Seinem Herz ist kalt

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„Angeblich..." es dauerte einen Moment, doch Jean war tatsächlich noch einmal stehen geblieben und antwortete. Nur machte er keine Anstalten, sich zu seinem besten Freund zurückzudrehen und ihn anzusehen. Viel zu sehr kämpfte er mit sich selber gerade, als dass er den Anblick, den Alea abgab, hätte ertragen können. „Angeblich weißt du doch sonst auch was für mich das Beste ist... mich nicht alleine lassen. Mich in die Enge treiben. Bis ich flüchte und mir sogar dann noch folgen... was soll ich denn noch tun? Außer wirklich irgendwann zu verschwinden?" und nun hatte er den Kampf doch verloren. So sehr hatte er die ganze Zeit nach wenigstens etwas Fassung gerungen, aber auch dafür hatte er gerade keine Kraft mehr. Stattdessen ging er weinend auf die Knie, nicht unweit von seinem Ausgangspunkt und somit auch Alea, entfernt.

„Reden, verdammt! REDEN! Du sagst du willst alleine sein... Das kann doch ALLES heißen! Gerade jetzt. Ich sage doch nicht, dass... dass du dich vor das nächste Auto wirfst, aber... du bist damals schon weggerannt und hast alle ausgeschlossen, dich in deiner Wohnung eingeschlossen. Jean, ich..." schluchzte nun auch er auf. Seinen besten Freund, seinen Bruder so am Boden zu sehen... Schnell verbarg er sein Gesicht in seinen Händen.

„Gerade jetzt? Ich bin nicht labil... ich will mich nicht umbringen. Alea... ich will nachdenken! Meine Gedanken sortieren. Vergangenheit und Zukunft. Nicht die gleichen Fehler wiederholen. Aber dafür muss ich alleine sein... das... dabei kann mir niemand helfen. Und gerade jetzt? Was meinst du? Ich liebe Luzi verdammt... weshalb habe ich ihn wohl um Verzeihung gebeten bevor ich gegangen bin? Ich will doch nur einen Cut haben... und mit Luzi... meinem Luzi... neu anfangen. Er sollte doch nur verstehen wieso du so in Sorge warst."

Er sah wieder zu seinem nun aufgebrachten besten Freund und begann zu erklären: „Gerade jetzt, weil die ganze Scheiße mit Laura doch wieder präsent ist. Weil du gerade erst in einem Tief warst. Weil das alles neu und anders und ungewohnt für dich ist! Und dann sagst du auch noch, du seist kaputt und..." er nahm einen tiefen Atemzug. Er wollte nicht anklagend klingen, nur seine Meinung sagen und den Sachverhalt klären, da sie ja scheinbar stark aneinander vorbeiredeten. „Und genau so... Genau so hat es damals angefangen... Also Verzeih MIR, dass ich mir Sorgen mache! Verzeih Luzi dass er dich liebt und bei dir sein will und mit dem hier total überfordert ist, weil du nicht mit ihm REDEST! Ich bin dir doch nur hinterher, weil...", hier brach er kopfschüttelnd ab. Jean wollte alleine sein, das konnte er haben. Und vielleicht war das auch die einzige Möglichkeit, den Tambouren zu locken.

„Weil was?"

„Vergiss es... Du willst es doch gerade sowieso nicht hören... Ordne deine Gedanken und... komm wieder. Komm einfach zurück." Nun drehte er sich um und er sprach mit dem Rücken zu Jean: „Ich gehe zu Luzi... der Arme wird sich Sorgen machen... mich brauchen."

„Doch! Ich will es hören", eilte er zum Sänger, griff dessen Schulter und hielt ihn fest. Initiierte den ersten Körperkontakt seitdem er geflohen war.

„Nein, willst du nicht. Du blockst das doch schon die ganze Zeit ab..." so empfand er es jedenfalls. Jean wollte ihm eigentlich nicht wirklich zuhören, er schien auch nicht zu versuchen, ihn zu verstehen.

„Sag es mir verdammt!" forderte er.

Alea seufzte und blickte in die Ferne. „Wegen Luzi..."

„Und weiter?" War das ein Spiel für Alea?

„Was glaubst du wohl, hätte er gesagt oder getan, wenn Niemand seinem aufgebrachten Freund hinterher gelaufen wäre?" nun würde er die Bombe platzen lassen. Die Schonzeit war vorbei. Etwas anderes als den Klartext, schien der Halbfranzose ja im Moment nicht zu verstehen.

Doch auch jetzt verstand der Trommler nicht und zuckte nur mit den Schultern.

„Dann überleg mal, was du an seiner Stelle getan hättest..."

Nüchtern BetrachtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt