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Katy

Es ist Mittwoch am Abend, ich liege seit heute morgen in meinem Bett, mit meinen Taschentüchern in der Hand. Meine Augen brennen, mein Hals ganz wund.

Ich hasse meinen Geburtstag.
Ich hasse den 09 Oktober. Ich verbinde ihn mit dem schrecklichsten Tag meines Lebens.
Ich will nicht daran denken und doch denke ich die ganze Zeit daran, an diesen schrecklichen Tag.

Mein ganzer Körper schmerzt, mein Herz schmerzt, alles schmerzt. Ich schließe die Augen und das was ich sehe gefällt mir nicht.
Ich will kotzen, möchte das nicht sehen und doch sehe ich das alles.

Wie an jedem Geburtstag von mir, fahren wir mit der ganzen Familie meine Großeltern besuchen. Ich zeichne meinen Anfangsbuchstaben auf das belegte Fenster, genauso wie ein paar Herzen.

Es regnet in Strömen, der Wind heult auf, es hagelt und die Bäume geben diese zischenden Geräusche von sich. Wie ich Regen hasse.

Meine Eltern wollten zu Hause bleiben, da das Wetter nicht mitgespielt hat, doch ich wollte unbedingt gehen und nun sitzen wir seit zwei Stunden im Wagen.

Hätte ich vor zwei Stunden gewusst, dass sich mein Leben um hundertachtziggrad drehen würde, wäre ich niemals in diesen verdammten Wagen gestiegen.

Das Wetter wurde von Minute zu Minute schlimmer. Die Äste brachen von den Bäumen ab, Blätter flogen uns auf die Windschutzscheibe, der Regen wurde immer stärker, der Hagel prasselte von Sekunde zu Sekunde immer stärker auf.

Der Regen war so stark, dass die Scheibenwischer nicht mehr hinterherkamen. Die Sicht wurde immer unklarer, es wurde immer schwieriger etwas zu sehen.

Mein Vater fuhr nun langsamer, er sagte uns, dass wir uns anschnallen sollten, was mein Bruder jedoch nicht tat, da er es für unnötig hielt.

Die Straße war nun so undeutlich zu erkennen, nichts war mehr wahrzunehmen, mein Vater versuchte so gut es ging zu fahren, doch was gleich passieren würde, hätte keiner von uns ahnen können.

Nicht er, nicht meine Mutter, nicht mein Bruder oder ich, keiner hätte wissen können, dass das Leben so schnell sein Ende nehmen könnte.

Keiner von uns hätte heute damit gerechnet, keiner, wirklich keiner, hätte ahnen können, dass das heute passiert. Alles passierte ganz schnell, ich sah einen LKW auf uns zu rasen. Mein Vater versuchte auszuweichen, doch es war zu spät, unser Wagen krachte mit voller Wucht gegen eine Wand.

Ich hörte schreie, ich hörte meinen Namen rufen und dann hörte ich nichts mehr, es war plötzlich ganz still, keiner sagte mehr was.
Keiner schrie mehr, nichts war mehr zu hören.

Der heulende Wind war alles, was ich hörte, als ich langsam aus meinem scheinbar kurzen Schlaf erwachte.  Mein Kopf dröhnte, schmerzte, pochte.

Meine Hände zittern. Mein Herz rast. Mir tut alles weh. Ich weiß nicht wo ich bin und was geschehen ist, als ich langsam meine Augen öffne, bereue ich es sofort, es getan zu haben.

Plötzlich erinnere ich mich wieder an das schlechte Wetter, an den LKW, an den Krach, an den Aufprall. Ich versuche mich zu bewegen, doch es geht nicht, ich spüre einen stechenden Schmerz im gesamten Körper, doch ignoriere ihn.

Ich drehe meinen Kopf zu Finn und schreie. Finn sitzt reglos, mit geschlossenen Augen im Wagen. Sein Kopf hängt leicht hinunter, er blutet an Bein und Arm, am Gesicht und den Händen. Ich versuchte ihn wach zu schütteln, ich schrie, doch nichts geschah.

Which Brother?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt