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Katy

Als ich aufwache, ist es laut meiner Müdigkeit zu urteilen viel zu früh. Ich liege ausgestreckt auf dem Sofa, eine Decke über mir. Noah muss schon wach sein, weil ich ihn nirgendwo sehen kann.

Ich rapple mich mit einem leisen stöhnen auf, fahre mir übers Gesicht. ,,Ich dachte schon, dass du nie mehr aufwachst"

Ich sehe auf, weil Noah plötzlich vor mir steht. Er trägt eine graue Jogginghose und dazu einen passenden Pullover. Er sieht einfach umwerfend aus, wohingegen ich wie der tot aussehen muss.

Er kommt zu mir und drückt mir einen Kuss auf die Wange. ,,Willst du etwas essen?"
Ich schüttle den Kopf. ,,Du bist immer noch müde, stimmt's?", fragt er mich lachend.

Ich murmle etwas vor mich hin und bin mir sicher, dass er kein Wort verstanden hat. Er beginnt ein weiteres Mal zu lachen, streicht mir  dabei eine Haarsträhne aus dem Gesicht. ,,Du bist manchmal einfach nur Zucker", sagt er.

,,Hmmhmm" Er steht auf, läuft in die Küche und kommt mit einem Glas Wasser zurück.
Als er es mir reicht, nehme ich es dankend an.

Er will gerade etwas sagen, als sein Handy anfängt zu klingeln. Er sieht mich entschuldigend an und geht ran. ,,Hallo?"

Seine Gesichtszüge verändern sich von Sekunde zu Sekunde. Zuerst ist sein Blick neutral, dann ärgerlich, daraufhin traurig und schmerzverzerrt und zum Schluss undurchlässig. Er wendet mir den Rücken zu, läuft schließlich in ein anderes Zimmer.

Ich frage mich, wer Noah derart aus der Fassung bringen kann, obwohl er doch die Ruhe in Person ist. Mindestens zehn Minuten vergehen, bis er wieder das Wohnzimmer betritt.

Er sieht mich an, seine Mine versteinert. ,,Alles gut bei dir?" Er nickt, schüttelt daraufhin jedoch sofort den Kopf. Er seufzt, fährt sich durch Haar und übers Gesicht. Diese Gäste erinnert mich sofort an Alec und ich sehe für einen Moment weg.

Ich stehe auf und laufe auf ihn zu, bis ich genau vor ihm stehe. ,,Willst du darüber reden?" Er sieht mich Sekunden an, bis er nickt. ,,Das ist mein Vater gewesen", sagt er.

Ich sehe ihn Stumm an, warte darauf, dass er weiter spricht. ,,Er.. er will das ich rüber komme" Sein Blick schweift von meinen Gesicht, hinter die Wand.

,,Er will, dass ich komme, weil in drei Tagen der Todes.. Todestag meiner.. unserer Mom ist. Sie ist am 25 November verstorben", würgt er hervor.

,,Oh Gott, Noah" Ich greife nach seinen Händen, sein Blick richtet sich wieder auf mich. ,,Ich kann es nicht glauben, dass es erst ein Jahr her ist, weißt du?"

Ich nicke. ,,Ich denke immer, dass der Schmerz nach einer Zeit nachlässt, aber irgendwie fühlt es sich an, als würde er von Jahr zu Jahr schlimmer werden. Für mich.. für mich ist meine Mom schon vor Jahren gestorben. Als sie krank wurde... vor sechs Jahren, da.. da ist sie für mich gestorben, deshalb habe ich manchmal das Gefühl, als wäre sie schon sechs Jahre und nicht erst ein Jahr tot"

Am liebsten würde ich ihm sagen, dass ich weiß wie er sich fühlt. Als könnte er meine Gedanken lesen, verzieht sich sein Gesicht schmerzhaft.

,,Es tut mir leid, Kat. Ich rede über Mom, obwohl es für dich viel schlimmer ist."

Ich schüttle den Kopf. ,,Es ist nie leicht eine Person zu verlieren. Es gibt kein schlimmer, weil es immer grausam ist. Ob nur eine oder drei Personen sterben, es ist derselbe beschissene Schmerz", flüstere ich.

Er drückt meine Hände. ,,Du bist so stark, Kat" Ich sehe weg, weil ich ganz und gar nicht stark bin. ,,Darf ich dich was fragen?" Ich sehe zu ihm auf und nicke. ,,Wann.. wann sind Sie verstorben?"

Which Brother?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt