Kapitel 38

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Zwei Stunden später laufe ich tatsächlich immer noch draußen in der eisigen Kälte durch die Stadt, weil ich einfach nicht das Bedürfnis habe, nach Hause zu gehen. Früher bin ich gerne spazieren gewesen. Ich finde, ich sollte wieder damit anfangen.

Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich hatte diese ganzen geschmückten Straßen den ganzen Winter lang ignoriert, aber heute will ich mir das alles irgendwie anschauen.

Ich habe mir gerade eben einen heißen Tee gekauft. Den habe ich sogar in einem total coolen To-Go Becher bekommen. Natürlich wollte die Kassiererin mir zuerst einen heißen Kakao mit Sahne aufzwingen, weil das alle dort in diesem Cafe getrunken haben, aber ich habe mich stur geweigert. Der Geschmack hätte mich nur an mein trauriges Einsamsein erinnert.

Nun bin ich am Marktplatz angekommen, wo ein riesiger Weihnachtsbaum in der Mitte steht.

Und auch wenn ich den Baum viel zu übertrieben finde, bleibe ich stehen und starre ihn ein paar Minuten stumm an. Ohne wirklich über etwas nachzudenken.

"Ziemlich hässlich." Höre ich neben mir jemanden sagen und erkenne die Stimme natürlich sofort. Was macht er bitte hier? Und das alleine? Ich bin sicher, er mag es hier genauso wenig wie ich.

"Sei nicht so gemein." Antworte ich, ohne ihn anzusehen und musterte den Baum genauer. Er ist wirklich nicht sehr hübsch, weil sich da jemand überhaupt keine Mühe gegeben hat. Aber das ist sicher auch nicht einfach, so einen sechs Meter Baum zu schmücken.

"Wie geht's dir?" Fragt er und stopft sich die Hände in die Jackentaschen, während wir weiter auf den Baum schauen. Ich weiß auch nicht, wieso ich ihn nicht ansehen will. Ich traue mich nicht. Ich will nicht, dass er mich wieder so traurig ansieht, wie vor vier Tagen, als ich nicht mit ihm reden wollte. Das kann ich jetzt nicht gebrauchen. Dann fühle ich mich nur schuldig.

"Ganz gut. Ich hab gerade gekündigt." Antworte ich und lasse meine Hand ebenfalls in der Jackentasche verschwinden, während ich mit der anderen weiterhin den warmen Becher halte.

"Das ist schön zu hören." Meint er und ich nicke stumm.

"Was machst du hier alleine?" Frage ich dann und wende den Blick endlich von diesem dummen Baum ab. Stattdessen mustere ich die einzelnen, noch geschlossenen Stände. Tatsächlich hat der Weihnachtsmarkt noch nicht auf. Was eine Sensation ist, wo hier ja doch schon alle in Weihnachtsstimmung sind und er normalerweise viel früher beginnt. Aber kann mir nur recht sein. Sonst wäre es viel zu voll hier.

"Ich war arbeiten. Und wieso du?" Ach stimmt. Hatte ich ja ganz vergessen. Er arbeitet ja hier in der Stadt. Noch immer ein total komischer Gedanke. Ich hatte irgenwie nie daran gedacht, dass er auch einen normalen Job hat. Ob er selbst tätowiert? Oder dort vielleicht nur im Büro sitzt und die Termine macht? Keine Ahnung.

"Ich war eigentlich wieder auf dem Weg nach Hause. Keine Ahnung wie ich hier gelandet bin. Aber ich werde auch wieder gehen. Es ist arschkalt." Ich drehe mich in seine Richtung und traue mich endlich ihn anzusehen. Natürlich sieht er hinreißend aus. Er trägt einen schwarzen Mantel und seine üblichen Stiefel. Man steht ihm der Mantel gut. Das ist ja unglaublich. Kann er jemals auch schlecht aussehen?

"Soll ich...kann ich dich begleiten?" Fragt er und klingt dabei so nervös, dass ich fast lachen muss. Allerdings will ich ihn nicht verunsichern, deshalb nicke ich nur und drehe mich zum gehen um.

Es ist nett, dass er gefragt hat. Natürlich fühlt es sich sehr viel besser an, wenn ich nicht alleine nach Hause gehe. Auch wenn nun Zayn derjenige ist, der mich bringt.

"Freust du dich auf die Feiertage?" Frage ich. Einfach, damit wir nicht so still nebeneinander herlaufen. Außerdem interessiert es mich ja schon. Ich frage mich, wie er sie verbringt. Mit seiner Familie? Er hat sie nie erwähnt, aber ich glaube, er hat nicht wirklich Kontakt mit ihnen. Dann wäre mir das sicher irgendwann in der Zeit aufgefallen. Aber vielleicht ja mit Josh?

"Nicht wirklich." Antwortet er und sieht auf den Boden. Sofort bemerke ich, dass da mehr hintersteckt. Er klingt dabei so...komisch als er das sagt. Und die Tatsache dass er auf den Boden sieht und einen undefinierbaren Ausdruck in Gesicht hat, lässt es mich einfach vermuten.

"Und du?" Wirft er hinterher, bevor ich irgendetwas fragen kann und schaut mich an. Aber natürlich hätte ich eh nichts gefragt. Es geht mich nichts an und erzählt hätte er es mir sowieso nicht.

"Ein wenig. Ich lerne Hannahs Mutter kennen. Außerdem ist es das erste Weihnachten, dass ich seit drei Jahren feiere. Also bin ich schon irgendwie aufgeregt." Antworte ich ernst und sehe, wie er verstehend nickt. Sicher kann er sich denken, was in den drei Jahren passiert ist, die ich nicht gefeiert habe. Und irgendwie ist mir das unangenehm. Keine Ahnung wieso, aber diese ganze Angelegenheit mit den Drogen und so ist mir mittlerweile so peinlich, dass ich alles am liebsten einfach vergessen will.

"Mit wem wirst du sie verbringen?" Traue ich mich dann doch zu fragen. Allerdings ohne Absichten. Es interessiert mich einfach. Mehr will ich gar nicht wissen.

"Mit Josh und den anderen. Vermutlich werden die von Weihnachten bis Silvester durchsaufen. Aber naja, wird schon." Er lächelt und zuckt mit den Schultern.

"Klingt ja ziemlich spannend." Kommentiere ich nur. Denn tatsächlich kann ich mir das bei seinen Freunden gut so vorstellen. Aber für mich wäre das ja nichts. Da würde ich sogar lieber alleine die Zeit verbringen.

Den restlichen weg sind wir eher still. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Aber mir fällt auch nicht ein, was ich sagen könnte. Aber er sieht nicht aus, als würde es ihn stören, deswegen ist es mir auch egal.

"Danke fürs bringen." Sage ich, als wir langsam zum stehen kommen und uns anschauen. Er nickt nur und lächelt.

Ich lächle zurück und laufe dann vor zur Tür. Dort angekommen, winke ich noch ein letztes mal und öffne sie.

Als ich in der Wohnung stehe, kann ich nicht anders, als zu seufzen. Das hätte echt besser laufen können, oder? Wieso sind wir so komisch zueinander? Ich hatte doch entschieden, dass ich es drauf ankommen lasse. Dass wir uns vielleicht wieder näher kommen. Wieso habe ich ihn nicht auf einen Tee eingeladen?

Ok nein, das wäre vermutlich noch viel seltsamer gewesen. Ach man. Ich weiß doch auch nicht. Wie soll es jetzt weitergehen? Werden wir uns wieder immer nur durch Zufall treffen, keine oder komische Gespräche miteinander führen und diese seltsame Spannung zwischen uns haben? Ich will dass es normal zwischen uns ist.

Aber natürlich ist das nicht so einfach. Dafür müssten wir eine ganze Menge vergessen und das ist wohl unmöglich...

*Pausiert*Connected - Teil 2 || Zayn Malik ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt