Fast schon achtlos schmiss der Schlagzeuger sein Handy beiseite. Es landete nicht allzu weit von ihm weg auf der Wiese, aber es war außerhalb seiner unmittelbaren Reichweite und somit aus den Augen und hoffentlich auch aus dem Sinn. Auch war er dieses Mal so schlau gewesen und hatte den Ton abgeschaltet, Alles in der Hoffnung, dass man sie kein zweites Mal, beziehungsweise eigentlich wäre das ja dann schon das dritte Mal, stören würde.
„Luzi?" begann Jean zögerlich.
Der kleine Dudelsackspieler war immer noch fast schon nervös oder vielleicht auch einfach nur aufgeregt in seinen Armen am Zappeln. Doch als er direkt angesprochen wurde, stoppte er. Einen Moment lang geschah nichts, dann drehte sich das L so, dass er seine Beine über Jeans legen konnte. Diese hundertachtzig Grad Drehung hatte insofern den Vorteil, dass der Kleinere auch weiterhin an seinen Kollegen angekuschelt sitzen konnte, ihn aber nun auch ansehen konnte. Wenn er nicht gerade sein Gesicht gegen die Halsbeuge des Franzosen verbarg und einen schüchternen Kuss auf die Haut, die er dort vorfand, presste jedenfalls.
Sofort bildete sich dort eine Gänsehaut und ein angenehmer Schauer lief Jeans Rücken hinunter. Er schloss für einen Moment die Augen und genoss das Gefühl, das sein Kollege durch so eine einfache Berührung in ihm auslöste. War es am Ende doch so einfach? Hatte er es sich doch einfach nur selbst schwer gemacht? Wahrscheinlich. Das wäre jedenfalls mal wieder mal typisch für ihn.
„Meintest du das eigentlich ernst? Also was du deiner Ex erzählt hast? Oder war das einfach nur dahingesagt, um sie abzuwimmeln?" So schüchtern kannte der Halbfranzose das L eigentlich gar nicht. Das war auch mal was Neues.
„Es war ernst gemeint, es war ALLES ernst gemeint", antwortete er mit fester Stimme und er drückte das L ein kleines bisschen enger an seine Brust.
Hoffnungsvoll blickte der Gepiercte zu seinem Bandkollegen hinauf. Er war erstaunt, wie entspannt der Halbfranzose auf einmal wirkte. Die Verwirrung schien verschwunden zu sein und damit auch ein Teil der Angst, ein beachtlicher Teil.
Zögerlich hob er eine Hand und legte sie auf die bärtige Wange seines Angebeteten. Eigentlich hatte er vorgehabt, den Anderen in einen erneuten Kuss zu ziehen, mit der Hoffnung, dass dieser dieses Mal erwidert werden würde. Doch Jean griff die Hand des Kleineren, schmiegte sein Gesicht enger an die Hand des Dudelsackspielers und genoss einfach für einen weiteren Moment den leichten Kontakt. Und Luzi, der tat es ihm einfach gleich. Er legte seinen Kopf wieder an die Schulter des Größeren und schloss ebenfalls die Augen. So saßen sie eine ganze Weile da, in trauter Zweisamkeit. Und auch wenn Jeans Handy blinkte, bemerkte es Keiner von ihnen.
„Und jetzt?" durchbrach Luzi trotzdem irgendwann die Stille. So gerne er auch Zeit mit seinem Angebeteten verbrachte, geschweige denn mit ihm kuschelte, er wollte das jetzt doch irgendwann geklärt wissen. Zumal sein Herz schon seit geraumer Zeit heftig schlug und ebenfalls eine Antwort wollte, eine Antwort BRAUCHTE. Sonst fürchtete er, dass er noch wahnsinnig werden würde.
„Wie ‚und jetzt'?" fragte der Größere leicht verwirrt und blinzelte hinunter zu seinem Gesprächspartner.
„Na ja... was ist das hier?" er zeigte mit seiner freien Hand zwischen sie hin und her, „Was... Für was bist du bereit? Und... wie geht es jetzt weiter?" Das waren eine Menge Fragen und eigentlich hatte er noch ein paar mehr, aber vorerst beschränkte er sich auf eben jene.
„Was SOLL es denn werden?" konterte Jean.
„Du kannst eine Frage nicht mit einer Gegenfrage beantworten", tadelte Luzi, doch er kicherte und die leichten Fältchen um seine Augen wurden minimal prominenter. Auch Jean schnaubte amüsiert, wodurch die unscheinbaren Grübchen, die sowieso größtenteils durch seinen Bart verdeckt wurden, leicht hervortraten.
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Nüchtern Betrachtet
RomansaWenn der Luzi betrunken ist, gibt es eigentlich nur einen Spielmann, der sich seiner annehmen kann... Aber ein betrunkener Luzi tendiert dazu komische Sachen zu sagen... Spielmann x Spielmann (Luzi x Jean)