Versuch war es Wert. Ich zückte meinen Zauberspruch und die Energie die sich in mir sammelte als ich an all den Schmerz denken musste, den ich durchleben musste, schoss mein Zauberstab einen Zauber aus der Spitze.

Augenblicklich ummantelte das Gefühl von Wärme mich und die Stimmung in der Halle schien erleuchtet. Man konnte die Veränderung nicht sehen, aber deutlich spüren. Mich wunderte, dass Professor Dumbledore nicht auf die Idee gekommen war.

Erneut stand ich an dem Punkt, an dem ich meine Vorgehensweise planen musste, um Demütigungen zu vermeiden. ,,Vielversprechend aussehende Person" erinnerte ich mich an Derricks Rat. Mein Blick wanderte durch die Halle und blieb an einem Mädchen am Slytherintisch hängen. Sie hatte blonde Haare und ich schätzte sie ungefähr auf mein Alter. Ich beschloss die Chance zu nutzen.

So selbstbewusst, wie möglich lief ich auf sie zu und setzte mich neben sie. ,,Hey, wartest du noch auf jemanden oder warum sitzt du so allein?" begann ich und war von mir selbst überrascht, denn im Normalfall fiel mir der Anfang ziemlich schwer. Sie drehte sich zu mir und seufzte: "Nein, ich sitze immer allein. Ich bin Daphne. Du musst die Prinzessin sein, über die alle reden".

Die Situation wurde mir plötzlich unangenehm und ich wusste nicht, wie ich mich am besten dazu äußerte. "Scheinbar" murmelte ich und kräuselte meine Lippe. "Wie dem auch sei, was gibt's?" fuhr sie fort und starrte mich erwartend an. Fast hätte ich ihr die Wahrheit gesagt, doch ich schaffte es gerade rechtzeitig die Kurve zu kriegen: "Ich dachte ein paar Freunde könnten nicht schaden".

Sie lächelte und erklärte: "Ich habe einen totalen Dachschaden - nein wirklich. Als ich vor 5 Jahren in Slytherin eingeteilt wurde haben mich alle als Hufflepuff beschimpft. Aber klar, wieso nicht. Also mein Name ist Daphne Greengrass. Ich habe eine kleine Schwester, wir wohnen in einem Haus in der Nähe von.." rasselte sie herunter, doch tatsächlich kamen wir ins Gespräch. Eins führte zum anderen und so endeten wir schließlich bei unseren Träumen, Stärken und Schwächen.

Ich musste zugeben, dass sie mich begeisterte. Sie mochte vielleicht einen 'Dachschaden' haben, doch sie war unheimlich lustig und offen und herzlich. Sie war wirklich jemand, den man sofort in sein Herz schließen musste. Sogar als der nächste Ansturm zum Mittagessen hineinkam, wollte sie das unbedingt Gespräch unbedingt fortsetzen.

Wir liefen über das Gelände. Daphne zeigte mir unfassbare Ecken, Tunnel und Gänge. Dieses Schloss faszinierte mich zutiefst, vorallem weil es diese gewisse majestätische Autorität ausstrahlte. Wir machten außerdem Halt bei Rosalie, weil Daphne sie unbedingt kennenlernen wollte.

Den restlichen Nachmittag verbrachten wir im Innenhof, wo wir uns auf den Sitzgelegenheiten niedergelassen hatten. Als es dunkler wurde, nahm ich sie mit auf mein Zimmer. Die letzten zehn Minuten hatte sie immer wieder gegähnt, wie auch jetzt "Gleich beginnt die Nachtruhe. Ich muss los" meinte sie nun endlich, obwohl ich ihr schon zuvor angeboten hatte schlafen zu geben.

Mein Gewissen plagte mich als ich ihr dabei zusah, wie sie sich vom Bett erhob und ihre Arme für eine Gute Nacht Umarmung ausbreitete. War es bereits zu früh, sie zu fragen, ob sie die Rolle meiner Trauzeugin annehmen wollte? "Es war wirklich schön dich kennenzulernen Lilly. Das war das schönste Wochenende seit langem, ich habe morgen bis um drei Uhr Unterricht, aber ich hoffe wir könnten uns vielleicht danach sehen" dann schloss sie mich in ihre Arme.

"Möchtest du meine Trauzeugin sein?" platzte es plötzlich aus mir heraus und ich erstarrte. Sie ließ von mir ab und schaute mich verwundert an, dass ich es ernst meinte. "Ich weiß, das kommt jetzt ganz plötzlich, aber ich habe nicht mehr viel Zeit und ich denke es gibt niemand besseren als dich für diese Rolle" rechtfertigte ich mich.

Ihre Augen begannen zu funkeln und im nächsten Moment fiel sie mir wieder in die Arme. ,,Oh mein Gott, natürlich will ich deine Trauzeugin sein! Nichts lieber, als das!" quietschte sie glücklich und ich konnte nicht leugnen, dass mich das Gefühl von purer Erleichterung überkam. "Dankeschön" seufzte ich und erwiderte ihre Umarmung fest.

"Ich kann es kaum erwarten. Ich hab alles schon ganz genau vor Augen", sie unterbrach und ließ von mir ab, "Aber jetzt muss ich erst einmal schlafen gehen". "Okay. Gute Nacht Daphne" lächelte ich und hielt ihr die Tür auf, durch welche sie schließlich hindurchschritt. "Gute Nacht Lilly" waren ihre letzte Worte, bevor sie davonschritt und ich die Tür schließen konnte.

Mein Weg führte direkt in das Bad, um mich bettfertig zu machen, denn ich war furchtbar müde. Ich griff zu meiner Haarbürste und ließ den heutigen Tag noch einmal Revue passieren. Ich hatte nicht nur eine Trauzeugin gefunden, sondern auch eine Freundin und ich spürte, dass sie eine der Menschen war, die für ihr restliches Leben an der Seite ihrer Freunde bleiben würde und so jemanden brauchte ich gerade jetzt. Mein Blick wanderte zum Spiegel und ich bemerkte wie ich lächelte, nur diesmal war das Lächeln des Mädchens im Spiegel echt.

Überarbeitet: 20.10.2020

Die Eisprinzessin (Draco Malfoy FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt