Kapitel 48

466 39 5
                                    

Was zuletzt geschah:

Jonas hat es getan. Nach unzähligen durchwachten Nächten, Selbstzweifeln und Rückziehern in letzter Minute, gesteht er seinen Eltern, sich in einen Mann verliebt zu haben. Sich überhaupt nur in Männer zu verlieben. Doch alles, was er für seinen Mut erntet ist Unverständnis und die Drohung, jede finanzielle Unterstützung zu verlieren, sollte er sich nicht von Erik lossagen.

Kapitel 48

Jonas blinzelte in die Oktobersonne. Unter ihm ruckelte er Zug, draußen zogen Bäume vorbei und seine Uhr verriet, dass sie ihr Ziel in nicht einmal zwei Stunden erreichen würden. Er hatte einen wesentlichen Teil der Fahrt nach Stuttgart verschlafen, war nun allerdings hellwach. Was man von Erik nicht gerade behaupten konnte, dessen Gewicht Jonas gegen das Zugfenster quetschte.

Früher war er überzeugt gewesen, außergewöhnlich tief zu schlafen, doch Erik hatte ihn eines Besseren belehrt. Weder das Holpern des Zugs, noch die Sonne, nicht einmal der lautstark hinter ihnen telefonierende Kerl schafften es, Erik aus seinen Träumen zu reißen. Genauso wenig wie die Aussicht, in wenigen Stunden Zeuge der Hochzeit seines Exfreunds zu werden.

Der Zug verlangsamte sich, als er in den Bahnhof einfuhr und kam schließlich vollständig zum Stehen. Die ersten Fahrgäste strömten vom Waggon auf den Bahnsteig. Jonas betrachtete hingegen seufzend Erik, der noch immer keine Anstalten machte aufzuwachen. Bis er ihm in die Wange kniff.

„Au!"

„Sorry, aber anders kriegt man dich ja nich' wach. Los komm, ich hab nämlich keine Ahnung, wo wir langmüssen."

Noch verschlafen, aber immerhin auf dem Bahnsteig angekommen, drehte sich Erik einmal um die eigene Achse und musterte die Beschilderung. „Ah, so ganz sicher bin ich mir da auch nicht. Bisher musste ich nie zum Parkhaus."

„Dann lasst mich euch führen."

Überrascht von der vertrauten Stimme wirbelten Erik und Jonas herum. Hugo, ein alter Freund von Erik und einer der beiden Besitzer des Cafés, das Jonas bei seinem letzten Stuttgartbesuch zu schätzen gelernt hatte stand keine zwei Meter entfernt. Breit grinsend winkte er ihnen zu. „Drago und Marco stecken noch bis zum Hals in den Vorbereitungen, deshalb hat mein reizender Ehemann mich dazu verdonnert, ähm, ich meine, mir die ehrenvolle Aufgabe übertragen, euch abzuholen."

„Wir hätten uns auch ein Taxi nehmen können", wandte Erik ein, aber Hugo schüttelte resolut den Kopf.

„Macht euch nicht lächerlich! Bis da raus kostet das ein Vermögen. Jetzt kommt aber erstmal her!" Mit kräftigen Armen zog Hugo die beiden an seine Brust. Der feine Duft nach frischer Butter und Gurken, der von ihm ausging, weckte Jonas' Appetit.

„Ihr übernehmt das Catering, oder?"

„Genau. Und ich wäre euch beiden echt dankbar, wenn wir einen kurzen Umweg zum Tässchen machen könnten, um noch ein paar Sachen einzuladen. Wir stecken mitten im Aufbau und allmählich wird die Zeit knapp, jedenfalls sofern ich auch bei der Trauung anwesend sein soll."

„Kein Problem", versicherte Erik.

Eifrig nickend ergänzte Jonas: „Sag uns einfach, wie wir helfen können."

„Ich würde dieses Angebot gerne großzügig ausschlagen, aber wenn bis heute Nachmittag alles stehen soll, muss ich wohl oder übel darauf zurückgreifen." Hugo führte sie zu dem Transporter mit Marcos Firmenlogo, der ihm augenscheinlich für den Tag überlassen worden war. Die Tiefgaragenschranke hatte sich noch nicht hinter ihnen gesenkt, da war Erik bereits erneut eingeschlafen. Amüsiert betrachtete Hugo ihn im Rückspiegel. „Lange Fahrt für euch, was?"

Raupe im NeonlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt