Ich führe eine Pro- und Contraliste. Die klassische Entscheidungshilfe. Unter der wenig geheimnisvollen Überschrift „Southside Serpent werden" sammle ich sämtliche Punkte, die dafür oder dagegen sprechen. Eine Gang ist immer für dich da. Sie sind Familie. Ein Pluspunkt. Dagegen spricht, dass Dave mich umbringen wird. Und Dave ist Familie. Ich müsste es ständig geheim halten und das Tattoo muss an einer Stelle sein, die nie jemand aus Versehen zu Gesicht bekommt. Ich wäre eine von ihnen. Einfach so. Okay, ich müsste strippen, aber das ist das geringste Problem. Wenn ich drin bin, kann ich ihr Vertrauen gewinnen und Informationen sammeln. Aber was passiert, wenn ich die Infos in einen Artikel verwandele? Begeistert wären sie bestimmt nicht. Kann ich das Risiko überhaupt einschätzen? Oder verenne ich mich? Verrenne ich mich?
Ich verzweifle über der Liste. Ich muss jemandem davon erzählen. Aber das will sorgfältig überlegt sein. Betty würde durchdrehen und es Dave erzählen. Vielleicht würde sie mich auch aus der Stadt schaffen wollen, um mich vor mir selbst zu schützen. Archie würde den Helden spielen und mir seine Collegejacke überwerfen, um mich vor den lüsternden Blicken fremder Männer zu schützen. Kevin? Auf gar keinen Fall. Der ruft notfalls seinen Vater auf den Plan. Und Veronica kenne ich noch nicht lange genug. Jughead würde ich nicht zu meinen Freunden zählen, aber er ist eine echte Option.Er ist meine einzige Option.
„Hast du kurz Zeit?"
Nicht nur Jughead sieht überrascht auf. Archie verschluckt sich an seinem Sandwich. So hatte ich mir meine Mittagspause auch nicht vorgestellt. Aber der schicksalhafte Freitag rückt immer näher und damit eine Entscheidung, die mein Leben verändern wird.
„Ja?", sichtlich verwirrt folgt Jughead mir in die Redaktion. Der einzige Ort, in dem ich mich frei genug fühle, ihm von meinem Plan zu erzählen. An meinem Schreibtisch zu sitzen und mit einem Kugelschreiber zu spielen, gibt mir Sicherheit. Auch wenn ich kaum still sitzen kann. Ich bin nervös. Wenn ich es ihm jetzt sage, kann ich es nicht zurücknehmen. Ich kann nie mehr so tun, als wäre nichts. Und ich kann nie mehr so tun, als würde ich ihn hassen.„Worum geht's?"
„Ich machs kurz und schmerzlos", beschließe ich und atme tief durch, „ich will eine Serpent werden."
Ich verfolge seine Reaktion aufmerksam. Die Worte dringen nur langsam in ihrer vollen Bedeutung zu ihm durch. Ich will eine Serpent werden. Eine drastische Aussage. Aber ich habe keine Zeit, ihm Zeit zu geben. Ich verfolge aufmerksam, wie er realisiert, dass ich von den Southside Serpents rede und das ich keinen Scherz mache.
„Am Freitag."
„Was? Was sagst du mir gerade?", er fasst sich an den Kopf, „das ist ein Witz, oder?"
„Ich war letzte Woche auf der Southside im Whyte Wyrm", kläre ich ihn auf, „ich brauche die Kontakte, Jug."
„Du brauchst die Kontakte?", er kann nicht fassen, was ich ihm versuche, klarzumachen. Jetzt, wo ich es ausgesprochen habe, klingt es tatsächlich nicht mehr nach dem Totschlagargument, das es für mich gewesen ist.
„Du verstehst das nicht -"
„Natürlich verstehe ich das nicht. Das nennt sich gesunder Menschenverstand, Eden. Niemand würde das verstehen. Zeig mir einen, der dich darin bestärken würde!"
„Ich habe deinen Vater getroffen."
Er sieht zu Boden. Sorry, Jug, aber früher oder später hätten wir sowieso darüber gesprochen. Es hätte nie den perfekten Zeitpunkt gegeben. Diese Aussage schafft einen neuen Boden für diese Unterhaltung. Aber ich habe dennoch ein schlechtes Gewissen.
„Es geht mich nichts an", füge ich kleinlaut hinzu.
„Du hast dich ja schon richtig eingelebt", scherzt er. Es soll tatsächlich ein Scherz sein. Ich schenke ihm ein müdes Lachen. Wir gehen also darüber hinweg. Cool.
„Ich wusste, dass du keine Grenzen kennst, aber das du so weit gehst", er seufzt, „das ist eine beschissene Idee."
„Am Freitag", wiederhole ich. Konzentrier dich aufs Wesentliche. Hilf mir!„Und du willst es vor allen geheim halten? Vor Betty? Vor deinem Onkel?"
„Das kriege ich schon hin", bestärke ich mich selbst, „das Tattoo kommt auf eine unauffällige Stelle. Man muss ja nicht ständig mit ihnen rumhängen, oder?"
„Du stellst dir das ziemlich leicht vor."
„Du bist doch nie auf der Southside, was weißt du schon?"
Ein unüberlegter Einwurf. Schließlich brauche ich seine Hilfe.
„Mach, was du willst", sagt Jug schließlich resegniert, „aber das ist nichts, was sich einfach wieder rückgängig machen lässt. Es lässt sich nicht mehr rückgängig machen, das hat er dir gesagt, oder?"
Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen. Und unterdrücke einen Schrei. Das weiß ich! Aber getreu dem Motto: man lebt nur einmal, kann ich nicht anders, als es zu tun. Ich sehe die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Neue Welten, neue Ansichten, neue Sichtweisen. Ich erweitere meinen Horizont zu gerne, als das ich nicht jede Chance ergreifen würde. Um die Probleme kümmere ich mich, wenn sie mir den Weg versperren. Es gibt doch immer eine Lösung.
„Das muss unter uns bleiben, Jughead", flehe ich ihn an, „sie werden es nie herausfinden. Ich bin gut darin, Geheimnisse zu haben."
Und du auch. Deswegen wirst du mich jetzt verstehen. Irgendjemand muss das tun!
„Okay. Auch wenn es schief gehen wird", sagt er achselzuckend, „sei als eine von ihnen so kritisch wie du es vor deinem ... übereilten Beitritt gewesen bist. Sei einfach vorsichtig."
„Ist das etwa ein gut gemeinter Ratschlag von dir?", frage ich. Ich bin wirklich gerührt.
„Der Einzige, den du von mir kriegst."
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News Of The Day
FanfictionEden Jamerson geht auf die Riverdale High und arbeitet mit Jughead und Betty bei der "Blue & Gold". Als Jason Blossom ermordet aufgefunden wird, wittert Eden die große Story. Sie setzt alles daran, den Mörder zu finden und gerät auf eine falsche Spu...