Was zuletzt geschah:
Die Hochzeit ist im vollen Gange, als ein unerwarteter Gast alte Erinnerungen und neue Hoffnung bringt. Während Marco einen Teil seiner lange verloren geglaubten Familie zurückerhält, entfernt sich Jonas immer weiter von seiner eigenen. Nicht nur von seinen Eltern, sondern auch der Graben zwischen ihm und Erik wächst. Spätnächtliche Worte prasseln wie lange überfälliger Sommerregen auf ihre Beziehung und klären die Luft – wenigstens zeitweise. Doch das reicht Jonas nicht. Er will auch seine Eltern erneut in seinem Leben haben. Dieses Verlangen wird so stark, dass er sein Herz über die Telefonleitung ausschüttet.Kapitel 50
Auf der Wohnzimmercouch lümmelnd, erfreute sich Jonas an Edith, die Mary wegen einer banalen Kleinigkeit zerfleischte. Wer hätte ahnen können, dass ihm Downton Abby so ans Herz wachsen würde? Noch etwas Gutes, das Erik in sein Leben gebracht hatte. Jonas fügte den Punkt seiner mentalen Liste hinzu, die er immer dann aufrief, wenn die Stimme in seinem Inneren drohte, seine Beziehung zu torpedieren.Nichtsahnend von dem stillen Kampf, den sein Freund ausfocht, hatte Erik den Kopf auf Jonas' Schoß gebettet und brummte selig, als dieser mit den Fingern durch seine langen Strähnen fuhr. Das Schellen der Türglocke zerriss die Idylle.
„Erwartest du jemanden?"
„Nee."
„Also muss ich aufmachen?"
„Japp."
Theatralisch seufzend erhob sich Erik. Bevor er zur Tür schlurfen konnte hielt Jonas ihn zurück, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken.
„Wie lange willst du das noch durchziehen?", fragte Erik amüsiert.
„Bis du mir sagst, dass ich nerv."
„Ah. Also nie."
Zur Antwort krallte Jonas die Finger fester in Eriks Hemdkragen, weigerte sich, ihn schon ziehen zu lassen. Anfänglich war er sich dumm vorgekommen, Eriks Nähe auf diese Weise zu erzwingen. Ihn zu küssen, wann immer einer von ihnen den Raum verließ, egal, ob ihm gerade danach war oder nicht, in Erik Arme zu kriechen, wenn dessen späte Heimkehr ihn weckte und stets ehrlich zu sein, ganz besonders dann, wenn er eigentlich das Gegenteil wollte.
Vermutlich hatte Erik genau gespürt, wie viel Überwindung Jonas diese Maßnahmen kosteten und dennoch mitgespielt. Am Ende waren sie für ihre Hartnäckigkeit belohnt worden. Stück für Stück eroberten sie sich die alte Vertrautheit zurück, die immer ein Stützpfeiler ihrer Beziehung gewesen war. Weniger selbstverständlich als früher, dafür stabiler.
Ein zweites Klingeln versetzte Erik in Bewegung, um dem unerwarteten Gast zu öffnen. Es dauerte einen Moment, dann hörte Jonas gedämpfte Stimmen. Ungewohnt lange dafür, dass Erik den Gast weder hereinbat, noch auf seinen Weg schickte, aber vermutlich hatten sie sich einfach einen besonders hartnäckigen Staubsaugervertreter eingefangen. Der Jonas nun davon abhielt Downton Abby weiterzugucken. Der Arsch.
Endlich schloss sich die Tür und Erik kehrte ins Wohnzimmer zurück.
„Wurd ja auch mal Zeit", motzte Jonas ihn an. „Los, lass endlich die Folge weiterlaufen." Als sich Erik weder setzte noch auf Play drückte, blickte er misstrauisch auf. „Was is' los?"
„Dein Vater ist hier."
„Was?"
„Er sagt, er möchte mit dir sprechen. Ich habe ihn gebeten, vor der Tür zu warten, bis ich dich gefragt habe, ob du das auch willst."
„Wie ... Warum ..." Ächzend barg Jonas das Gesicht in den Händen. Er fürchtete den Auslöser für den Besuch zu kennen. „Ich hab zuhause angerufen. Neulich. Nachdem wir von der Hochzeit zurück waren."

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Raupe im Neonlicht
RomansaDas Abitur frisch in der Tasche, entschließt sich Jonas, das beschauliche Dorfleben gegen die flitternden Lichter der Großstadt zu tauschen. In Zukunft soll Berlins Luft seine Lungen mit Feinstaub und Freiheit füllen. Zum ersten Mal auf sich selbst...