Komplikationen

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Sicht Jana:

Im Vorbereitungsraum des OP-Saals angekommen, wurde ich auf die sterile OP-Liege gelegt. Danach setzte mir der Anästhesist eine Maske mit dem Narkosemittel auf, welches ich einatmen sollte. Plötzlich bekam ich Panik, da vor meinem inneren Auge mein Vater auftaucht, welcher eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Notarzt aufwies.... War der Notarzt mein Vater??? Plötzlich schreckte ich hoch, riss mir in der Panik den Zugang sowie das EKG ab und sprang auf.

Sicht Alexander:

Kurz nachdem Jana im OP-Vorbereitungsraum war, läutete mein Pieper. Schnell lief ich zum Ausgang und setzte mich auf den Beifahrersitz. Franco der schon saß, startete den Motor und wir fuhren zu einem Patienten der Verdacht auf einen Myokardinfarkt, also einen Herzinfarkt hat. Muss das jetzt sein? Naja, kann man jetzt auch nicht ändern,

Nach einer Fahrt von 8 Minuten kamen wir am Einsatzort an. Wir beide sprangen aus dem Auto und liefen zum Patienten. Die Sanitäter, die schon vorher da waren, reanimierten gerade die ältere Frau. Der Mann stand kreidebleich daneben. Franco löste Benjamin, also die Rettungswagenbesatzung kam von unserer Wache, von der Reanimation ab.

Ich legte in der Zwischenzeit schnell einen intravenösen Zugang wodurch ich ASS (=Acetylsalicylsäure), Betablocker und Morphin spritzte. Die EKG-Pads klebten schon an seinem Brustkorb. Während ich ihr die Medikamente verabreichte und nochmal den Puls fühlte, bekam die Frau von Omar eine Nasensonde für die Sauerstoffzufuhr.

Plötzlich meldete sich Frano: "Alex, Tachykardie. Ist ein unregelmäßiger schmaler QRS-Komplex."
"Okay, dann noch einmal Betablocker, Diltiazem und Amiodaron."

Franco gab mir die drei Spritzen, die ich nacheinander in den Zugang spritzte. Nach fünf Minuten wurde es immer noch nicht besser und sie rutschte schließlich ins Kammerflimmern. Jetzt heißt es nur Defibrillation.

"Alex es hat keinen Zweck mehr." meinte schließlich Franco.

Nach über 10 Minuten, defibrillieren und reanimieren mit der Hand. Erfolglos. In dem Moment stellte ich mir nicht die Frau vor, sondern Jana, welche vor mir liegt.

Bevor wir das weiße Laken über die Frau legten, zogen wir den Tubus, welchen ich zuvor noch gelegt hatte raus, genauso wie den Zugang. Dann legten wir das Laken über sie und ich sagte dem Ehemann Bescheid, welcher daraufhin zusammenbrach.

"Leute, bewusstloser Mann durch Schock! Ich brauch euch hier!"

Meine Kollegen kamen schnell angerannt und gemeinsam kümmerten wir uns um ihn. Kurze Zeit später war er wieder unter uns.

"Danke, dass sie so schnell hier waren und alles Mögliche getan haben.", sagte der Mann schließlich mit leiser aber deutlicher Stimme.

"Das ist unser Job." lächelte ich ihn schließlich an.

"Trotzdem vielen Dank."

Ohne der Frau fuhren wir zur Wache, endlich Feierabend!

Ich fuhr, nachdem ich an der Wache angekommen bin, mit meinem Auto sofort in die Klinik.
Ich wollte schließlich unbedingt wissen, wie es Jana geht.

An der Anmeldung traf ich auf Gisela: "Hallo Gisela, gibt's was neues von Jana?"

"Sie wird noch operiert, Alex."

Mit gesenktem Kopf lief ich zu einem der Klappstühle, welche auf dem Gang standen und setzte mich. Meinen Kopf legte ich in meine Hände und dachte nochmal ganz genau nach, wie es vor sechs Jahren war.

Die Zeit, wo meine kleine Maus entführt worden ist. Sie spielte im Garten, ich wollte nur schnell ein Eis holen, da es ein sehr heißer Sommertag war. Als ich dann wieder kam, sah ich meine kleine Maus nicht mehr, sondern nur die Schaufel, mit der wir beide eine Sandburg gebaut hatten. Die Polizei hatte sie nie gefunden und dann war sie für tot erklärt worden, aber dies glaubte ich nie. Ihre Mutter hatte sie kurze Zeit nach der Geburt im Stich gelassen. Sie meinte sie könnte sie nicht großziehen und somit hatte ich das alleinige Sorgerecht für die Kleine. Früher dachte ich, dass meine damalige Frau Lilly sie entführt hat, aber laut Polizei starb sie drei Jahre zuvor an einem Autounfall.

Ich war so froh, dass meine Freunde zu mir standen. Immerhin hatte ich gerade mein Abitur gemacht und wollte studieren. Aber das klappte ja alles. Manchmal frage ich mich echt, wie ich das geschafft habe.

Durch ein scheppern wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Eine wacklige Patientin stolperte über den Infusionsständer und fiel dann hin.

Es verging noch eine weitere Stunde und dann kam Debbie raus...

Als ich Debbie sah, sprang ich von meinem Stuhl auf und fragte wie die OP verlaufen ist.

"Es tut mir Leid Alex, aber bei der Operation gab es Komplikationen, sodass die Maus morgen nochmal operiert werden muss. Wir haben ihr jetzt Beruhigungsmittel gegeben und bringen sie auf Station."

Nach dieser Nachricht, musste ich erst einmal schlucken.

Da Debbie mir sagte, dass sie Beruhigungsmittel bekommen hatte und jetzt endlich mal schlief, fuhr ich kurz nach Hause und holte ihren geliebten Plüsch Teddy. Wenn sie ihn erkennt, muss es meine Tochter sein.

Gesagt getan. Mit dem braunen Teddy bewaffnet, fuhr ich mit meinem schwarzen BMW 116d wieder ins Krankenhaus. Bei Gisela angekommen, fragte ich nochmal nach Janas Zustand. Unverändert.

Gerade auf der Station angekommen, auf der Jana liegt, lief sie prompt gegen mich. Reflexartig hielt ich sie fest, sodass sie nicht abhauen konnte.

"Jana was ist los? Ich bin's Alex, der Notarzt von vorhin. Alles ist gut."

Jana antwortete nicht, sie sah mich nicht mal an.

Mit meiner rechten Hand, griff ich unter ihr Kinn, sodass sie mich ansehen musste.

"Alles ist gut, ich trage dich jetzt in dein Zimmer, denn du darfst auf keinen Fall laufen. Wir wollen ja nicht das du gelähmt bist oder sogar stirbst, hmm?"

Sie schaute mich nur an. Schnell aber vorsichtig hob ich sie im Brautstyle hoch und lief mit ihr ins Zimmer. Dort legte ich sie vorsichtig auf ihrem Bett ab, aber sie klammerte sich in meine Dienstjacke, welche ich ja noch immer an hatte.

"Alles gut Kleine. Ich gehe nicht okay. Ich bleib bei dir."

Ich beugte mich zu ihrem Bett runter und legte sie behutsam darauf ab. Ihre Hände löste ich dabei sachte von meiner Jacke.

Ich holte mir anschließend einen Stuhl, welcher in der Nähe des Bettes stand und setzte mich darauf.

"Schau mal, ich hab dir was mitgebracht."

Sie schaute mich nur fragend an, bis ich den Teddy, welcher gerade noch auf meinem Schoß lag in den Händen hielt.

Sie schaute mich geschockt an, hielt mir die Hand hin und fing an zu weinen.

Ich stand blitzschnell auf, gab ihr den Teddy, setzte mich auf das Bett und zog ihren Oberkörper zu mir, sodass ich sie trösten konnte.

Sicht Jana: Girlfriend1998
Sicht Alexander: Juma005

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