Kapitel 53

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Was zuletzt geschah:
Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt, aber irgendwann muss sie halt trotzdem den Löffel abgeben. Jonas fürchtet, dass dieser Zeitpunkt gekommen ist. So sehr er sich auch bemüht, die Haltung seiner Mutter bleibt unverändert und der Preis, den er, Erik und der Rest der Familie dafür zahlen wiegt jeden Tag schwerer. Am Ende muss er sich die Frage stellen, ob es das wirklich wert ist.

Kapitel 53
Besorgt blickte Jonas aus dem Fenster. Schneetreiben hüllte die Welt in Watte, so dicht, dass selbst die gegenüberliegenden Häuser nicht länger zu erkennen waren. „Du schreibst mir, wenn du da bist, ja?"

„Natürlich", beruhigte ihn Erik. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich fahre vorsichtig und melde mich bei dir, sobald ich in Stuttgart angekommen bin."

„Okay ... Und du kommst heute Abend zurück?"

„Aber ja. Ich verbringe ein paar Stunden bei meiner Tante, schau mal im Tässchen vorbei und dann mache ich mich auch schon wieder auf den Rückweg. Bestimmt bin ich noch vor dir wieder hier." Mit einem sanften Lächeln schloss Erik Jonas in die Arme. „Lass den Kopf nicht so hängen. Es sind doch nur ein paar Stunden und noch dazu eine gute Gelegenheit, Zeit mit deiner Familie zu verbringen, ohne, dass ich dabei im Weg bin."

„Ich würd lieber Zeit mit dir verbringen", murrte Jonas. Mit jeder Minute, die der Abschied näher rückte schrumpfte sein Interesse daran, Heiligabend bei seinen Eltern zu hocken.

„Das wirst du auch. Nur heute nicht."

„Okay, okay!" Jonas schob Erik von sich. „Ich benehme mich jetzt wie 'n Erwachsener, geb dir 'nen Abschiedskuss und harre der Dinge, die da kommen." Und genau das tat er dann auch.

Jonas hätte die Hupe seines alten Autos unter Hunderten herausgehört. Normalerweise liebte er ihr klägliches Quietschen, das wie der letzte Hilferuf vor dem endgültigen Zusammenbruch klang, doch jetzt gerade riss sie ihn aus dem Dämmerschlaf, in den er vor seiner Nervosität geflüchtet war. Widerwillig strampelte er sich die Decke von den Beinen, schlüpfte in seine Jacke und sprintete zum wartenden Wagen. Christine hatte es sich hinter dem Steuer gemütlich gemacht und klopfte im Takt irgendeines Songs, den er noch nie gehört hatte gegen das Lenkrad. „Du hättest dir ruhig die Mühe machen können zu klingeln", meckerte er sie an.

„Sorry, Brüderchen."

„Faules Stück."

„Gib schon zu, dass du mich einfach überreden wolltest, noch ein Weilchen hier zu bleiben, anstatt gleich zu Mama und Papa zu fahren."

„Und?" Jonas spreizte die Finger in einer Geste absoluten Unverständnisses. „Wäre das so verwerflich gewesen?"

Christine lachte. „Nope, aber wenn ich mich darauf eingelassen hätte, wären wir wahrscheinlich gar nicht mehr gefahren." Ihr Lächeln flackerte. „Ich wollte dich noch fragen ..." Sie schien zu überlegen, wie sie ihre Gedanken formulieren sollte. „Seien wir mal ehrlich, das letzte Essen lief nicht besonders gut."

„Jaah", sagte Jonas langsam. „So könnte man's wohl ausdrücken."

„Ich will nur, dass du weißt, dass ich auf deiner Seite stehe. Immer. Und wahrscheinlich hätte ich letztes Mal etwas sagen sollen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, du willst nicht, dass ich mich zu sehr einmische. Deshalb wollte ich nur mal fragen, wie ich mich verhalten soll, sollte das Thema aufkommen."

Jonas senkte den Blick. „Ich will nich', dass ihr wegen mir streitet."

„Das tun wir nicht!", erwiderte Christine bestimmt, nur um gleich darauf einzulenken. „Also, natürlich irgendwie schon, aber es ist nicht deine Schuld. Warte ... Ich glaube, das habe ich dir neulich schon gesagt."

Raupe im NeonlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt