Was zuletzt geschah:
Die Heimat hat Jonas wieder, mit all ihren guten und schlechten Seiten. Endlose Fragen kratzen an eiternden Wunden, endlose Waldläufe desinfizieren sie. Erik bleibt vorerst in Berlin zurück, dafür rufen Clemens und das Gebirge.Kapitel 27
Zurück im Dorf waren die Straßen frei von Schnee und Dunkelheit umhüllte die akkurat gepflegten Vorgärten. Nur die beiden Kegel des Scheinwerferlichts durchbrachen den idyllischen Frieden.„Danke fürs Mitnehmen", sagte Jonas, als der Wagen vor dem Haus seiner Eltern hielt.
„Ach, Quatsch", wehrte Clemens ab. „Es war eh noch ein Platz bei mir frei, du wohnst praktisch ums Eck und ich wollte sowieso mal wieder was mit dir machen. Der Skiausflug war also die perfekte Gelegenheit. Wie geht's dem Arm?"
„Scheißfantastisch." Neben dem obligatorischen Muskelkater, würde Jonas beim Aufwachen vermutlich ein gewaltiger blauer Fleck begrüßen. „Hätte nich' gedacht, dass ich so aus der Übung bin."
Clemens lachte. „War aber ein beeindruckender Sturz. Verflucht schade, dass das keiner gefilmt hat."
„Zum Glück is' nix weiter passiert. Wär verfickt peinlich geworden, wenn gleich die erste Abfahrt mit 'nem Krankentransport geendet hätte."
„Was nur mal wieder beweist, dass es ohne dich echt verflucht langweilig hier geworden ist."
„Deshalb wohnst du jetzt ja auch in München."
„Ist trotzdem nicht dasselbe."
Die beiden starrten aus dem Fenster auf die verlassene Straße. Irgendwo in der Ferne sprang ein Bewegungsmelder an und tauchte einen Teil des Gehwegs in kaltes Licht. „Ich sollt dann wohl endlich mal aussteigen." Jonas rappelte sich auf. „Also, bis demnächst mal ..."
„Willst du noch auf ein Bier mit zu mir kommen?", fragte Clemens plötzlich.
„Oh. Ähm ..." Jonas öffnete den Mund zu einer Ablehnung, zögerte dann jedoch. Wollte er wirklich den Rest seines Lebens vor seinem ehemals besten Freund weglaufen? Er sank zurück auf den Sitz. „Klar. Bier klingt gut."
Clemens grinste breit. „Yeah!"
Obwohl Jonas seit Jahren nicht mehr in Clemens' Haus gewesen war, fühlte es sich beinahe vertrauter an als sein eigenes. Im Eingang hingen dieselben Familienfotos, im Esszimmer stand noch immer die alte Eckbank mit den durchgesessenen, blauweißen Sitzbezügen und selbst die Biermarke war die gleiche, die sie schon mit dreizehn heimlich aus dem Kühlschrank stibitzt hatten.
Clemens reichte Jonas eine kühle Flasche. „Gehen wir in mein Zimmer? Da haben wir Ruhe."
„Isses denn noch ‚dein Zimmer'?", fragte Jonas neugierig. „Kein Gästezimmer oder so?"
„Nee, ich durfte nicht mal meine Poster von der Wand nehmen, um sie im Wohnheim aufzuhängen. Manchmal übertreibt meine Mutter echt."
Clemens hatte nicht gelogen. Anders als der Rest des Hauses, hatte sich sein Zimmer zwar verändert, seit Jonas das letzte Mal dessen Schwelle übertreten hatte, aber es war noch immer eindeutig seins. Keine Popstars an den Wänden, keine Einhornfiguren auf den Regalen. Dafür jede Menge Pokale und Medaillen diverser Sportveranstaltungen, ein paar Hanteln und natürlich der FC Bayern Schal, den Jonas ihm vor ein paar Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte.
Er deutete darauf. „Nich' mal den durftest du mitnehmen? Das is' ja scheißfies."
„Aber echt, oder?" Clemens ließ sich rücklings auf sein Bett fallen und bedeutete Jonas mit einer Geste, seinem Beispiel zu folgen. „Wie läuft's in Berlin?"
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Raupe im Neonlicht
RomanceDas Abitur frisch in der Tasche, entschließt sich Jonas, das beschauliche Dorfleben gegen die flitternden Lichter der Großstadt zu tauschen. In Zukunft soll Berlins Luft seine Lungen mit Feinstaub und Freiheit füllen. Zum ersten Mal auf sich selbst...