Serafina - überarbeitet

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Es war warm und ich fühlte mich geborgen. Hier gehörte ich hin! Da ich nicht wollte, dass dies hier jemals endete, ließ ich meine Augen geschlossen. Ich genoss die Dunkelheit, die um mich herum war. So langsam schlief ich wieder ein, was auch geklappt hätte, wenn meine Mama mich nicht hochgehoben hätte. Mensch, Mama! Also fing ich an zu zappeln. Ich wollte ihr zeigen, dass ich das hier nicht wollte! Aber anstatt mich loszulassen drückte sie mich noch fester an mich. Was sollte ich jetzt tun? Wenn ich sie mit Blickkontakt bestechen wollte, musste ich meine Augen öffnen, aber was tat man nicht alles, um wieder in sein Bett zu kommen. Also öffnete ich erst das eine Auge und dann das andere. Eigentlich war ich ja auch neugierig, was so um mich herum war. Aber als meine Augen offen waren, war ich überrascht. Es war genauso dunkel! Man, das war ja dann mal so was von unnötig gewesen, die Augen die ganze Zeit geschlossen zu halten. Das war ja jetzt auch alles schön und gut, doch ich wollte jetzt wieder in mein Bett. Doch als ich es mit Blickkontakt versuchen wollte, wich meine Mutter meinem Blick aus. Jetzt wurde ich neugierig. Was war hier los?

Panik bekam ich erst, als meine Mama mit mir von meinem Bett wegging! Das durfte doch nicht war sein! Als ich mich äußern wollte, brachte meine Mama mich aber schnell wieder zur Ruhe. Ich sollte nicht schreien. Das würde die anderen aufwecken und meine Geschwister taten es auch nicht. Ich würde jetzt nicht aus der Reihe tanzen und den Groll der anderen wecken, wenn sie dank mir aufwachten. Aber das half trotzdem alles nichts, um meine Angst zu mindern. Im Gegenteil, denn nach ein paar Minuten spürte ich auch noch einen Windhauch. Hier ging etwas schief, aber so was von! Aber bevor ich auch nur die Chance hatte, zu realisieren, was hier gerade vorgefallen war, rannte meine Mutter auch schon los.

Ich bekam noch mehr Angst und sie sollte sich vorerst auch nicht wieder legen. Wir waren nur ein paar Minuten unterwegs, da wurde sie auch schon wieder langsamer. Irgendwann fand ich das Tempo gemütlich und schaffte es sogar, mich auszuruhen. Aber dann wurde meine Mama noch langsamer, nein, sie bewegte sich regelrecht vorsichtig. So, als dass, wenn man sie sehen würde, alles hinüber wäre. Ich lugte aus meiner Decke hervor und stellte fest, dass wir in einer Gasse waren. Sie war nicht sonderlich groß, aber das war auch kein Problem. Was aber ein Problem war, dass ich an jeder Seite riesige Schatten sah, die uns anscheinend verfolgten. Erleichtert atmete ich auf, als ich sie nicht mehr sah, aber mich verunsicherte es, dass meine Mama jetzt stehen blieb. Vorsichtig legte sie mich auf den Boden und trat ein paar Schritte zurück. Wollte sie mich etwa alleine lassen??? Bevor ich anfangen konnte zu schreien, kam meine Mama wieder zu mir. Es war irgendwie offensichtlich.  Sie musste etwas tun, war sich aber nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Aber solange sie bei mir blieb war alles in Ordnung. Nach einer Weile beugte sie ich zu mir herunter und raunte mir in mein Ohr: „Serafina."

Es klang wunderschön. Und zuerst wusste ich nicht, was genau das war, aber es war mehr als nur ein Satz, mehr als nur ein Wort, mehr als dass man es einfach so sagen würde. Es war mein Name, fiel mir ein. Doch warum nannte sie mir hier meinen Namen? Sollte es als Abschied dienen? Wollte mich meine Mutter verlassen? Nein, das durfte ich mir einfach nicht vorstellen. Um mir das Wort auf jeden Fall im Kopf zu behalten fing ich an, es leise vor mich hin zu denken. Erst leise und dann immer lauter und irgendwann verließ es meinen Mund. Es wollte ausgesprochen werden und so wurde ich immer und immer lauter. Dieses Mal war meiner Mutter egal, wie laut ich war, denn sie wusste etwas, was ich nicht wusste. Irgendwann fing sie an mitzureden und ich wusste nicht, wie laut wir am Ende wirklich waren. So ging das eine Weile, bis es, ja, bis es heller wurde! Die Welt bestand also doch nicht nur aus Dunkelheit!

Als meine Mutter abrupt aufhörte und sich wieder von mir entfernte, wusste ich, dass dieser Moment der letzte war, den wir zusammen verbrachten. Unser Lied aus diesem einem Wort war ein Abschiedslied. Es war das letzte Lied, dass ich mit meiner Mutter gesungen hatte. Ich wollte sie noch einmal sehen, einmal ihre Wärme spüren, doch als die ersten Sonnenstrahlen herauskamen, verschwand sie. Sie hatte mich verlassen, aber die Wärme des letzten Liedes war noch in mir und ich schwor mir, diese Wärme niemals loszulassen, egal, was mein Leben für mich bereit hielte. Dafür war dieses Lied zu wichtig! Es war meine einzige Erinnerung an meine Mutter mit geöffneten Augen. Meine Mama...

Saphira - DrachenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt