Vermächtnis

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Ich wollte einfach nur noch weg. Mein Fahrrad hatte ich schnell frei gemacht, doch dann kam Lorcan und hielt mich fest: „Hey, wo willst du denn so schnell hin? Ich dachte wir machen heute was. Erstellen den Plan und essen noch ein Eis oder so." „Nein, ich habe es dir schon heute morgen gesagt. Ich habe noch etwas zu erledigen und da kannst du nicht mit. Und je schneller, desto besser", ich wollte ihn abschütteln, denn im Moment ging er mir gehörig auf die Nerven. Nur weil wir zusammen trainieren hieß das noch lange nicht, dass ich meine Freizeit mit ihm verbringen musste. Deshalb verabschiedete ich mich schnell und fuhr vom Hof.

In der Stadt war sehr viel Verkehr, weshalb ich auf die Nebenstraßen auswich und den direkten Weg in Richtung Wald einschlug. Mir war klar, dass das, was ich heute vorhatte reinem Selbstmord glich, doch siegte wieder die Neugier über die Vernunft. An meinem Baum angekommen hievte ich mein Fahrrad wieder hoch, verstaute die Bücher und machte mich zu Fuß auf den Weg. Ich hatte keine Angst, dass jemand etwas dort fand, denn abseits der Wege ging niemand, naja, bis auf mich. Meine Füße trugen mich wieder zu der Stadtmauer. Sie war genauso verlassen wie gestern, doch ich schaute mich noch einmal gut um, bevor ich die Stelle suchte, die mich hinaus brachte. Das war reines Glück, dass ich sie fand und heute hatte ich eher weniger Probleme sie zu finden und zu öffnen. Langsam schob sich der Stein nach hinten, sodass ich durchkam und nachher verschloss ich ihn wieder vorsichtig. Es sollte ja niemand mitbekommen, dass ich draußen war.

Auch den Weg fand ich recht schnell wieder und konnte dieses Mal durchrennen, wobei sich meine Muskeln durchaus bemerkbar machten nach der Sportstunde. Nach einer guten halben Stunde kam ich an. Die Lichtung lag genauso dort, wie ich sie verlassen hatte. Es dauerte keine Sekunden, bis ich mich in ihrem Bann verlor und ich hatte Mühe, mich loszureißen. Da ich den Bann noch etwas genießen wollte, zog ich meine Schuhe aus und lief barfuß über das Gras. Es kitzelte ein wenig, aber es war eher angenehm. Gedankenversunken machte ich mich auf die Suche nach... Nach was eigentlich? Ich wusste es nicht, doch ich würde es wissen, wenn ich es gefunden hatte.

Und das wusste ich schließlich auch, als ich auf eine alte Truhe stoß, die etwas geheimnisvolles an sich hatte. Vorsichtig versuchte ich sie zu öffnen und schlussendlich ging sie auf. Ich keuchte auf, als ich sah, was sich dort drin befand. Uralte Bücher. Zum Teil waren die Cover schon zerschlissen, doch die Seiten waren noch intakt. Das wunderte mich, denn auch die Bücher von Ercan waren noch nicht verfallen. Hatten sie damals anderes Papier? Oder waren sie damals fortschrittlicher als wir und wir hatten das nur wieder verlernt? Viele von den Büchern gingen über Drachen, aber nicht nur über ihre Bösartigkeit, nein, die meisten beschrieben die Drachen von einer anderen Seite. Wer auch immer diese Bücher hier hin gebracht hatte, derjenige oder diejenigen wollten dieses Wissen hüten.

Und wenn ich mir diesen Ort so ansah, dann hatte ich auch die Vermutung, dass niemand sie je finden sollte. Deshalb beschloss ich auch, die Bücher nicht von hier wegzubringen, so wie ich es mit Ercans Büchern gemacht hatte, nein, ich beschloss, Ercans Bücher hierherzubringen. Denn hier waren sie in absoluter Sicherheit, hier würde sie niemand finden. Ich wollte auch Ercans Schwert hierher bringen und stand auf, um genau dies zu tun. Ercans Sachen hierherzubringen und dann die anderen Bücher zu lesen. Ich wollte mir mein eigenes Wissen aneignen, dass mir nicht von jemandem vorgeschrieben wurde.

Und das tat ich dann auch. Ich zog meine Schuhe an und machte mich auf den Rückweg. Mittlerweile musste ich schon gar nicht mehr auf den Weg achten, denn den kannte ich mittlerweile. Deswegen kam ich auch schnell bei der Mauer an und öffnete sie mir, nur um sie dann wieder zu schließen. Bei meinem Baum angekommen schnappte ich mir Ercans Sachen und rannte wieder zurück zu der Mauer. Von mir aus konnte jetzt jemand meinen Baum finden, denn meinen Bogen hatte ich auf der anderen Lichtung, wie auch meine anderen wichtigen Sachen. In meinem Baum war in dem Moment eigentlich nur noch mein Fahrrad und das würde so schnell niemand stehlen, denn wenn man nicht wusste, wie man das Fahrrad da runterbekommen sollte, war das recht schwierig. An der Mauer blieb ich kurz stehen, vergewisserte mich, dass niemand da war, und öffnete sie, nur um sie dann wiederum zu schließen.

Saphira - DrachenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt