Angriff

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Die Drachen kamen immer näher und die Menschenmenge unter mir wurde immer ungeduldiger. Normalerweise hätten sie schon alle gekämpft. Normalerweise hätte es jetzt schon angefangen. Und doch wartete ich. Jede Sekunde, die verstrich, bedeutete ein Leben im schlimmsten Fall. Jede Sekunde wurde es ernster. Nun kam sogar schon Lorcan auf das Dach geklettert. „Man Fina! Willst du uns umbringen? Gebe endlich den Befehl zum Feuern! Die Drachen sind schon lange in unserer Zone! Du wirst uns umbringen!", schrie er mir zu, doch ich erwiderte nur: „Geh wieder runter. Zu den anderen. Ich will nicht, dass du hier oben bist, denn hier wird sich alles entscheiden. Bitte Lorcan, geh. Tu es für mich und wenn wir uns nie wieder sehen, will ich, dass du etwas weißt: Ich liebe dich und daran wird sich auch nie etwas ändern!"

„Ich liebe dich auch", es war eher ein Flüstern, was von ihm kam, doch er ging hinunter. Dabei schaute er mir in die Augen, als würde ich mich jede Sekunde in Luft auflösen. Was ja irgendwie auch stimmte... Ich drehte mich wieder um und versuchte, ruhig zu bleiben. Doch es gelang mir nicht ganz. Ein leichtes Zittern strömte durch meinen Körper. Zum ersten Mal war ich froh, dass ich hier oben alleine war, denn so konnte niemand sehen, was ich tat, denn ich war mir sicher, dass es niemand gutheißen würde.

Langsam zog ich mein Schwert aus der Scheide und legte es vor mich hin. Der Anführer soll wissen, dass ich keine Gefahr bin, obwohl ich ein Mensch war. Ich hatte einen Plan und ich hoffte, dass er gelingen wird, denn sonst kam Plan B: Saphira. Mein sicherer Tod, aggressive Menschen und Blut. Nein, das konnte ich nicht riskieren.

„Sie sind in Schussweite!", hörte ich jemanden von unten, „Gib uns das Kommando und wir feuern!" „Nein", entschied ich und ich konnte sogar hier die Verwunderung sehen, „Niemand greift an! Ich werde die erste sein! Und da ich nicht Drachen töten werde, stirbt heute niemand! Weder ein Drache, noch ein Mensch!" Ich wusste, dass ich mich auf dünnem Eis bewegte, doch ich musste es riskieren.

„Fina! Das ist Selbstmord!", rief Lorcan, doch ich beachtete ihn nicht. Stattdessen richtete ich meinen Blick wieder zu den Drachen und konnte nun den Anführer ausmachen: Sakuro! Ich war froh, dass niemand anderes noch gewählt wurde. Meine Hoffnung keimte ein wenig auf, doch ich wollte sie nicht sprießen lassen. Deswegen verdrängte ich sie und suchte nach Sakuros Gedanken.

Als ich sie endlich erreicht hatte, griff ich danach und stellte einen Kontakt her, was sich als etwas schwierig erwies, denn Sakuro kommunizierte die ganze Zeit mit den anderen Drachen. Ich hörte ein paar Minuten zu, bevor ich mich einklinkte. „Warum greifen die Menschen nicht an?", kam es bei Sakuro an und ich verfolgte den Gedanken zurück. Es war ein roter Drache, den ich nicht kannte. Nun rätselten auch die anderen Drachen, warum wir nicht angriffen und ich beschloss, dass es nun an der Zeit war. „Ich habe das Kommando, Sakuro", erklärte ich ihm und er sah etwas verwirrt aus. Trotzdem folgte er meinen Gedanken zu mir. „Mensch. Was willst du?", fragte er skeptisch und ich antwortete in einem einzigen Wort: „Reden." Mit diesem Wort hatte ich auch meinen Plan erklärt.

Jep, das war mein Plan. Eine Armee von Drachen durch reden zu stoppen. Komplett hirnrissig, aber meine einzige Chance. Glücklicherweise dachte Sakuro schon einmal nach. Sakuro. Ich will keinen Krieg. Ich will keine Verluste auf euerer oder auf unserer Seite und schon gar keinen Krieg. Bitte, ich will nur reden", redete ich auf ihn ein. „Was garantiert mir meine Sicherheit?", hakte er nach. „Ich habe mein Schwert beiseite gelegt und die Töter dort unten stehen unter meinem Kommando, solange sich Saphira nicht blicken lässt. Ich garantiere dir deine Sicherheit", erklärte ich ihm.

Hoffentlich ließ er sich darauf ein, denn sonst endete das ganz hier unschön. Schnell klinkte ich mich in den >Gruppenlink< ein und hörte so alles, was hier besprochen wurde. Zuerst blieb es eine Weile still, bis ein Drache fragte: „Warum bleiben wir hier Sakuro? Warum greifen wir nicht an? Die Menschen sind wie versteinert, wahrscheinlich haben sie Angst. Das wird leicht!" „Nein", hörte ich endlich Sakuro sagen, „Niemand greift an, nicht bevor ich es sage. Ein Mensch will mit mir reden. Es ist verrückt, aber der Mensch befehligt alle anderen. Sie hören auf ihr Kommando. Ich gehe runter und werde reden. Sollte ich angegriffen werden, greift ihr an. Zuvor aber nicht. Verstanden?" Es gab nur zustimmende Worte und ich beruhigte mich ein wenig.

Saphira - DrachenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt