Vollmond

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Ich war mit Lorcan Evans zusammen! Ich fasste es einfach nicht! Früher hätte ich es für unmöglich gehalten doch jetzt war es real. Der Ball gestern war noch wunderschön, aber leider sah ich sie heute nicht. Ich brauchte Pause und Ruhe, damit ich diese Nacht wieder fit sein konnte. Heute ist Vollmond! Ich hatte mich mit Moon auf der Lichtung verabredet und hoffte, dass sie kam. Sie war mittlerweile meine beste Freundin geworden und konnte mir alles ablesen, was ich dachte oder was ich fühlte. Aber das konnte ich auch bei ihr, denn wir waren durch unsere Gedanken aneinander gebunden.

Mit den Gedanken an heute Nacht stand ich auf und zog mir was Bequemes an. Mein Kleid hängte ich zurück in den Schrank. Nachdem ich angezogen war, ging ich hinunter in den Speisesaal und frühstückte. Wobei frühstücken konnte man das nicht mehr nennen, denn es war bereits 11 Uhr. Nach dem Frühstück wollte ich zur Lichtung, weshalb ich mir mein Fahrrad holte. Unten bei den Fahrrädern war ich nicht alleine. Lorcan stand da. Ungewollt machte mein Herz einen kleinen Hüpfer und ich beschleunigte meine Schritte. „Lorcan!", rief ich, „Ich dachte du hättet heute viel vor!"

Ich warf mich in seine Arme und er fing mich federleicht auf. Wir begrüßten uns mit einem Kuss, bevor er zu einer Erklärung ansetzte: „Hey Fina. Ja wir haben viel vor, doch das wird mich nicht daran hindern, meine neue Freundin zu besuchen." Er gab mir noch einen Kuss und setzte mich vorsichtig ab. „Wenn ihr so viel vor habt, dann wäre es doch besser, wenn ich helfe", erwiderte ich und damit war mein Plan für heute geändert.

Er wusste, dass ich mich mit meinem Dickkopf durchsetzen würde, weshalb er nichts erwiderte, sondern einfach mit mir mein Fahrrad holen ging. Schließlich fuhren wir zusammen los. Bei der Industriestadt angekommen herrschte schon reges Treiben und wir halfen sofort mit. Im Laufe des Tages sah ich die anderen Jungs und auch Lorcans Familie, die ich immer nur kurz begrüßte. Zum Mittagessen setzten wir uns alle an einen lange Tisch und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Nun ja, bis Emily kam. Sie hatte herausgefunden, dass, erstens, alle heute hier mithalfen, auch Lorcan, und zweitens, dass ich jetzt mit ihm zusammen war und das gefiel ihr gar nicht.

„Hey Lorcan! Hast du heute schon etwas vor?", fragte sie ihn. Er schaute mich an und ich warf ein entschuldigendes Lächeln zurück. Sie konnte echt nerven, aber ich hatte keine Probleme damit, dass sie etwas mit meinem Freund machte und genau dieser antwortete jetzt: „Hallo Emily. Hast du keine Augen im Kopf? Ich habe hier zu tun und außerdem eine Freundin! Ich liebe Fina und niemanden sonst und ich habe auch nicht vor, fremd zu gehen!" Das war hart.

Auch Emily schockte es, nur dass sie wegen der Abweisung geschockt war und nicht wegen der Worte. Das kannte sie nämlich nicht. Sie bekam immer alles, was sie will. Nur bei Lorcan war Endstation. „Ach ja? Und warum genau liebst du Serafina? Sie ist ein Schatten und tötet noch nicht einmal Drachen, wie ich!", warf sie ihm an den Kopf, doch dieser reagierte recht gelassen: „Warum ich Fina liebe? Weil sie unter anderem hübsch und intelligent ist, aber das sind viele. Ich liebe sie, weil sie einzigartig ist. Sie ist nicht wie die anderen, sie ist wild, entschlossen und mutig. Und ich liebe sie vielleicht deshalb, dass sie sich weigert, Drachen zu töten. Das macht sie besonders. Und deshalb liebe ich sie. Verstanden?" „Weißt du was? Dann töte ich auch keine Drachen mehr!", reagierte sie nun völlig über, doch niemand schien sich mehr für sie zu interessieren, denn jeder widmete sich wieder seinem Essen zu und die ausgelassene Stimmung kam bald zurück.

Erst am Abend kehrte ich wieder nach Hause zurück. Dort warf ich mich auf mein Bett und überlegte mir, was ich für heute Nacht anziehen sollte. Lange Hose? Oder kurze? T-Shirt oder Pulli? Nach einigem hin und her entschied ich mich für eine lange, schwarze Hose und ein dunkles T-Shirt mit einer Weste zusammen. Als es dann im Heim still wurde, kletterte ich aus meinem Fenster und landete im Garten. Von dort sprang ich über den Zaun und rannte in Richtung Wald. Erst im Schutz der Bäume blieb ich kurz stehen und überprüfte, ob ich alles hatte. Ja, ich hatte alles.

Saphira - DrachenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt