Kapitel 9

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Was zuletzt geschah:

Jonas springt über seinen Schatten und erzählt seiner Kommilitonin Larissa, weshalb deren Verkupplungsversuche mit jungen Damen immer ins Leere laufen. Später springt er ins kalte Wasser, allerdings nicht, ohne zuvor Erik zu treffen, der sich von ihrer spontanen Begegnung wenig begeistert zeigt. Am Ende des Tages hat Jonas zwar ein Date, nur lautet der Name in seinem Terminkalender plötzlich ‚Dominik' und nicht ‚Erik'.

Kapitel 9

Es war nur ein Treffen. Nur ein Treffen. Zwei Leute, die Zeit miteinander verbrachten. Die lachten, wenn es gut lief und sich anschwiegen, wenn nicht. Nichts Besonderes. Er hatte das schon tausendmal gemacht.

Nur, dass das nicht stimmte. Jonas' inneres Mantra wurde von der Erkenntnis durchbrochen, dass er sich auf dem Weg zu seinem allerersten Date befand. Ein Date. Ein Treffen, mit der Absicht, sich besser kennenzulernen und bei Gefallen eine romantische Beziehung einzugehen. Mit einem Mann. Jonas war auf dem Weg zu einem Date mit einem Mann.

Unbewusst verlangsamte er seine Schritte, bis der Bus, der seiner Rechnung nach erst in drei Minuten hätte ankommen sollen, an ihm vorbeiraste, ein paar Passagiere auf die Straße schmiss, ein paar andere einsteigen ließ und abbrauste, bevor Jonas auch nur in die Nähe seiner Türen gekommen war. Fuck. Zu spät zum ersten Date. Er hätte kaum einen besseren ersten Eindruck hinterlassen können.

Die Pizzeria war gut besucht und Jonas froh, doch noch reserviert zu haben. Bevor er an den Tisch trat, an dem er Dominiks lockigen Kopf erspäht hatte, wischte er seine feuchten Hände an seiner Jeans ab, schluckte mehrmals, um den Geschmack nach trockener Pappe von seiner Zunge zu streifen und setzte ein hoffentlich überzeugendes Lächeln auf. „Hey. Sorry, dass ich zu spät bin."

„Kein Problem." Auch Dominik lächelte, aber Jonas hatte den Eindruck, dass es ein wenig bemüht wirkte. Die Grübchen, die ihm seit ihrem ersten Treffen im Kopf herumspukten, wollten nicht so recht hervortreten. „War ja nur eine Viertelstunde ..."

„Jaah, nochmal sorry deswegen." Verlegen rutschte Jonas auf den freien Sitz gegenüber Dominik. „Mir ist der Bus vor der Nase weggefahren und dann bin ich irgendwie eine Seitenstraße zu früh abgebogen und ..." Hilflos zuckte er mit den Schultern. „Berlin ist einfach zu groß für mich."

„Ich finde, man gewöhnt sich recht schnell daran. Und notfalls gibt es ja auch noch Google Maps."

Jonas nickte schuldbewusst. Offenbar hatte er Dominik mit seiner Verspätung gehörig auf dem falschen Fuß erwischt. „Dann, ähm ... Dann bist du auch noch recht frisch in Berlin?"

„Nein. Schon ein paar Jahre."

Jonas wartete darauf, dass Dominik von alleine fortfuhr und hakte er nach, als das nicht der Fall war. „Du bist also nich' erst fürs Studium hergekommen?"

„Nein."

Nervös glättete Jonas die Tischdecke vor ihm. „Sorry, is' das ... Trampel ich da grad auf 'nem blöden Thema rum?"

„Nein, wieso?"

„Oh, du warst nur ... Ich dacht' ..." Jonas schüttelte den Kopf und rief sich ins Gedächtnis, dass Dominik nicht Erik war. Wortkarg zu reagieren bedeutete nicht zwangsweise, nicht über etwas sprechen zu wollen. Vielleicht war das auch einfach Dominiks Art. „Schon gut, vergiss es. Kennst du Larissa schon länger?"

„Nicht wirklich."

„Aber ausreichend, damit sie dich mit nervigen Sprachnachrichten bombardiert."

Raupe im NeonlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt