Eden Jamerson geht auf die Riverdale High und arbeitet mit Jughead und Betty bei der "Blue & Gold". Als Jason Blossom ermordet aufgefunden wird, wittert Eden die große Story. Sie setzt alles daran, den Mörder zu finden und gerät auf eine falsche Spu...
Der nächste Morgen unterscheidet sich durch nichts von denen davor. Ich komme zu spät, Archie steckt mir ein dick bestrichenes Sandwich zu und Jughead stößt mit mir zusammen, weil er vor mir in den Klassenraum will. Sogar im Verspäten sind wir uns ähnlich. Business as usual.
Ich sitze schräg hinter ihm in der letzten Reihe und verstecke mich hinter meinem Mathebuch, um in Ruhe zu frühstücken. Der Unterricht vergeht quälend langsam und ohne meine, notentechnisch dringend notwendige, Mitarbeit. Zum ersten Mal fällt mir Jasons Fehlen auf. Wo steckst du? Und was steckt dahinter? Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen, weil ich über Veronicas Mutter und den Serpent-Kerl nachgedacht habe. Sie haben so vertraut gewirkt. So, als würden sie sich kennen. In der Stadt verändert sich etwas. Es liegt in der Luft. Ich habe es auf dem Heimweg gespürt und ich spüre es jetzt. Mein Blick gleitet zu Jughead. Wenn wir uns in allem so ähneln, spürt er es vielleicht auch. Doch er starrt bloß auf dem Fenster und hängt seinen eigenen Gedanken nach.
Während der Mittagspause gibt es eine weitere Durchsage. Schon als das vertraute Knacken ertönt, sehe ich zu Cheryl. Das heißt, ich will zu ihr sehen, aber sie ist nicht da. Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen. In Riverdale passiert nichts Schlimmes. Das passt einfach nicht ins Bild.
„Leider habe ich die schwere Aufgabe, euch, der Schülerschaft der Riverdale High, eine traurige Nachricht zu überbringen. Jason Blossom wurde heute morgen tot aus dem Sweetwater River geborgen."
Mein Herz setzt aus. Betty greift nach meiner Hand. In der Cafeteria herrscht mit einem Mal geisterhafte Stille. Blicke irren umher, suchen Cheryl und finden sie nicht. Ihre Abwesenheit ist Bestätigung genug. Jason Blossom ist tot. Die Stadt, in der nie etwas passiert, hat jetzt eine Leiche.
„Der Unterricht ist für heute beendet. Die Vetrauenslehrer sind noch bis zum Schulschluss und an allen anderen Tagen der Woche für euch da. Wenn ihr den Wunsch habt, mit jemandem zu sprechen, könnt ihr sie in ihren Büros aufsuchen."
Ich lasse mein Tomatensandwich sinken. Das erste Mal seit Wochen, dass Jug und ich uns ansehen und uns nicht direkt einen blöden Kommentar an den Kopf werfen. Das erste Mal, dass weder er noch ich wissen, was wir sagen sollen. Wir sind erschüttert.
„Oh mein Gott", Kevin ist der Erste, der seine Stimme wiederfindet, „ich wusste es!"
Ich reagiere wie ferngesteuert. Stehe auf, nehme meine Tasche und räume mein halbvolles Tablett in einen der dafür vorgesehenen Rollwagen. Mit eiligen Schritten durchquere ich die Cafeteria, in die langsam wieder Leben eingekehrt, und laufe den Flur hinunter. Ich weiß nicht recht, ob ich davonlaufe oder auf ein neues Ziel zu. Ob es mich wirklich berührt oder ob ich es nur akzeptiere, so wie man den Tod eines Menschen akzeptiert, zu dem man keinerlei Verbindung hatte. Es ist schlimm, ja, und Cheryl tut mir leid, aber werde ich um Jason Blossom weinen?
„Eden! Warte!"
Betty ist mir gefolgt und holt mich ein.
„Was ist?"
„Bitte schreib nicht darüber", sie packt mich am Arm, „noch nicht. Bitte."
Für einen Moment bin ich sauer, dass sie das von mir verlangt. Sie weiß, dass ich das nicht kann. Ich kann die Gelegenheit nicht einfach verstreichen lassen. Die Geschichte passiert jetzt. Ich will aktuell sein. Außerdem muss ich es aus meinem Kopf bekommen. Am liebsten sofort.
„Wer weiß, wer das getan hat. Und wen du damit gegen dich aufbringst", zischt sie besorgt, „lass das die Polizei machen."
„Niemand weiß, wer das getan hat, Betty. Keiner wird uns sagen, wie das passiert ist. Das ist ja der Punkt", erwidere ich, „ich könnte recherchieren."
Sie schüttelt den Kopf.
„Auf keinen Fall. Auf gar keinen Fall, Eden!"
Ich sollte es für heute gut sein lassen. Ihre Bettelei geht mir auf die Nerven und ich will mich nicht streiten.
„Ich gehe jetzt nach Hause", schlage ich ihr vor, „aber ich bleibe an der Sache dran."
Sie nickt widerwillig. Ich halte Wort. Ich kann auch von zuhause aus Informationen sammeln. Aber je weiter ich mich vom Trubel in und um der Schule entferne, desto stechender werden meine Magenschmerzen. Die anderen sitzen jetzt noch zusammen und reden über Jason. Ich kann es nicht leiden, etwas zu verpassen. Aber es muss sein. Ich halte es kaum aus, mir sein Gesicht vorzustellen. Wir kannten uns gar nicht. Haben wir je miteinander geredet? Ich erinnere mich nicht.
Als ich nach Hause komme, ist Dave ebenfalls dort. Er nimmt mich ohne Vorankündigung in den Arm und drückt mich an sich. Solche Gesten sind bei uns nicht unbedingt an der Tagesordnung. Er will, dass ich mich sicher fühle und er will den Tod von mir fernhalten, aber das wird ihm niemals vollständig gelingen. So funktioniert das mit dem leben nicht.
„Es geht mir gut", versichere ich und mache mich von ihm los, „wir wurden nach Hause geschickt."
„Jason Blossom ist tot", er deutet auf den Fernseher, „ich habe es eben in den Nachrichten gesehen."
„Wie ist er gestorben?"
„Das wurde nicht gesagt", sagt er, „und das sollte dich auch nicht interessieren, Eden."
Ich verdrehe die Augen und hole mir Saft aus dem Kühlschrank, bevor ich mich in meinem Zimmer einschließeund beginne, alle bekannten Nachrichtenseiten abzusuchen. Ich muss mehr wissen. Aber es findet sich nicht mehr als das, was ich schon weiß. Toll. Frustriert schließe ich den Browser. Meine Magenschmerzen werden auch nicht besser. Ich geselle mich zu meinem Onkel, der im Keller an der Hantelbank trainiert.
„Wo haben sie ihn gefunden?", frage ich im Plauderton, auf der Treppe sitzend.
„Eden!"
„Jetzt sag schon!"
„Am Ufer des Sweetwater Rivers. Richtung Fox Forest. Aber du wirst nicht -"
„Nur kurz. Nur ganz ganz kurz!", ich springe auf, renne die Treppe hinauf und suche in der Garage nach meinem Rad. Die Ortsangabe ist konrekter als alles, was ich zuvor hatte. Ich bin so energiegeladen, dass ich heftiger in die Pedale trete. In Sportleggins, ungewaschener Sweatshirtjacke und mit wüstem Dutt jage ich die Straße entlang. Wir kannten uns nicht gut, Jason, aber ich bin gewillt, diesen Fall zu lösen. Im Namen der Gerechtigkeit. Und der Blue&Gold.
Das gelbe Absperrband ist unübersehbar. Ich werfe mein Rad ins Gras und laufe hinunter zum Ufer. Ich bin allein. Hier wurde er also gefunden. Ich knipse einige Fotos, ehe ich die Umgebung erkunde. Verrückt. Ich war mir so sicher, dass das nicht passieren würde. Das in Riverdale niemand ermordert wird. Und wir waren oft hier, genau an diesem Ufer, an dem die Steine flach ins Wasser gehen.
Nachdenklich starre ich auf den aufgewühlten Fluss hinaus. Unterschiedliche Szenarien spielen sich wie Kurzfilme in meinem Kopf ab. Irgendetwas Schreckliches ist passiert. Und ich werde herausfinden, was.
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