Der Worte sind genug gewechselt...

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Er hatte das Tempo seiner Schritte nun schon zum zweiten Mal erhöht und dennoch war Alea ihm immer noch dicht auf den Fersen und schien aufzuholen. Ein verzweifeltes Geräusch entwich Jeans Kehle. Er war an seinem Limit, sowohl körperlich, als auch geistig. Er wollte doch nur in Ruhe gelassen werden, um nachzudenken. Aber er wusste auch, dass er Alea nicht abschütteln würde. Der Kampfsportler war einfach zu schnell für ihn.

Er atmete zittrig ein. Seine Lungen brannten inzwischen und seine Sicht wurde durch die ansteigenden Tränen verschleiert.

Er konnte nicht mehr, war an seinem Limit und blieb schließlich in dem Park stehen, zu dem es ihn unbeabsichtigt verschlagen hatte. Dabei hatte er noch Glück, denn kaum Leute waren unterwegs, tatsächlich sah er nur einen vereinzelten Mann mit seinem Hund am anderen Ende des großen Parks entlang spazieren.

Schwer atmend und am ganzen Körper zitternd, stand der Halbfranzose da. Seine Arme hatte er wieder um sich selbst geschlungen und abwesend kratzte er an der bereits rötlichen Haut an der Innenseite seines Unterarms. Auch konnte er die schnellen und schweren Schritte seines besten Freundes vernehmen, der nun fast bei ihm angekommen war.

Gerne wäre Jean noch weiter weggelaufen, doch er schaffte es einfach nicht mehr. Ihm blieb nur noch die Hoffnung, dass wenigstens Alea ihn verstehen und in Ruhe lassen würde.

„Jean... Jean... Was machst du denn?" die letzten paar Meter joggte der blonde Sänger nur noch. Auch er war aus der Puste.

Entkräftet sank Jean nun auf den Boden. Einen Moment starrte er auf den Boden vor sich, dann zog er die Beine an, schlang seine Arme um seine Knie und sagte mit schwacher Stimme: „Lass mich einfach alleine."

„Du weißt, dass ich das nicht tun werde..." sofort kniete er sich an Jeans Seite, berührte ihn dabei jedoch nicht. In diesem Zustand, wäre das mit hoher Sicherheit nicht positiv aufgenommen worden von dem Halbfranzosen. „Was war denn los?" wollte er stattdessen wissen.

„Lass mich in Ruhe... ich will... doch nur alleine sein..."

„Bist du aber nicht!" nun legte er probehalber doch einmal den Arm um ihn. Einfach nur, weil er hoffte, Jean wäre doch offen für ein wenig Trost und Beistand, auch wenn er glaubte, dass der Halbfranzose wegziehen würde. „Was ist los, mein Großer? Rede doch mit mir..."

Heftig zuckte der Tambour weg und er sprang tatsächlich wieder auf die Beine. Auch, wenn er selber nicht wusste, woher er die Energie dafür nahm. „Fass mich nicht an!" zischte er seinen besten Freund regelrecht an.

„Sonst was?" fragte er leicht provozierend und stand ebenfalls langsam auf. Das war kein typisches Jean Verhalten. Und er wollte doch nur herausfinden, was geschehen war und warum sein Gegenüber auf einmal so aufgebracht war. Und ob es sicher war, diesen jetzt alleine zu lassen.

„Lasst mich doch bitte in Ruhe... nur einen Moment. Ich will doch nur meine Gedanken sortieren", meinte er völlig verzweifelt. Warum verstand man ihn denn nicht? Er fühlte sich wie ein gehetztes Tier, dass bereits in den Lauf der Flinte des Jägers blickte. Ohne Ausweg, ohne Möglichkeit seinem Schicksal zu entkommen.

„Okay", er hob beschwichtigend die Hände und trat einen großen Schritt zurück, um seinen besten Freund ein wenig mehr Freiraum zu geben. „Ich fasse dich nicht wieder an und wenn du möchtest, lasse ich dich auch in Ruhe. Aber alleine, dass kann ich dich noch nicht lassen." Zuerst wollte er seine Fragen beantwortet wissen, dann würde er seinen besten Freund auch wirklich in Ruhe lassen.

„Bitte, lass mich alleine... zwei, drei Minuten..." die Tränen, die seinen Blick verschleiert hatten, liefen nun über und strömten in Bächen seine bärtige Wange entlang. Auch begann er wieder den Innenraum seines Unterarmes entlang zu kratzen und hinterließ stark sichtbare, rote Striemen.

Nüchtern BetrachtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt