Und Alles steht unter Strom

188 16 29
                                    

Nachdem sich die zwei Spielmänner wieder voneinander gelöst hatten, hatte das L die Chance genutzt und war gänzlich an seinen Löffel herangetreten. Sein Gesicht legte er gegen die Brust des Größeren, seine Arme schlang er um die Hüfte des Tambour. Dieser legte zusätzlich noch sein Kinn auf den schwarzen Schopf des Kleineren ab und ‚schunkelte' sie auch weiter zu der Musik. Sie Beide trugen ein breites Lächeln auf ihren Gesichtern und waren einfach nur glücklich.

Das Konzert neigte sich langsam dem Ende zu. Schade, wie die Beiden Spielmänner fanden, aber Alles musste irgendwann ein Ende finden, so war das eben. Sie standen immer noch Brust an Brust zueinander, möglichst eng und suchten den Kontakt zueinander. Jean hatte seine Hände hinter Luzis Rücken, relativ weit unten, verschränkt, während der Kleinere seine Arme um den Nacken des Halbfranzosen gelegt hatte. Es glich dementsprechend auch schon einem richtigen Tanz, was sie hier fabrizierten und es fühlte sich obendrein auch äußerst intim an.

Zumal die Toten Hosen auch gerade „Draußen vor der Tür" angestimmt hatten. Viele Fans hatten die Taschenlampen an ihren Handys angemacht, oder hielten entzündete Feuerzeuge in die Höhe uns sorgten dadurch für eine noch gefühlvollere Stimmung und verstärkten das Lied noch um Einiges.

Jean strich leicht mit seiner Nase an Luzis Wange entlang, bevor er diese dann küsste. Seine Hände löste er voneinander und sie wanderten unschuldig hinab. Einen Moment zögerte der Trommler, doch dann schob er seine Finger in die hinteren Hosentaschen, wo sie dann verweilten. Er nahm einen tiefen Atemzug und zog den Dudelsackspieler dann so nah, wie es irgendwie möglich war.

Erstaunt blickte Luzi zu seinem angetrunkenen Freund hinauf. Er selbst war ebenfalls leicht angetrunken, doch es hielt sich Alles noch in Maßen. So waren sie doch Beide noch Herren ihrer Sinne, vielleicht nur ein wenig hemmungsloser und mutiger. Jedenfalls schien dies der Fall bei dem Halbfranzosen zu sein, der ruhig in die meerblauen Augen Luzis blickte. So, als wäre diese Berührung, diese Nähe, das normalste der Welt für ihn.

Das L beschloss es einfach hinzunehmen. Stattdessen verstärkte er den Druck seiner Arme, bis sein Liebster schließlich nachgab und sich zu ihm hinunter beugte, bis seine Stirn auf Luzis zum Ruhen kam. Ein Strahlen war in die schokobraunen Augen getreten, doch in den Meerblauen, sah es nicht viel besser aus. Und während nur noch wenige Zentimeter ihre Lippen voneinander trennten, überbrückten sie die Distanz nicht, sondern stimmten stattdessen in den Refrain des Liedes mit ein. Es geschah wie auf Knopfdruck, während sie sich in den Augen des jeweils Anderen verloren.

Erst als auch das Lied vorbei war, stellte das L sich auf die Zehenspitzen und legte seine Lippen besitzergreifend auf die des Größeren. Und sie Beide kosteten den Moment vollends aus. Die Musik, die nun für sie in den Hintergrund gerückt war, tat dabei ihr übriges.

Es war Jeans Zunge, die Luzis Unterlippe entlang strich und ihn aufforderte, ihm Einlass zu gewähren. Dieser wurde ihm natürlich sofort gewährt und das L ließ sich einfach fallen. Sein Herz pochte wild gegen seine Brust und er ließ ein leidendes Seufzen verlauten, als der Halbfranzose den Kuss beendete. Doch der leidende Ton wurde schnell durch ein überraschtes Keuchen ersetzt, als der Größere weitere Küsse auf Luzis Haut verteilte. Angefangen auf seiner Wange, dann sogar bis zu seinem Hals. Derweil konnte der Dudelsackspieler sich einfach nur an seinen Liebsten krallen. Was war denn auf einmal in ihn gefahren?

„Jean", keuchte er und drückte den Halbfranzosen schweren Herzens weg. Denn wenn dieser nicht bald aufhören würde, würde er ein echtes Problem bekommen, weiter südlich. Es hielt ihn aber nicht davon ab, einfach wieder die wandernden Lippen einzufangen und in Beschlag zu nehmen, bis schließlich das letzte Lied der Zugabe verklungen war und die Menge in einen tosenden Applaus ausbrach. Sie stimmten mit ein, klatschten und jubelten mit, doch kaum waren die Künstler dann von der Bühne, hingen sie schon wieder aneinander. Den Großteil der Menge, ließen sie einfach an sich vorbeiziehen, erst dann machten sie sich selber auf den Weg zurück.

Nüchtern BetrachtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt