Kapitel 5

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"Gute Nacht.", Elisabeth hatte uns das Gästezimmer gezeigt und ließ uns nun alleine. "Wünsche ich dir auch.", antwortete ich und grinste. Wenn Liam schon nicht antwortete, dann wenigstens ich. Die Tür fiel zu und Liams Blick schweife zu mir. "Schleimerin.", neckte er mich. "Das nennt man Höflichkeit.", widersprach ich mit offener Kinnlade. Liam schaute zu mir herab und sagte nichts mehr. Er betrachtete mich schweigend, was ich schön fand, aber irgendwie auch unangenehm.
Deshalb drehte ich mich in den Raum und schaute mich um. Das Bett, welches in der Mitte des Raumes stand war deutlich kleiner als das in New York. An beiden Seiten waren Nachttische und auf der linken Seite des Raumes waren Fenster, die einen atemberaubenden Blick auf Paris boten.

Ich dachte darüber nach, ob ich es schaffen würde mit Liam in einem Bett zu schlafen oder nicht. Doch ehe ich darüber nachdenken konnte, nahm er mir auch schon die Entscheidung ab. "Ich warte bis meine Mutter eingeschlafen ist und dann gehe ich auf die Couch.", beschloss er während er seinen Koffer öffnete. "Du musst nicht auf der Couch schlafen.", widersprach ich und konnte es nicht zulassen, dass er wegen mir zurückstecken musste. Wir waren lange genug auf Distanz.

"Aber -", ich ließ ihn nicht aussprechen. "Liam es ist okay für mich, wenn wir heute beide in dem Bett schlafen.", ich deutete auf das Bett und zog meinen Mundwinkel hoch. "Bist du dir sicher?", wollte er noch einmal sicher gehen und zog seine Augenbrauen hoch. Ich nickte zurückhaltend als Antwort. Daraufhin grinste er und fing an sein Hemd aufzuknöpfen. Normalerweise hätte mich das nicht gestört, ganz im Gegenteil. Aber zu diesem Zeitpunkt war es mir unangenehm, weshalb ich meinen Blick abwendete.

"Ich komme gleich wieder.", Liam presste seine Lippen aufeinander und verschwand aus dem Schlafzimmer. In der Zwischenzeit zog ich mich ebenfalls um und legte mich in das weiche Bett. Ich schaltete das Licht aus, legte die Decke über meinen Körper und schloss meine schweren Augenlider. Kurze Zeit später öffnete Liam nach einem leisen Klopfen die Tür und trat herein. Er trug eine dunkelblau karierte Hose und ein dunkelblaues T-Shirt. Vorsichtig tapste er im Dunkeln durch den Raum und schlüpfte ebenfalls unter die Decke. Rücksichtsvoll hielt er großen Abstand und gewährte mir viel Platz.

"Damals hast du mich abgewiesen, aber heute passiert das nicht."

"Lass mich los!", voller Angst schlug ich um mich und wollte ihn von mir weg drängen. Aber er war zu stark, ich konnte nichts ausrichten. "Das wollte ich schon immer machen!", brüllte er und blickt mit seinen hasserfüllten Augen auf mich herunter. Meine Handgelenke brannten wie Feuer und mein Hals fühlte sich so an, als würde er mich gleich erwürgen. Mein Atem wurde unregelmäßig und ich konnte nicht glauben was er vorhatte.

Mit einem lauten Einatmen und schweißgebadet erwachte ich aus dem schrecklichen Albtraum. Ich atmete wie wild und setzte mich aufrecht hin. Panisch schaute ich durch den Raum und versuchte meinem Gehirn klar zu machen, dass ich nicht in der Lagerhalle war, sondern in Paris mit Liam.
"Alice..", er wurde auch wach und fragte besorgt nach mir. Ich reagierte aber nicht und wischte eine Träne weg, die meine Wange entlang lief. Diese Albträume sollten endlich aufhören!

Ich fühlte wie Liam vorsichtig seine Hand in meine Richtung führte und sie auf meinen Arm legte. Mit der Berührung bekam er die Aufmerksamkeit von mir, die er wollte. Obwohl es dunkel war, konnte ich sein besorgtes Gesicht erkennen. Zuerst fand ich es fremd, dass er mich berührte und am liebsten wäre ich aus dem Zimmer gerannt. Aber dann wurde mir klar, dass nur er mir helfen konnte. Nur Liam konnte mir die Angst nehmen. Es schien so, als wäre er das Licht in der Dunkelheit.

"Liam.", schluchzte ich und ließ meinen Kopf gegen seine Brust fallen. Sofort umarmte er mich und strich mit seiner Handfläche über meinen Rücken. "Alles wird gut. Ich bin hier.", sprach er mir Mut zu und lehnte sich langsam mit mir in seinen Armen zurück, bis wir wieder lagen. Ich schloss meine Augen und hörte sein Herz schlagen. "Danke.", flüsterte ich und umklammerte erleichtert mit meiner Hand seinen Körper. "Bedank dich nicht bei mir Alice. Ich bin immer für dich da.", machte er mir wieder klar und deckte uns zu.

"Guten Morgen. Da seid ihr beiden endlich.", Elisabeth saß bereits an dem langen Esstisch aus Glas und deutete auf zwei freie Plätze gegenüber von ihr. Liam und ich setzten uns und ich konnte nur staunen über das prächtige Frühstück. "Guten Morgen, Mutter.", begrüßte Liam die Dame gegenüber von uns. Ich schloss mich ihm an und wünschte ihr ebenfalls einen guten Morgen. "Greift zu.", sie zeigte wieder ihr fröhliches Lächeln und trank ihren Orangensaft.

Ich konnte noch keinen klaren Gedanken fassen, da ich immer noch an letzte Nacht dachte. Zum ersten Mal seit langem war ich wieder in Liams Armen eingeschlafen und es hatte sich gut angefühlt. Mutter und Sohn unterhielten sich, während die Gefühle in meinem Kopf sortierte. "Alice, Liebes?", hört ich die Stimme von Elisabeth und räusperte mich. Ich hatte keine Ahnung wovon die beiden gesprochen haben. Fragend schaute ich erst Liam und dann wieder sie an. Scheiße, konnte ich nicht einmal bei der Sache bleiben? "Gut ... wir haben gut geschlafen.", antwortete Liam für mich und warf mir einen beruhigenden Blick zu. "Oh, ja. Ich habe geschlafen wie auf Wolken.", bestätigte ich ihn und lächelte begeistert.

"Liam warst du denn schon einmal bei deinem Halbbruder?", diese Frage von Elisabeth kam ziemlich unerwartet, weswegen ich fast an meinem Croissant erstickte. Auch Liam schien verblüfft von der Frage und runzelte seine Stirn. "Nein und ich möchte auch nicht darüber reden.", wies er seine Mutter ab und aß weiter. Ich hielt mich aus der Sache heraus und hörte gespannt zu. "Ich weiß wie schwer das für dich sein muss.", redete Elisabeth weiter. Es schockierte mich eher, dass es so leicht für sie war. Vor allem weil Liams Halbbruder der unehrliche Sohn ihres verstorbenen Mannes war.

"Nicht nur für mich, Mutter. In die Sache sind mehr Leute eingebunden und momentan möchte ich nichts von diesem Mistkerl hören. Und schon gar nicht erst möchte ich ihn sehen.", versuchte Liam ihr klar zu machen und dennoch behielt er einen respektvollen Ton. "Hast du ihn denn überhaupt angehört?", hackte sie nach. Wusste sie von dem Vorfall? Eigentlich sollte kaum jemand davon wissen. "Ich bitte dich, hör jetzt auf darüber zu reden.", mein Freund schaute kurz zu mir rüber, um zu sehen wie es mir bei dem Gespräch ging. Er hatte Angst, dass es mir unangenehm war und es Erinnerungen weckte.

"Ist schon gut. Aber versprich mir, dass du darüber nachdenkst.", die elegante Dame zog ihre Augenbrauen hoch. "Versprochen.", sagte Liam und stach mit seiner Gabel in die Erdbeere auf seinem Teller.

"Wie lange werdet ihr beiden hier bleiben?", wollte Elisabeth wissen. "Ein paar Tage. Wir wissen noch nicht wie lange genau.", erklärte Liam seiner Mutter. "Ihr bleibt aber schon hier im Penthaus, oder?", obwohl Liam gestern gesagt hatte, dass wir heute in ein Hotel gehen würden, fragte sie erneut. Ich sah diese Liebe in ihren Augen und die Sehnsucht nach ihrer Familie. Aber in New York konnte sie sich nach dem Skandal um Dexter nicht mehr blicken lassen. "Wie gesagt, wir-" "Wir bleiben natürlich hier.", unterbrach ich Liam und legte meine Hand auf seine. Er folgte mit seinen Augen meiner Bewegung und schaute dann zu seiner Mutter. "Du hast es gehört.", grinste er.
Das Penthaus war sowieso riesig, dass man sich nicht mal sehen müsste, wenn man es nicht wollte.

You're my bright light in the darkness - Band 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt