Als wir das Diner verlassen, fällt mir ein Wagen ins Auge, der in beachtlicher Geschwindigkeit an uns vorbeifährt. Es ist viel mehr die Fahrerin, die meinen Blick fängt. Wehende rote Haare, um die ein weißes Tuch geschlungen ist.
„Cheryl?", ich kneife die Augen zusammen und sehe dem Auto hinterher. Mein Magen flattert aufgeregt und ich sehe hektisch zu Sweet Pea.
„Willst du mir was sagen?", fragt Sweet Pea belustigt. Ich reibe meine Lippen aufeinander, wie ich es immer dann tue, wenn ich mich sträube, etwas aufzusprechen.
„Wir sollten ihr folgen", sage ich. Er seufzt.
„Wir haben ja sonst nichts zutun", er nimmt die beiden Helme von seinem Motorrad, drückt mir einen in die Hand und wir fahren los. Ich klammere mich an ihn, fester als sonst, was nicht nur an der Geschwindigkeit, sondern auch an meinem miesen Gefühl.
Wir verlassen die Stadt und fahren an einen Ort, den ich gut kenne.
„Sie ist runter zum See", sage ich, als er das Bike neben ihrem schicken Auto parkt. Wir nennen es seit Kindertagen See, aber es ist nur die breiteste Stelle des Sweetwater Rivers, an der die Strömung nicht so stark ist. Hier durften wir an heißen Sommertagen schwimmen gehen, hier saß ich mit meinem ersten Freund und trank mein erstes Bier und hier hatte ich den ein oder anderen genialen Einfall für einen Artikel. Ich schlage die Äste mit ausgestreckten Armen zu Seite und rutsche die kurze Böschung herunter zum sandigen Ufer. Ich sehe gerade noch, wie sie einige Schwimmzüge macht und dann wie ein Stein versinkt. Ihre roten Haare schweben für einen Moment auf dem Wasser wie eine flammende Seerose. Ich schreie auf.
„Scheiße", flucht Sweet Pea neben mir, „du bleibst hier!"
Aber ich renne bereits an los, schlage mich durchs Gebüsch und stürze mich ohne langes Nachdenken in den eiskalten See. Die plötzliche Kälte schnürt mir die Luft ab, meine vollgesogenen Klamotten ziehen mich nach unten. Ich kann die Stelle, an der Cheryl untergegangen ist, nur grob ausmachen und tauche dort. Ich hasse tauchen. Ich kann es auch nicht besonders gut. Ich komme nicht weit genug nach unten, kann die Augen nicht aufhalten.
Sweet Pea holt mich ein und taucht ebenfalls. Als er wieder auftaucht, hat er Cheryl bei sich. Seine Haare kleben ihm in der Stirn und er prustet, aber er hält sie fest umklammert.
Ich spucke Wasser und kämpfe mich schwer atmend zurück an Land. Meine Verletzung schwächt mich noch mehr, als ich je zugeben würde. Sweet Pea legt sie ans Ufer und ich krabble auf allen Vieren neben sie. Ihre roten Haare kleben ihr am Körper und ihre Haut ist so weiß, dass sie fast durchsichtig wirkt.
Er beugt sich über sie.
„Wir müssen sie beatmen!", schreie ich panisch. Ich kann mich nicht beruhigen. Er hingegen scheint erneut zu wissen, was zu tun ist.
Sweet Pea beatmet Cheryl mehrmals, bis sie endlich Wasser spuckt. Ich lasse mich neben ihr in den Sand gleiten und zittere so sehr, dass meine Zähne aufeinanderschlagen. Cheryl hustet sekundenlang und dann hört man nur noch das Wasser und die singenden Vögel. Der Himmel ist blutrot gefärbt. Es dämmert. Ein romantischer Sommerabend, der keinen Rahmen bietet, für das, was Cheryl dann sagt.
„Daddy hat sich erhängt", sagt Cheryl tonlos. Sie starrt mit weit aufgerissenen Augen in den dunkler werdenden Himmel. Ich grabe meine Hände tiefer in den Sand und wende meinen Blick ab.
„Kein Grund, sich umzubringen", höre ich Sweet Pea sagen, „das würde dein Bruder nicht wollen."
Von so viel Einfühlsamkeit gerührt schniefe ich und wische mir mit dem sandigen Handrücken über die Augen. Dann sammle ich mich, helfe Cheryl, sich aufzusetzen und lege ihr ihre tropfenden Haare über die Schulter. Mir fehlen die passenden Worte, also streiche ich ihr in kreisenden Bewegungen über den Rücken und beobachte, wie die Sonne langsam versinkt. Ich spüre ihr Zittern unter meiner Handfläche.
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News Of The Day
FanficEden Jamerson geht auf die Riverdale High und arbeitet mit Jughead und Betty bei der "Blue & Gold". Als Jason Blossom ermordet aufgefunden wird, wittert Eden die große Story. Sie setzt alles daran, den Mörder zu finden und gerät auf eine falsche Spu...