Mondhoch

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Mein Körper versank im Wasser und die Masse um den Brunnen herum verschwand langsam. Irgendwann stand nur noch meine Familie davor und sah in den Brunnen. Doch nach und nach mussten auch sie gehen. Noch waren sie nicht fertig. Ich folgte Emily, denn das Quadrat war groß genug, dass es den ganzen Berg einhüllte. Ich konnte zwar zwischen den Quadraten reisen, würde ich das aber tun, wäre mein Körper wirklich verloren. Also begab ich mich mit dem Berg zufrieden.

Emily ging noch zu den Jungs und sie sprachen sich aus. Sie erzählte ihnen alles, was passiert war und so weiter. Sie erwähnte auch Lorcan und Niko und als Kaimi erfuhr, dass er die feste Freundin von ihm ermordet hatte, wurde er noch blasser. Emily hatte ihn davor zur Schnecke gemacht und er hat ihr versprochen, es Lorcan und Niko zu beichten, sobald er die Gelegenheit dazu hatte. Und das war in dieser Nacht.

Ich stand am Durchgang des Mount Mightless und schaute hinaus in die Ferne. Wie gerne hätte ich mich in diesem Moment verwandelt und die Jungs besucht. Doch ich konnte es nicht. Ich war in diesem Quadrat gefangen und ich verstand nun, dass das Quadrat auch ein Gefängnis sein konnte. In dieser Nacht begegnete ich keinen Toten. Niemand von ihnen machte sich die Mühe und kehrte hier hoch. So hatte ich meine Ruhe und konnte sie am Fuße beobachten.

Mitten in der Nacht kamen die Späher wieder zurück und wurden schon von Sunil erwartet. Sie sagten ihm, dass die Töter den Fuß erreicht hatten und morgen früh kampfbereit sein würden. Auch die Jungs und Emily erfuhren dies, welche Kaimi dazu drängte, noch diese Nacht zu Lorcan und Niko zu gehen. Widerwillig stimmte dieser ein und so standen alle kurz darauf im Durchgang. Somia war bei ihnen und versprach, ihn unten abzusetzen. Etwas weiter weg, sodass keiner sie sah, aber nah genug, dass Kaimi schnell zu ihr konnte.

Ich sah zu, wie dieser auf Somia aufstieg und los flog. Somia hielt sich dicht am Berg und nutzte ihre Schuppenfarbe, um sich zu tarnen. Kurz über den Bäumen bremste sie ab und Kaimi stieg ab. Ich sah nur noch, wie er die Bäume hinunterkletterte und Somia wieder in sichere Entfernung flog.

Emily und die anderen warteten mit mir, was sie nicht wussten, oben auf dem Mount Mightless. Niemand wagte es, etwas zu sagen und so saßen oder standen wir dort und warteten auf eine Regung. Es dauerte nicht lange, bis Somia wieder zu den Bäumen flog und die drei Jungs aufstiegen. Sie zögerte danach keine Sekunde mehr, sondern flog schnell zurück.

Auf dem Berg fragte Lorcan Kaimi: „Was war so wichtig, dass du es uns nicht unten sagen konntest und warum bist du hier? Und wo ist Fina?" Sofort gelangte der traurige Blick wieder in ihre Augen und Kaimi beichtete: „Fina war bei uns in der Stadt. Sie hat es geschafft. In der Stadt herrscht Frieden und..." Er brach ab. „Was und?", hakte dieses Mal Niko nach. „Und Fina...", wieder brach er ab, doch er redete danach weiter, „Sie hat... Ich habe...Ich dachte an Vater und in diesem Moment hatte ich Somia noch nicht und da... Ich habe... Sie ist tot. Ich habe sie getötet..." Seine Stimme versagte vollkommen und Lorcan entgleisten alle Gesichtszüge. Auch Niko sah nicht besser aus. „Sie ist tot?", fragte Lorcan noch einmal. Kaimi konnte nichts mehr sagen, weswegen er nur nickte. „Du hast sie getötet?", hakte Niko nach und wieder konnte Kaimi nur nicken.

Er tat mir leid. Ich hatte ihm schon längst verziehen. Es brachte nichts, sauer zu sein. Es änderte nichts an der Tatsache. Jetzt schienen die beiden zu realisieren, was Kaimi ihnen gerade gesagt hatte und Lorcan rastete komplett aus: „Du mieses Stück etwas! Du hast sie getötet! Du Mörder! Sie wollte niemanden töten und jetzt hast du sie... Du..." Die Schimpfwörter wollte ich an dieser Stelle jedoch nicht erwähnen. Auf jeden Fall beschimpfte Lorcan seinen Bruder aufs höchste und brach danach vollkommen verzweifelt zusammen. Sakuro und Aero hatten dies längst bemerkt und kamen ebenfalls dazu, aus Sorge, was mit ihren Seelenverwandten los war.

Die beiden sahen jedoch nur noch, wie Lorcan zusammenbrach und auch Niko hemmungslos weinte. Auch die anderen hatten Tränen in den Augen und schwiegen. Es reichte den beiden Drachen, dieses Szenario zu sehen, damit sie wussten, was los war. Doch sie konnten nichts tun, sondern nur den Schmerz teilen. „Wo ist sie?", fragte Lorcan irgendwann zwischen zwei Schluchzern. „Beim Brunnen", antwortete Emily ihnen. „Bring uns hin", verlangte Niko und so setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung.

Saphira - DrachenblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt