Kapitel 30

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Eine Woche später ...

Trauer, Schmerz und das Gefühl nicht mehr zu leben begleiteten mich täglich, seit dem Unfall in Thailand. Jeden Tag dachte ich daran was passiert wäre, wenn ich Liam aufgehalten hätte. Ich war ein Wrack. Seit einer Woche hatte ich kaum etwas gegessen oder getrunken. Vierundzwanzig Stunden am Tag saß ich vor dem Krankenzimmer und wartete darauf, dass Liam aufwachte. Ich gab meine Hoffnung nicht auf und glaubte daran, dass er seine Augen öffnen würde.

Er lag im Koma und war an unzähligen Geräten angeschlossen. Die Platzwunde an seinem Kopf musste genäht werden und die Ärzte konnten noch nicht sagen wie es ihm geht, falls er aufwacht. Aber das bezweifelten die Ärzte, denn sein Zustand war sehr kritisch. Er konnte in Thailand nicht sofort mit der nötigen Medizin versorgt werden, sondern erst hier in New York. Ich habe diesen Anblick seines leblosen Körpers immer noch vor mir.

Der Ring an meinem Finger glitzerte wie an dem Tag, als er mir den Antrag gemacht hatte. Ich fuhr mit meinem Finger über den weißgoldenen Ring und erinnerte mich an seine Worte zurück.

Ich möchte an deiner Seite sein, bis mein Herz aufhört zu schlagen.

"Hier dein Kaffee.", ich hob meinen Blick und schaute in die grauen Augen von Damon. "Danke.", meine Stimme war leise und rau. "Bist du sicher, dass du nicht nach Hause gehen möchtest, um dich auszuruhen?", er setzte sich auf den freien Stuhl neben mir. "Ich bleibe hier, Damon. Egal wie oft du mich das noch fragst.", sprach ich und fühlte die Wärme des Kaffeebechers in meinen Händen. "Du bist ihm keinen Tag von der Seite gewichen. Du hast es verdient dich auszuruhen.", versuchte er weiterhin mich zu überreden. Ich konnte ihn verstehen, aber er sollte es akzeptieren, dass ich nicht weg gehen wollte. Deswegen warf ich ihm einfach nur einen bösen Blick zu und trank einen Schluck von dem Kaffee. "Okay, ich habe verstanden.", nickend presste er seine Lippen aufeinander und schnaufte.

"Hast du was von Jason gehört?", fragte ich ihn und schaute dabei auf den Boden. "Er ist jeden Tag in seinem Studio und kämpft gegen alle möglichen Männer.", erzählte Damon klang nicht besonders begeistert davon. "Jeder verarbeitet den Schock anders.", vermutete ich und dachte an Claire und Maik. Sie arbeitete weiterhin hinter der Bar und Maik leistete Jason vermutlich Gesellschaft im KickBox Studio. "Schock ... das ist wohl die Untertreibung des Jahres.", meinte Damon und strich sich sein pechschwarzes Haar aus dem Gesicht.

Stille breitete sich aus und nur das ticken der Uhr erschallte im Flur des Krankenhauses. Und dann hörte ich eine Stimme, eine bekannte Stimme. "Das kann doch nicht sein, dass ich nicht zu ihm darf. Ich bin seine Mutter!", Elisabeth kam den Flur entlang geschritten und wurde von einer Krankenschwester begleitet. Ihre blauen Augen, die selben wie Liams, trafen meine und sofort erhob ich mich von dem Stuhl. "Alice mein Liebes.", sie nahm mich in ihren Arm und spendete mir Trost. "Ich bin froh, dass du hier bist.", teilte ich ihr mit und drückte sie fest. "Es hat mich eine Menge Überwindung gekostet, aber ich lasse meinen Sohn nicht im Stich.", beichtete Liams Mutter und löste sich von der Umarmung. "Er wird dich sehen wollen, wenn er aufwacht.", glaubte ich und spürte, wie sie nach meinen Händen griff. "Mein Gott, ist das ein Verlobungsring?", ihre Augen klebten auf dem Goldstück. "Ja.", hauchte ich und versuchte nicht in Tränen auszubrechen. "Das freut mich wirklich sehr, mein Kind.", ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus und sie wischte sich eine kleine Tränen weg. "Danke. Er hat mir den Antrag in Thailand gemacht. Es war schöner, als ich es mir jemals erträumen könnte.", erinnerte ich mich zurück und sah ihn vor mir auf den Knien. "Liam ist eigentlich der unromantischste Mann, den ich kenne. Aber du hast ihn verändert. Du hast meinen Sohn zu dem gemacht, der er ist. Und ich bin sehr froh darüber, dass er dich an seiner Seite hat. Ich wünsche euch alles Glück der Welt.", Elisabeth strich über meinen Oberarm und lächelte. Ich sah in ihren Augen wie verletzt sie über den Unfall war und wie sehr sie es traf. Welche Mutter würde es denn nicht treffen, wenn ihr Sohn im Koma liegt?

"Hallo, Elisabeth.", Damon stand nun neben mir und begrüßte die liebevolle Mutter meines Verlobten. "Damon Nolan.", sprach sie und betrachtete ihn von oben bis unten, "Du bist so erwachsen geworden." Die beiden hatten sich sehr lange nicht mehr gesehen. "Es ist schön dich zu sehen.", sagte sie nun und schloss ihn in ihre Arme. "Das beruht auf Gegenseitigkeit.", erwiderte Damon und lächelte zurückhaltend. "Wo ist deine Schwester?", wollte Elisabeth von dem Grauäugigen wissen. "Sie ist bestimmt mit Freundinnen shoppen.", er zuckte mit den Schultern und kratzte sich am Hinterkopf. Daraufhin schüttelte Mrs. Kennedy ihren Kopf. "Sie hat sich noch nie für andere Menschen interessiert. Ich bin froh darüber, dass du anders bist, Damon.", sprach sie und zog ihren Mundwinkel hoch. "Sie hat kein Feingefühl, aber das ist eben Crystal und dafür ist sie bekannt.", meinte Damon, während er seinen Blick kurz zu mir wandern ließ. Elisabeth zog ihren Mundwinkel mitfühlend hoch und ging dann an uns beiden vorbei und stellte sich vor die Glasscheibe, die sie von Liam trennte. "Ich habe es mir schlimm vorgestellt, aber nicht so schlimm.", flüsterte sie schockiert und betrachtete ihren verletzten Sohn. Ich stellte mich neben sie und ließ meine Augen über Liam wandern. Er lag auf diesem Bett und hatte einen Verband um seine Stirn. Zahlreiche Kabel hingen an ihm, damit jeder seiner schwachen Herzschläge überwacht werden konnte. Seine Arme lagen regungslos rechts und links von seinem Körper und er trug diese typischen Krankenhaus Klamotten. Seine Brust hob und senkte sich ganz langsam, doch ansonsten bewegte sich nichts. Nicht mal ein Zucken war zu sehen.

"Er wird wieder aufwachen, darüber bin ich mir sicher.", munterte ich Elisabeth auf und strich über ihren Rücken. "Dein Wort in Gottes Ohr.", murmelte sie und wischte sich eine Träne weg. "Liam ist ein Kämpfer. Er hatte noch vieles vor und er wird das durchstehen.", munterte Damon uns auf und legte seine Hand auf meine Schulter. "Ich glaube an Liam. Er schafft das.", fügte er hinzu und spannte seinen Kiefer an.

Ich schaute weiter auf den Körper meines Verlobten und hoffte jede Sekunde eine kleine Bewegung zu sehen. Ein kleines Zeichen, dass er aus dem Koma erwacht. Wie ein Magnet wurde ich zu ihm gezogen, doch die Ärzte verweigerten jedem zu ihm zu gehen. Es sei zu riskant und es könne seinen Zustand verschlimmern. Da ich kein Risiko eingehen wollte, akzeptierte ich diese Entscheidung und blieb ihm einfach so nah wie möglich. Ich wollte da sein, wenn er aufsteht. So wie er für mich da war, als es mir schlecht ging.

Wie verrückt sehnte ich mich nach seiner Wärme und nach seinen Küssen. Ich sehnte mich danach, wie er mich immer umarmte und wie er meine Stirn küsste. Ich vermisste seine raue Stimme am Morgen und ich vermisste sein perfektes Lächeln, das seine Grübchen zum Vorschein brachten. Ich sehnte mich nach Liam, nach seiner Liebe und seiner Nähe.

"Wo wirst du denn eigentlich wohnen in der Zwischenzeit?", fragte ich Elisabeth. Liam hatte erzählt, dass sie nicht mehr in die Villa gekommen war seitdem sein Vater starb. "Ich habe ein Hotelzimmer gebucht, dort werde ich hausen in den nächsten Tagen oder Wochen.", informierte sie mich und wendete ihren Blick dabei nicht von Liam.

You're my bright light in the darkness - Band 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt