Fell for you

679 38 12
                                    

Als ich „nach Hause" komme, ein Begriff, den ich immer noch nur mit unterstützenden Sarkasmus andeutenden Fingerbewegungen verlauten lasse, sitzen Toni und Sweet Pea zusammen auf der Couch und gucken eine mexikanische Soap.

„Lernt ihr 'ne Fremdsprache?", frage ich verwirrt, hänge meine Jacke an die schmale Gaderobe und hole mir eine Flasche Cola Light aus dem Kühlschrank, ehe ich mich zu ihnen geselle. Toni macht mir Platz und ich überreiche ihr ihren Cheeseburger, den ich warm gehalten habe wie ein zerbrechliches  Neugeborenes.

„Du bist ein Geschenk Gottes", freut sie sich, „daran könnte ich mich gewöhnen."

„So wie an mexikanische Seifenopern?"

„Das ist gute Unterhaltung", sagt sie, „man findet sich da rein."

Ich folge der Handlung nur lose, schreibe SMSen mit Betty, die unbedingt wissen will, wie es mit Sweet Pea und mir weitergeht und trinke meine Cola.

„Wo warst du?", fragt Sweet Pea nach einer Weile. Überrascht beuge ich mich vor, sodass ich ihn ansehen kann. Jetzt redest du wieder mit mir?

„Was essen. Mit Archie und seinem Dad."

Er würdigt mich nur eines kurzen Blickes, dann widmet er sich wieder der Serie. Ich schaue irritiert zu Toni, bevor ich mich wieder zurücklehne und über Bettys romantische Vorstellungen schmunzle.

„Deine Northsideleute kommen gut damit klar, dass du jetzt hier bist, oder?", fragt Toni.

„Sie wollen, dass es mir gut geht", antworte ich, „außerdem mache ich sowieso was ich will."
Toni grinst und widmet sich ihrem Burger.

„Mal sehen, ob sie immer noch so verständnisvoll sind, wenn die Serpents dich zu FP's Nachfolgerin machen."

„Moment!", schaltet Toni sich ein, „du hast es ihr erzählt? Und du ziehst das wirklich in Erwägung? Was sagt Jughead dazu?"

Ich zucke mit den Schultern. Lasst uns jetzt bitte nicht über Jug reden. Lieber antworte ich Sweet Pea, der gezielt in dieser Wunde bohrt. Northside, Southside.

„Sie sind meine Familie", entgegne ich starrköpfig, „das ändert nichts an meiner Beziehung zu ihnen."

Erst macht Sweet Pea einen auf Wahlhelfer und jetzt ist er sich plötzlich nicht mehr sicher, ob ich die zwei Welten vereinen kann? Falls er damit bezwecken will, dass ich es umso mehr will, funktioniert es leider. Aber so berechnend ist er nicht.

„Die Serpents sind deine Familie", sagt er.

„Mein Gott, ich will keine Grundsatzdiskussion, Sweet Pea! Ich habe Freunde auf der Northside, findest du dich endlich damit ab?"

Es hätte ein friedlicher Abend werden können. Aber dem Blick nach zu urteilen, den er mir zuwirft, kann ich das vergessen.


„Hab ich längst", sagt er genervt, „ich will nur sichergehen, dass du auch voll dabei bist."


„Ich denke noch darüber nach, okay?", fahre ich ihn an, mindestens so genervt wie er, „ich ziehe es in Betracht."


„Ich wäre froh, wenn es mal eine Frau werden würde", seufzt Toni, „du musst sie wirklich beeindruckt haben. Ich meine, nicht jeder bringt einen Mörder zur Strecke."

„Habe ich nicht."

„Schon irgendwie", sie klopft mir liebevoll auf die Schulter, „ich bin jedenfalls beeindruckt."

Ich würde mich mehr über ihre Worte freuen, würde ich nicht in Sweet Peas Gesicht sehen würde. Warum ist er so schlecht drauf? Was macht er hier?

„Ich gehe ins Bett", beschließe ich, „viel Spaß noch mit eurem Bildungsfernsehen."

Zwei Stunden später klopft es an meine Tür.

„Komm rein", rufe ich, Toni erwartend, die sich gerne mein Shampoo leiht. Aber es ist Sweet Pea, der die Tür hinter sich schließt und wortlos in meinem Zimmer steht.

„Kann ich dir helfen?", frage ich skeptisch.

„Das mit Cheryl ist vorbei."

Und das erzählt er mir zwischen Tür und Angel und nach seiner schlechten Laune? Einfach so?

„Schön", ich war quasi Zeugin dieser „Trennung", aber gut, es von ihm zu hören. Das es überhaupt entstanden ist, wird mir für immer ein großes Rätsel bleiben, das ich nicht gewillt bin, zu lösen.

„Bist du deswegen so schlecht drauf?", frage ich versöhnlicher.

„Gibt Schöneres."

„Hm."
Ich muss ihn nicht bemitleiden, weil er Cheryl hinterhertrauert. Trennungen sind immer scheiße, aber die beiden waren fünf Minuten zusammen.

„Und du bist hier, um mir das persönlich zu sagen, bevor es die ganze Schule erfährt?"

„So siehts aus."

„Was willst du?", frage ich eindringlicher. Sonst rückt er ja nie mehr mit der Sprache raus.

„Dich."

„Was?", verständnislos runzle ich die Stirn, „und jetzt nochmal in einem ganzen Satz?"

Er will mich? Ich bin nichts, das man besitzen kann. Und abgesehen davon hätte er mich haben können, aber wir haben uns beide in Geschichten verstrickt, die bestenfalls als jugendliche Verirrungen durchgehen werden, wenn wir in zwanzig Jahren auf diese Zeit zurückblicken werden.

„Ich bin ein Idiot, okay?"

„Nichts Neues", ungeduldig verschränke ich meine Arme, „sprich dich aus, Sweet Pea, ich möchte ins Bett."

„Das mit Cheryl war ein Fehler. Du weißt, dass ich ... aber du machst es einem verdammt schwer, Eden."

Ich mache es niemandem schwer. Höchstens mir selbst. Ich bin ein offenes Buch. Ehrlich. Ich habe es ihm so leicht gemacht, wie ich konnte. Das mit Jughead, geschenkt, dass war ein Fehltritt, der jedem hätte passieren können. Ich war verwirrt. Und dumm. Eine Idiotin.

„Tue ich das?", ich lächle ihn an.

„Wir sind beide nicht besonders gut darin."

„Wir sind schrecklich."

Verglichen mit Archie und Veronica, die innerhalb weniger Minuten fester zusammen sein zu schienen als jedes andere Paar unserer High School, sind wir Versager. Was wir allerdings können, ohne große Übung, ohne großes wer-wohin-und-wie-Gehabe, ist Küssen. Wenn es passt, passt es. Das habe ich längst gelernt.

„Wollen wir diesen Tag endlich beenden?", frage ich schließlich. Es wird Zeit.

„Bitte."

„Ich bleibe hier", sage ich, „falls du glaubst, ich gehe von heute auf morgen wieder zurück."

„So, wie du hergekommen bist?"

„Ich habe länger darüber nachgedacht. Es gab nur nicht ... den richtigen Zeitpunkt."

Als wir das Haus räumen mussten, war es leicht, die gepackten Sachen nicht in Bettys Keller unterzustellen. Ich hätte nicht alles im Gästezimmer unterbringen können, also habe ich den halben Trailer damit gefüllt. Überall hängen Fotos von meinen Freunden, von Dave, meinen Großeltern und meinen Eltern. Wir essen von unserem Geschirr und der Sessel aus dem Wohnzimmer ist jetzt Tonis liebster Platz, um Bücher über Seriemörder durchzublättern.
Ich drehe mich zu ihm und nehme seine Hand.

„Ich lebe jetzt hier. Egal, für wen sie sich entscheiden."

Und ich habe nicht vor, dass zu ändern. Wirklich nicht. Jug würde es mindestens genauso gut machen wie ich. Hauptsache, wir sind endlich glücklich. So glücklich, wie wir eben sein können.

„Sie werden dich wählen", sagt er entschlossen.

„Wieso bist du dir so sicher?"

„Wie könnten sie nicht?"

News Of The DayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt