Kapitel 30

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Was zuletzt geschah:
Berlin hat Jonas wieder und seine Rückkehr hätte schlechter laufen können. Mit neuer Kraft und Zuversicht kittet er Freundschaften und bringt Farbe in sein und das Leben seiner Nachbarn. Auch Erik kommt dabei nicht zu kurz. Leider sind nicht alle von dieser Veränderung begeistert ...

Kapitel 30
WUMM!

Stöhnend warf Jonas einen Blick auf sein Handy. Zwei Uhr morgens. Das bedeutete, die nachbarschaftlichen Ärsche traten nun seit drei Stunden pünktlich alle dreißig Minuten fest genug gegen seine Tür, um ihn aus dem Schlaf zu reißen. Seine anfängliche Hoffnung, sie könnten sich bald langweilen und aufhören, schrumpfte zunehmend – das Stimmengewirr und die Musik, die ebenfalls zu ihm schallten, sprachen dafür, dass er ein unterhaltsamer Party-Gag war. Wenn er Pech hatte, hielten sie ihn die gesamte Nacht wach.

Jonas war bis auf die Knochen erschöpft, aber bei dem Gedanken, in weniger als einer halben Stunde erneut aus dem Schlaf gerissen zu werden, begann sein Herz zu rasen und sein Hirn flutete seinen Körper mit Stresshormonen. Frustriert wälzte er sich aus dem Bett. Weiter hier rumzuliegen, würde seine Situation nicht verbessern.

Du, 02:07
meine nachbarn sind scheiße. komme ins tix.

Jonas schlüpfte in seine Klamotten und verstaute Schlüssel, Handy und Geldbeutel in seiner Hosentasche. Angespannt blickte er durch den Türspion. Im Moment war niemand zu sehen, die gegenüberliegende Tür verschlossen, nur die Musik, die daraus hervordrang unverändert laut. Jonas griff nach der Klinke und machte sich bereit.

Schwungvoll riss er die Tür auf und sprintete über den Flur, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Vielleicht waren seine Nachbarn harmlose Vollidioten, die ihm nur einen Schrecken einjagen wollten. Vielleicht waren sie mehr als das. Er hatte keinerlei Interesse, das herauszufinden.

Schwer atmend erreichte er das Tix, zahlte murrend den Eintritt und etwas weniger murrend den Preis für eine Cola. Auch hier war die Musik laut, aber wenigstens entsprach sie seinem Geschmack und niemand kam auf die Idee, ihm alle halbe Stunde gegens Schienbein zu treten. Er erspähte einen freien Platz auf einem der Ledersofas am Rand der Tanzfläche und verlor keine Zeit, ihn sich zu sichern. Erik hatte seine Nachricht noch nicht gelesen.

Die Bässe dröhnten durch Jonas' Kopf wie durch Watte, die Flasche in seiner Hand wurde schwerer und schwerer, bis er sie abstellte. Seine Augen fielen zu, sein Kinn sank auf seine Brust. Plötzlich schienen weder die Musik, noch die fröhlich feiernden Menschen um ihn herum besonders wichtig zu sein.

Jemand rüttelte an Jonas' Schulter. Er schreckte auf, versuchte, Abstand zwischen sich und den Fremden zu bringen.

„Shh, ich bin's."

Jonas blinzelte, brauchte einen Moment, um seine Orientierung wiederzufinden. Vor ihm kniete Erik, ein mitfühlendes Lächeln auf den Lippen. Richtig. Er war im Tix. War er eingeschlafen? Der Raum war leer und hell erleuchtet. Im Hintergrund stand der glatzköpfige Türsteher, der Jonas schon an seinem ersten Abend im Tix aufgefallen war und hielt ein wachsames Auge auf die Situation.

„Ich hab dir 'ne Nachricht geschrieben", nuschelte Jonas schlaftrunken.

„Weiß ich", erwiderte Erik. „Ich hatte dich schon vor einer halben Stunde auf dem Sofa entdeckt, aber ich wollte dich nicht wecken. Ist nicht so, als hätte ich dir auf die Schnelle einen besseren Platz anbieten können." Er streckte die Hand aus. „Na komm, lass uns erstmal zu mir fahren."

„Ich sperr dann alles ab", sagte der Türsteher zu Erik.

„Danke, Tom. Komm gut nach Hause."

„Du auch. Gute Nacht."

Im Halbschlaf schleppte sich Jonas in die Garage und zu Eriks Ford, wo er wortlos auf den Beifahrersitz rutschte. Den Kopf gegen das kühle Glas der Seitenscheibe gelehnt, schickten ihn das leise Brummen des Motors und die kontinuierliche Vibration beinahe zurück ins Reich der Träume.

Raupe im NeonlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt