,,Schneller, wir haben es eilig!" befahl Daphne als wir den Korridor entlang liefen und begann zu rennen. "Oh nein. Ich werde nicht rennen. Das kommt gar nicht in Frage" blockte ich ab und reduzierte mein Tempo, da ich jetzt schon die Befürchtung hatte mein Frühstück bald wieder zu sehen. Genervt blieb Daphne stehen und wartete, bis ich sie erreicht hatte. "Oder hast du Angst?" meinte sie.
Erschrocken klappte mir die Kinnlade auf. "Ich und Angst? Ich bin furchtlos" entgegnete ich mit fester Stimme und hatte für wenige Sekunden die Hoffnung, mir selbst glauben zu können. Wir betraten nun den Kerker. "Wovor sollte ich schon Angst haben? Davor, ein Königreich zu regieren? Davor, vor all diese Leute zu treten, die erst kürzlich ihre Familien verloren haben? Davor, keine Fehler machen zu dürfen? Davor, die Konsequenzen von falschen Entscheidungen tragen zu müssen?".
"Mein Angebot steht immer noch" merkte Daphne leise an und bog um die letzte Ecke. "Daphne, das ist wohl kaum eine Option. Wir können nicht einfach unsere Koffer packen und in die Staaten auswandern" erklärte ich, doch plötzlich überkam mich der Drang zu lachen, welchem ich nicht widerstehen konnte. Daphne stieg mit ein und lachte: "Warum nicht? Alles ist möglich Lilly".
Wir erreichten mein Zimmer. "Ich habe dir diesen wunderschönen Morgenmantel besorgt, damit deine Klamotten nicht ausversehen schmutzig werden" strahlte sie und holte einen seidenen weißen Mantel aus ihrer Tasche. Dankend nahm ich ihn entgegen und zog ihn mir über. Er saß perfekt.
Ich ließ mich auf dem Stuhl vor meinem Schminktisch nieder und lauschte Daphnes Worten: "Ich werde dir erst die Haare machen und dann kommen wir zu deinem Make Up. Wie stellst du dir dein Make Up vor?". Sie hatte sich Bürsten und andere Utensilien zurecht gelegt und zögerte nicht eine Sekunde damit, anzufangen. "Vielleicht etwas helles. Wie wäre es mit hellblau?" schlug ich vor und sah im Spiegel, wie sie mir sorgfältig die Haare durchkämmte. "Hellblau klingt gut" stimmte sie zu.
Sie begann einzelne Strähnen meiner Haare zu flechten und band sie an meinem Hinterkopf zu einem Zopf zusammen, bevor sie die restlichen Haare zu Kringeln aufwickelte und mit Haarnadeln befestigte. Ihre Hände waren geschickt und sie schien ganz genau zu wissen, was sie tat. Etwas unsicher wurde sie nur, als sie die Strähnen zu locken begannen, die lose von meiner Stirn hingen. "Sieht das doof aus?" murmelte sie, wobei ich mir nicht sicher war, ob sie mit mir oder mit sich selbst sprach.
"Nein, das sieht gut aus. Lass es ruhig so, wie es jetzt ist" meinte ich. Sie nickte mit einem misstrauischen Blick und drehte sich wieder zu ihrer Tasche, aus welcher sie kleine silberne Verzierung holte. Ich spürte etwas Druck an meinem Hinterkopf, während die die Dekoration anbrachte und war zu gespannt das Ergebnis zu sehen.
Ich lehnte mich etwas vor und zog einen Handspiegel vom Schminktisch, welchen Daphne dann hinter mich hielt, damit ich meine Frisur betrachten konnte. "Wow. Das ist wirklich beeindruckend Daphne. Wo hast du das gelernt?" fragte ich mit offenem Mund. Sie schob ihren Stuhl vor mich und erzählte: "Ich hatte einmal eine Muggelfreundin. Ihre Mutter war", sie überlegte einen Moment, "Kosmetikerin. Sie hat ihr Geld damit verdient, den Menschen die Haare zu machen und ihre Haut zu pflegen. Sie hat an uns oft neue Frisuren ausprobiert und uns damit auch vieles beigebracht".
Als sie das erzählte, hatte sie ein Lächeln auf den Lippen, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. "Was ist mir ihr passiert? Seid ihr immernoch befreundet?" fragte ich und merkte, wie sie sich verspannte. "Nicht der Rede wert" murmelte sie und strich mit dem Pinsel in die Lidschattenpalette. Ich beschloss, es dabei zu belassen und beobachtete, wie sie immer wieder zu verschiedenen Pinseln griff.
Nach einigen Minuten sah ich wieder absolut fassungslos in den Spiegel. "Ich habe keine Worte, um zu beschreiben, wie dankbar ich dir bin" seufzte ich und drückte ihre Hand kurz. Sie schmunzelte und schlug sich ihre Hand schnell vor den Mund. "Was?" fragte ich und musste auch schmunzeln. "Wenn Draco dich so sehen könnte, würde er weiche Knie bekommen" sagte sie mit abgewandtem Blick.
Ich riss die Augen auf. Mit dieser Antwort hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. "Denkst du das wirklich?" fragte ich leise. Sie nickte stumm und räumte ihre Tasche zusammen. "Welches Kleid wirst du anziehen?" wollte sie wissen und lief zu meinem Kleiderschrank. Seufzend stand ich auf und stellte mich hinter sie, um überfordert in meinen Kleiderschrank zu schauen. "Ich habe keine Ahnung" nuschelte ich und ging meine Optionen durch.
"Das hier. Ja - da bin ich mir ziemlich sicher" wählte ich und griff an einen der Kleiderbügel, um eine prächtiges hellblaues Kleid daraus zu ziehen. Ich hielt es an meinen Körper und drehte mich zu Daphne um. "Und wie findest du es?" fragte ich und grinste. Sie zögerte. "Zieh es an, dann kann ich dir mehr sagen" antwortete sie.
Ich hängte das Kleid an meiner Schranktür und zog mir meinen Morgenmantel aus, sowie die Klamotten darunter. Daphne half mir in das Kleid zu steigen und schloss schließlich meinen Reißverschluss. Wir drehten uns zum Spiegel zurück und das Ergebnis konnte sich definitiv sehen lassen. "Du bist wunderschön" hauchte Daphne und schlug sich die Hand vor den Mund. Ich grinste.
Auf einmal klopfte es und um ehrlich zu sein, habe ich ab diesem gehofft, dass es Draco war. "Herein" sagte ich laut und im nächsten Moment öffnete sich die Tür und Derrick trat hinein. Er schnappte erschrocken nach Luft und ich sah, wie sich Tränen in seinen Augen bildeten. "Ihre Eltern wären so stolz, wenn sie Sie sehen könnten" meinte er und ließ damit eine knappe Gänsehaut über meinen Körper huschen.
Doch er lag falsch. Ich spürte, dass Mum und Dad mich just in diesem Moment sahen. Denn sie waren immer bei mir, sie wachten über mich. Und vorallem heute, begleiteten sie mich. Sie schenkten mir Stärke. Mit ihnen an meiner Seite würde ich diesen Tag sicher überstehen.
Überarbeitet: 30.10.2020
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Die Eisprinzessin (Draco Malfoy FF)
FanfictionIhr Leben ist alles andere als magisch. Es ist kalt und vom Schicksal bis auf das Letzte geplant. Die junge Prinzessin von Castellia stürzt von einem Ereignis in das nächste und verliert dabei beinahe den Sinn für die Realität. Jedes Mal, wenn sie d...