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Rest in Peace

Jughead drückt auf die Leertaste und die Aufnahme pausiert.

„Was machst du?!", ich strecke den Zeigefinger nach der Tastatur auf, doch er schiebt den Laptop einige Zentimeter zurück.

„Sollen wir uns das wirklich angucken?", fragt er in die Runde. Alle scheinen mich anzusehen, als läge die alleinige Entscheidungsgewalt plötzlich bei mir.

„Ja!", für mich besteht daran keinerlei Zweifel, „sie waren es nicht, Jug. Und dieses Video wird das beweisen."

„Wie kannst du dir so sicher sein?", fragt er. Jetzt zweifelt er auch noch? Wir waren uns doch einig. 

„Drück auf play, verdammt!"

Ich presse mir eine Hand auf den Bauch und spüre die warme Nässe, die durch das dünne Hemd sickert. 

„Alles okay?", fragt Toni mich besorgt.

„Ja. Bitte, Jug, vertrau mir!"

Die Überzeugung ist gespielt. Ich habe keinen blassen Schimmer, wo ich sie hernehme, aber ich möchte, dass sie auf die anderen überspringt. Ich sehe dabei zu, wie Jug das Video erneut startet. Ich kann nur Dave anstarren. Es ist derselbe, der mir Suppe gekocht und mich das Haus hat aussuchen lassen, in dem wir wohnen. Der mit Fred und Hal am Grill gestanden hat, während Betty, Archie und ich durch den Garten liefen und unsere neuen Wasserpistolen ausprobierten. Der, der nach den Terminen bei der Kinderpsychologin auf mich wartete und mich auf Eis einlud. Der mich nie fragte, wenn ich nicht von mir aus erzählen wollte. Da steht er. In einem Raum, in dem ich ihn nie vermutet hätte. Zusammen mit Menschen, zu denen ich nie eine Verbindung hergestellt hätte. Ich muss an vieles denken, als die Aufnahme immer weiterläuft und die drei sich angespannt unterhalten. Längst verblasste Erinnerungen, die plötzlich wieder klar sind.

FP und Dave diskutieren mit Jason. Das Video hat keinen Ton und ich konzentriere mich angestrengt auf ihre Münder. Sie sehen nicht wütend aus, eher besorgt. Hin und wieder gestikulieren sie wild. Dann öffnet sich die Tür schwungvoll.

„Was ...", Archie steht der Mund offen. Clifford Blossom. Clifford schließt die Tür hinter sich und dann wendet er sich FP und Dave zu, die sich schützend vor Jason aufbauen, dem man trotz der schlechten Bildqualität die nackte Angst ansieht. Ich will wegschauen, doch ich kann nicht. Die Pixel tanzen vor meinen Augen. Sie flimmern im Takt meines Atems.

Sweet Pea saugt zischend den Atem ein. Wir denken wohl alle dasselbe, aber wer würde es schon glauben wollen? Wir müssen es mit eigenen Augen sehen.
Clifford Blossom redet auf Dave und FP ein. Ich kann seine schneidende Stimme beinahe hören. Dave verzieht das Gesicht und erwidert etwas, aber kurz darauf verlässt er den Raum. FP folgt ihm. Wie können sie Jason mit diesem Mann alleine lassen?

Ich schließe die Augen. Ich brauche keinen Ton, um zu wissen, was passiert. Als ich meine Augen wieder öffne, ist es vorbei.

Ich sehe Jason zu Boden sinken und mich auf den Boden des Flures fallen. Ich sehe Clifford Blossom mit Dave in unserer Küche stehen, ihn mich bedrohen. Sehe mich mit den Blossoms beim Abendessen sitzen. Jason liegt in einer Blutlache. An diesem Fleck habe ich eben noch gestanden und nach Beweisen gesucht. Ich sehe Cheryls tränengeflutete Augen. Sehe nur die Waffe, mit der auch auf mich geschossen worden ist. Ein ganzer Film läuft vor meinem Inneren ab. Er hat mich gewarnt. 

Lag es die ganze Zeit auf der Hand? Warum war ich so blind? 

Clifford beugt sich über ihn und steckt die Waffe ohne die Miene zu verziehen zurück in sein Jackett. Ich höre das angestrengt ruhige Atmen meiner Freunde, höre mein eigenes ungläubiges Japsen.