Kapitel 9

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Nachdem ich das Wochende mit der trauernden Hannah verbracht habe, fängt heute wieder die Arbeit an. Ich bin wirklich froh darüber, denn ich kann auf keinen Fall einen weiteren Schnulzenfilm mit ihr ansehen.

Ich mache mich in Ruhe fertig und verabschiede mich dann von Hannah. Sie winkt mir mit roten Augen und drückt sich dann wieder in die Couch.

Oh man. Ich muss ihr definitiv einen Kerl besorgen sonst drehe ich durch. Hannah ist einfach so eine, die einen Mann braucht, sonst geht sie einem einfach auf die Nerven.

*

Heute ist es relativ voll, deshalb muss ich mich ganz schön abmühen, auch wenn ich nur hinter der Theke stehe. Erst um kurz nach zehn verlassen die Trinker langsam die Kneipe und um elf ist es dann tatsächlich fast leer. Die Musik ist nicht mehr so dröhnend laut und der Gestank von Zigaretten weht nach und nach durch die Fenster nach draußen. Und erst ab da verschwindet meine schlechte Laune und ich gieße ganz entspannt Bier in die Gläser der übrig gebliebenen Stammkunden. Hinten in der Ecke sitzt noch eine große Gruppe an jungen Leuten, aber die sind relativ ruhig und trinken vermutlich gerade ihre letze Runde, bevor sie gehen.

Leider kann ich wirklich erst dann gehen, wenn der letzte nach draußen verschwunden ist. Die Kellnerinnen dürfen schon früher gehen, warum auch immer. Aber damit habe ich kein Problem.

"Hey Süße, kann ich noch einen Whisky bekommen?" Fragt mich Bernd, der am Ende der Theke auf dem Hocker hängt und schon echt viel getrunken hat. Vorhin erst hat er mir eine ausführliche Version seines Streits mit seiner Frau geschildert und ist total traurig. Natürlich versucht er das zu übertrinken. Aber ich will nicht, dass ihm was passiert, deshalb stelle ich mich vor ihm und lege liebevoll meine Hand auf seine.

Ich arbeite überhaupt nicht lange hier, aber sie haben mich alle gut aufgenommen und ich kann mir jede zehn Minuten anhören, was für eine wundervolle Frau ich doch bin. Natürlich sagen die alten das nur, weil ich jung und nett bin und sie betrunken, aber ich finde es trotzdem echt süß. Bis jetzt bin ich auch nicht schräg angemacht worden.

"Bernd, du weißt, dass ich das nicht machen kann. Es wäre wirklich das beste, wenn du einfach nach Hause gehst und schön ausschläfst. Bestimmt wartet deine Frau schon auf dich, auch wenn sie sauer ist." Er sieht mich nachdenklich an und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund. Dann nickt er langsam und klopft mir auf die Hand.

"Du hast Recht. Wie viel schulde ich dir?" Er kramt ein paar Scheine aus seiner Jacke und zählt ab.

"Vermutlich schon zu viel, lass mich nachschauen." Ich schaue mir Bernds Bestellungen an und nenne ihm dann den Preis. Es sind knapp hundert Dollar, die er heute weggetrunken hat. Armer Kerl.

"Hier. Und das ist für dich. Für die tolle Bedienung und das offene Ohr." Er drückt mir lächelnd zehn Dollar und ein paar zerquetschte in die Hand, die definitiv viel zu viel für Trinkgeld sind. Aber als ich etwas sagen will, hebt er nur abwehrend die Hand, zwinkert mir zu und steht auf.

"Hab noch einen schönen Abend, kleine."

"Danke Bernd. Pass schön auf dich auf." Ach man, dieser Kerl erwärmt mir das Herz. Was normalerweise fast unmöglich ist.

"Du machst das wirklich gut, für die kurze Zeit, die du hier bist." Höre ich dann jemand anderes sagen und drehe mich um. Johnny mit dem nicht mehr ganz so blauen Auge setzt sich gerade auf einen der Barhocker und grinst mich an.

Sofort ist meine Laune wieder im Keller. Was will der denn jetzt von mir.

"Danke." Ich lächle ihm kurz zu und greife dann nach einem Lappen, den ich nassmache, um ein wenig die Theke zu wischen. Ich habe heute sicher hundert mal gekleckert.

"Möchtest du was trinken?" Frage ich ihn und bleibe vor ihm stehen.

"Ein Bier, bitte." Er zieht sich seine Mütze vom Kopf und legt sie vor sich auf den Tisch. Dann öffnet er seine Jacke.

Ich nicke und greife nach einem Bierglas, um es aufzufüllen. Als ich es vor ihm abstelle, zwinkert er mir zu und das macht mich irgendwie...wütend. Er soll das sein lassen. Ich kann ihn nicht mal leiden.

"Und, wie geht's dir so?" Fragt er mich und trinkt dann einen großen Schluck vom Glas.

Wie kann ich ihm höflich klar machen, dass er mir nicht auf die nerven gehen soll? Ich hasse Smalltalk.

"Gut. Und selbst?" Er ist jetzt der einzige an der Theke, deshalb kann ich nicht mal so tun, als müsste ich jemand anderes bedienen. Ich nehme wieder den Lappen in die Hand und fange an zu schrubben.

"Alles bestens. Verrätst du mir deinen Namen?" Ich kotze gleich. Der soll mir jetzt kein falsches Interesse vorspielen. Und sowieso, er müsste ihn eigentlich wissen. Zayn hat ihn sicher ein paar mal in seiner Gegenwart erwähnt, als ich meine Zeit in den Clubs hatte. Außerdem hätte er wenn dann auch letztes mal schon fragen können.

"Blake." Ich schmeiße den Lappen in das Waschbecken und beginne die abgewaschenen Gläser in die Schränke zu räumen.

"Schöner Name. Ich bin Johnny." Ich nicke nur. Ist das wirklich sein Ernst? Wenn ich ihn hätte kennenlernen wollen, hätte ich schon vor sechs Monaten dafür gesorgt.

Zu meinem Glück bleibt er dann erst mal ruhig und trinkt sein Bier. Ich bediene noch ein paar Leute und schon bald sind es nur noch Johnny und zwei betrunkene Frauen, die hier sitzen. Doch auch die bezahlen kurz darauf ihre Rechnung und verschwinden.

Als Johnnys Bier leer ist, setzt er sich seine Mütze wieder auf den Kopf und schließt seine Jacke.

"Hier. Der Rest ist für dich." Er lässt zwei Scheine auf den Tisch fallen und stützt sich dann auf den Ellenbogen ab und grinst mich an.

"Danke, Johnny." Irgendwie komisch von ihm Trinkgeld anzunehmen. Vielleicht sollte ich es nicht tun.
Ich lege die Scheine in die Kasse und beschließe, sie nicht zu wechseln.

"Ich muss ehrlich mit dir sein. Du gefällst mir und eigentlich bin ich nur darauf aus, deine Nummer zu ergattern." Sagt er dann und schenkt mir ein Lächeln, das für andere sicher verführerisch rübergekommen wäre. Aber mich widert es an.

"Ich muss auch ehrlich sein. Ich bin nicht interessiert. Und schon gar nicht bin ich darauf aus, abgeschleppt zu werden. Denn ganz offensichtlich ist das dein Ziel. Und da mach ich nicht mit. Tut mir leid." Ich nehme sein Glas und stelle es in die Spüle.

"Wow, das tut weh. Ich dachte wirklich das würde klappen." Lacht er und bringt mich dazu, die Augen zu verdrehen. Es war ja wohl von Anfang an klar, dass ich kein Interesse habe. Schließlich habe ich keines gezeigt.

"Dann hast du falsch gedacht. Aber ich wünsche dir noch einen schönen Abend."

"Schade. Aber wir werden sehen. Schönen Feierabend, Hübsche." Er zwinkert mir zu und hebt dann zum Abschied die Hand, ehe er sich wegdreht und geht.

Ich weiß nicht, was das heißen soll. Wird er mich jetzt die ganze Zeit nerven? Das kann ja super werden...

*Pausiert*Connected - Teil 2 || Zayn Malik ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt