„Kann man da nicht was machen? Zehn Jahre! Sie können ihn doch nicht zehn Jahre -"
„Gehts noch lauter? Lass sie wenigstens noch eine Stunde schlafen, Kevin."
„Ich finde nur, dass man da was machen muss. Protestieren. Die Presse einschalten. Irgendetwas", erwidert Kevin in der selben Lautstärke wie zuvor. Ich rolle mich auf die andere Seite. Ich will noch nicht aufstehen. Mich noch nicht ihren Blicken stellen. Ich werde noch früh genug umsorgt und bemitleidet.
„Und was denkst du bringt das?", fragt Archie scharf, „wir sollten uns lieber Gedanken darüber machen, wie wir ihr helfen können."
„Sie will Dave zurück und keine Seelsorger!"
Veronica hat recht. Ich weiß, dass sie für mich da sind. Das sind sie immer. Aber das bringt mir meinen Onkel auch nicht zurück. Ich muss mich zwar mit diesem neuen Leben arrangieren, aber noch viel lieber würde ich mich weigern.
„Was, wenn sie auf die Southside ziehen will?", Betty klingt besorgt, „das sind nicht alles schlechte Menschen, aber ..."
„Ohne FP wird dort in kurzer Zeit das Chaos ausbrechen."
Jughead.
„Trittst du das Erbe deines Vaters an?", fragt Archie.
„Er ist nicht tot", widerspricht Jug harsch, „aber wenn ich es nicht mache, dann ... kann es nur schlechter werden."
„Hältst du das für eine gute Idee?"
Betty würde uns am liebsten beide hier einquartieren, aber sie hat keine Chance gegen Familienbande. Ich setze mich auf. Ich bin noch immer nicht bereit, also lausche ich noch eine Weile. Ich kann mir gut vorstellen, wie sie alle zusammensitzen und sich um eine angemessene Lautstärke bemühen, was so gut wie nie möglich ist.
„Ich halte das alles nicht für eine gute Idee", gibt Jug zurück, „aber bitte versuch nicht, zu missionieren, Betty Cooper. Ich habe mich entschieden."
„Kannst du ihr nicht verbieten, mit dir zu gehen?"
„Sie ist sauer auf mich. Daves Strafe ist dreimal höher als die meines Dads."
Zehn Jahre. Ich kann mir diese Zeitspanne beim besten Willen nicht vorstellen.
„Sie ist nicht sauer auf dich, sie ist enttäuscht", verteidigt Kevin mich, „erst verliert sie ihre Eltern und dann verbringt ihr Onkel die nächsten zehn Jahre im Knast. Das kannst du ihr nicht vorwerfen."
„Ich werfe ihr gar nichts vor", antwortet Jug, „die Serpents werden sich um sie kümmern wollen. So will es das Gesetz."
„Sweet Pea wird sich ganz besonders gut um sie kümmern, schätze ich", Archie hört sich nicht besonders angetan von der Idee an, dass ich auf die Southside ziehen könnte.
„Er ist ein guter Kerl", wieder springt Kevin ein, „lassen wir die beiden glücklich werden. Wir können uns wirklich nicht in alles einmischen."
„Ich würde ihr so gerne helfen", seufzt Betty, „aber ich habe keine Ahnung, wie ich das machen soll."
„Du kannst nichts machen", sagt Archie, „sei einfach für sie da. Wie wir alle."
Ich strecke mich und gehe hinüber ins Esszimmer, wo sie alle vor ihren Kaffeetassen sitzen und mich überrascht ansehen. Das niemand aufspringt und mir seinen Stuhl anbietet, ist alles.
„Haben wir dich geweckt?", fragt Veronica schuldbewusst.
„Nein", ich schüttle den Kopf, „ich konnte nicht mehr schlafen."
„Tut dir was weh?", fragt Betty besorgt. Wieder schüttle ich den Kopf. Mein Herz vielleicht. Aber dagegen kann sie auch nichts machen.
„Ich mache dir Frühstück", beschließt sie und ich lasse mich auf ihrem Platz nieder. Da sind sie, die Blicke. Sie werden mich für die nächsten Wochen in Watte packen.
Doch die nächsten Wochen sind so aufregend und voller Entscheidungen, dass ich es gar nicht richtig mitbekomme. Jughead bleibt auf der Southside, um den Platz seines Vaters für die nächsten vier Jahre einzunehmen. Ich stimme der Vermietung unseres Hauses zu, damit ich von dem Geld leben kann. Die Möbel werden eingelagert. Nur einen winzigen Teil nehme ich mit.
Auf die Southside. Aber ich ziehe nicht zu Jug in den Trailer, sondern zu Toni. Das kam mir vernünftiger vor, als direkt zu Sweet Pea zu ziehen, aber wir sehen uns trotzdem jeden Tag. Ich habe das Gefühl, plötzlich richtig dazuzugehören, was dazu führt, dass ich meine Freunde nur noch selten außerhalb der Schulzeit sehe. Es gefällt ihnen nicht, aber sie lassen mich in Ruhe. Schließlich mache ich genug durch. Kein Freifahrtschein, aber ich weiß nicht, warum ich die kleinen Vorteile, die ich mir dadurch erkaufen kann, nicht nutzen sollte. Sogar die Lehrer sind nachsichtiger mit mir, als könne eine schlechte Note mich in den Selbstmord treiben. Ich würde mich niemals umbringen. Ich bin Daves Hoffnung. Das, was ihn dazu bringt, weiterzumachen. Das werfe ich nicht weg.
„Jug ist jetzt der Boss", Sweet Pea grinst mich an, aber er wirkt nicht, als würde er sich auch nur im Mindesten darüber freuen. Ich zucke desinteressiert mit den Schultern. Wir sitzen auf einer alten Couch am Rande des Trailerparks und lassen den Tag ausklingen.
„Stört dich das?", frage ich.
„Jughead war nie der loyale Typ", antwortet er, „wieso übernimmst du das nicht?"
„Das", wiederhole ich, „die Serpents anführen? Ich? Erinnerst du dich daran, warum ich überhaupt eine geworden bin?"
„Wegen mir?", jetzt grinst er wirklich, „darauf kommts nicht an. Du hast dich nie gegen uns gewendet."
Keine Ahnung, ob man das so leichtfertig behaupten kann. Ich dachte, sie hätten Jason getötet. Ich wollte ihnen die Geschichte anhängen und bin, Gott sei Dank, vom Weg abgekommen. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich falsche Beweise gefunden und mich bestätigt, aber die Wahrheit ist immer wichtiger.
„Ich könnte das nicht", sage ich, „lass Jughead das ruhig machen."
„Wir wollen eine Abstimmung."
„Was?"
„Ich bin nicht der Einzige, der dich für geeigneter hält."
Was? Die Vorstellung ist einfach zu absurd. Ich kann keine Motorradgang anführen. Ich bin froh, wenn ich mein Leben einigermaßen auf die Reihe bekomme und es morgens in die Schule schaffe. Ich schreibe nicht mehr für die Schülerzeitung und war ewig nicht im Diner, das ist aus mir geworden. Ich will nicht die Verantwortung tragen. Nicht mal mehr für mich selbst.
„Jug macht das schon", murmele ich.
„Wir stimmen trotzdem ab", entgegnet er, „denk drüber nach."

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News Of The Day
FanfictionEden Jamerson geht auf die Riverdale High und arbeitet mit Jughead und Betty bei der "Blue & Gold". Als Jason Blossom ermordet aufgefunden wird, wittert Eden die große Story. Sie setzt alles daran, den Mörder zu finden und gerät auf eine falsche Spu...