Was zuletzt geschah:
Stress! Alle wollen nach Berlin und das am besten gleichzeitig. Jonas freut sich auf seine Freunde, aber dass sich nun auch noch Clemens angekündigt hat bringt ungeahnte Komplikationen, nicht nur für Jonas' Wochenendplanung, sondern auch seine Beziehung. Dummerweise bleibt weder Zeit, die Wogen durch ein Gespräch noch mittels einer etwas körperlicheren Art der Kommunikation zu glätten und so kann er nur hoffen, die kommenden Tage irgendwie ohne größere Schäden zu überstehen.Kapitel 42
Gedankenverloren beobachtete Jonas Erik, der nun um dritten Mal ein und denselben Hemdknopf öffnete und schloss, weil ihm irgendetwas daran nicht passte.„Das sin' meine besten Freunde. Die werden dich nich' fressen."
Ertappt ließ Erik die Hände sinken, aber der Blick, den er Jonas über den Spiegel zuwarf wirkte nicht im Geringsten ermutigt. „Du hast es gerade selbst gesagt. Das sind deine besten Freunde. Natürlich bin ich da nervös."
„Jaah, versteh ich ja. Aber ehrlich, du könntest da nackt antanzen und ... okay, Maria fänd's beschissen, aber Maria findet am Anfang alles beschissen. Aber ehrlich, es is' absolut unmöglich, dass sie dich nich' mögen. Du hast doch sogar schon mit Christine gequatscht, ihr kennt euch also eigentlich sogar schon." Jonas schloss Erik in die Arme, fühlte das ruhelose Zucken seiner Muskeln, wie das einer Antilopenherde, die ein Löwenrudel wittert. „Lass uns einfach Spaß haben, ja? Meine Freunde sin' hier, Sophia is' hier, wir sin' hier. Die Voraussetzungen für 'nen klasse Abend sind quasi perfekt."
„Du hast ja recht." Dennoch seufzte Erik, folgte mit den Fingerspitzen dem Saum seiner Hemdsärmel.
Jonas überlegte, ihm zu versichern, sie ruhig hochkrempeln zu können, entschied jedoch gleich darauf, dass das nicht seine Angelegenheit war. Das Letzte, was er wollte, war noch mehr Druck auf Erik auszuüben. „Na komm. Packen wir's."
Sophia wartete in der Küche, die Hände im Schoß gefaltet, ihr geflochtenes Haar in der Nachmittagssonne glänzend, doch die Ruhe täuschte offensichtlich. Die Stelle ihrer Lippe, die dem beständigen Druck ihrer Zähne ausgesetzt war, war rot und geschwollen. „Seid ihr sicher, dass ihr mich dabeihaben wollt?"
Erwartungsgemäß erschien die schmale Falte zwischen Eriks Brauen. „Selbstverständlich wollen wir das. Was bringt dich auf den Gedanken, dass das nicht so ist?"
Zur Antwort zuckte Sophia mit den Schultern. „Ich will nur nicht stören. Jonas hat seine Freunde doch schon ewig nicht mehr gesehen. Ist es nicht schräg, wenn da jemand völlig fremdes dabeisitzt?"
Jonas musste nicht auf Eriks auffordernden Blick warten, um zu wissen, dass nun er an der Reihe war, Sophias Sorgen zu zerstreuen. „Nee, da brauchst du dir ja mal echt gar keine Gedanken zu machen. Die kommen alle aus 'nem winzigen Dorf und sind froh, mal Leute kennenzulernen, mit denen sie nich' verwandt sind." Das erhoffte Lächeln fiel gequälter aus als ihm lieb war. „Ernsthaft jetzt, wir sind sicher keine geschlossene Gesellschaft. Wär cool, wenn du mitkommst." Auf gut Glück ergänzte er: „Meine Schwester denkt übrigens drüber nach nächstes Jahr Psychologie zu studieren. Die freut sich bestimmt, wenn sie jemanden hat, mit dem sie drüber quatschen kann."
Wenigstens das zeigte Wirkung. Kaum merklich straffte Sophia ihre Schultern. „Dann müsst ihr aber noch zwei Minuten warten, ich muss total dringend pinkeln!"
Sobald sie außer Hörweite war, lehnte sich Erik zu Jonas. „Hm, irgendwie höre ich heute zum ersten Mal von Christines Interesse an Psychologie."
Jetzt war es an Jonas, mit den Schultern zu zucken. „Nachdem sie inzwischen ungefähr alles mal studieren wollte, is' das sicher auch dabei."
Jonas tat sein Bestes, gegen die aufsteigende Nervosität anzukämpfen. Es genügte, dass seine beiden Begleiter aussahen als ob sie lieber woanders wären, da musste er sich nicht noch anschließen, zumal es keinerlei Grund dafür gab. Naja, fast keinen. Christine und Nick würden Erik zweifellos in ihrem Kreis willkommen heißen, aber Maria war eine andere Geschichte. Bei ihr konnte Jonas nur auf einen letzten Rest Manieren hoffen, der sie von einem Kreuzverhör abhielt.
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Raupe im Neonlicht
RomanceDas Abitur frisch in der Tasche, entschließt sich Jonas, das beschauliche Dorfleben gegen die flitternden Lichter der Großstadt zu tauschen. In Zukunft soll Berlins Luft seine Lungen mit Feinstaub und Freiheit füllen. Zum ersten Mal auf sich selbst...