Kapiel 4

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"Meine Mutter fragt mich schon seit Tagen, wann ich sie besuchen komme. Ich habe jedes Mal gesagt, dass gerade kein guter Zeitpunkt wäre. Aber wenn du für eine kurze Zeit weg von hier willst, können wir heute noch in den Jet steigen und nach Paris fliegen.", Liam schaute konzentriert auf die Straße. Ich dachte, es wäre ein guter Moment, um aus dieser Stadt zu flüchten und alles für eine Zeit lang hinter mir zu lassen. Aber ich wusste nicht, ob ich bereit war seine Mutter kennenzulernen, die bestimmt viele Fragen stellen würde. Nichtsdestotrotz überwog meine Reiselust.

"Es wäre schön eine Auszeit von New York zu bekommen.", antwortete ich ihm und ließ meinen Blick in seine Richtung wandern. Ich sah, wie er sich ein Grinsen unterdrückte und somit auch seine Grübchen. "Du musst dein Lachen nicht verkneifen. Ich liebe es deine Grübchen zu sehen.", beichtete ich und wartete Liams Reaktion ab. "Du bist einfach einzigartig.", flüsterte er und zeigte mir nun seine Grübchen. Ich erwischte mich dabei, wie ich meinen Mundwinkel nach oben zog. Niemand schaffte es mich so schnell zum Lächeln zu bringen wie Liam.

Meinen Kopf drehte ich wieder nach vorne ich und beobachtete wie er sich mit dem Auto durch die Straßen schlängelte. "Ich rufe kurz Zack an, der klärt dann alles und leitet an Mrs. Rodriguez weiter unsere Koffer zu packen.", erklärte mir Liam und schaute kurz zu mir rüber. Ich nickte und schaute aus dem Fenster zu den vielen hohen Gebäuden hinauf. New York war eine wunderschöne Stadt, die ich mit wundervollen aber auch nicht so tollen Erlebnissen verband.

Liam tippte auf dem TouchPad herum und kurze Zeit später klingelte es schon bei Zack. "Sir.", nahm er den Anruf entgegen. Ich hatte ihn seit dem Vorfall nicht mehr gesehen, weil Liam ihm verboten hatte mir zu Nahe zu kommen. Er hat es eigentlich jedem männlichen Mitarbeiter verboten, der in meiner Umgebung war. "Alice und ich brauchen in einer Stunde den Jet. Sagen Sie Mrs. Rodriguez bitte sie soll unsere Koffer packen und bereit stellen. Wir sind in zwanzig Minuten da und holen unser Gepäck ab.", so eine Sprechanlage war schon ziemlich praktisch. "Verstanden Sir.", antwortete Zack und ich konnte sein Nicken regelrecht vor mir sehen. Liam legte auf und fuhr uns nach Hause.

Auf dem privaten Flugplatz blieben wir stehen und stiegen aus dem Auto. Ein Mann schnappte sich die Koffer aus dem Kofferraum und Liam widmete sich mir. Er führte mich zu dem Privatjet und ließ mir den Vortritt hinein. "Guten Tag Ms. Thompson.", begrüßte mich der Pilot, der an der Treppe stand. Ich setzte ein Lächeln auf und stieg in den Jet dicht gefolgt von Liam. Wir setzten uns gegenüber auf die Sitze, schnallten uns an und warteten den Start ab. Als wir in der Luft waren schnallten wir uns wieder ab und starrten uns eine Weile einfach nur an.

Ich verliebte mich jeden Tag erneut in sein markantes Gesicht. Seine hellblauen Augen waren so kristallklar wie das Meer und spiegelten gerade nichts als Zufriedenheit wider. Eine Strähne seines braunen Haars fiel in seine Stirn. Er saß da in seinem schwarzen Anzug und schwieg. Sicherlich wollte er etwas sagen, aber er schwieg und genoss diesen Moment genauso wie ich. Allein aus dem Anblick von ihm schöpfte ich neue Kraft und Energie. Meine Sehnsucht zu ihm wurde plötzlich so groß, obwohl er gegenüber von mir saß. Meine Beine machten sich deshalb selbstverständig und ich stand von meinem Sitz auf. Ich ging zu ihm hinüber und mein Blick ließ dabei nicht von seinen Augen locker. Er beobachtete mich ganz genau, jede meiner Bewegungen analysierte er. Ich setzte mich neben ihn und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Meine Finger kreuzte ich mit seinen und nun war ich zufrieden.

"Liam?", hauchte ich und wollte die Frage loswerden, die mir im Besprechungsraum auf der Zunge brannte. "Ja?", seine Stimme war wie Musik in meinen Ohren. "Wie hättest du regiert, wenn ich schwanger gewesen wäre?", unbedingt wollte ich es wissen, vor allem weil ich mir die Frage selbst die ganze Zeit gestellt habe. "Ich weiß ich nicht. Aber was ich weiß ist, dass ich dich nicht weniger geliebt hätte als ich es jetzt tue.", seine Antwort bereitete mir eine Gänsehaut. Die vier kleinen Worte Ich liebe dich auch lagen auf meiner Zunge, aber ich war nicht im Stande sie zu sagen. Ich wusste nicht weshalb, aber ich hasste mich dafür.
"Was hättest du gemacht? Hättest du es behalten wollen?", fragte er nun mit aller Vorsicht, "Du musst nicht antworten, wenn du nicht bereit bist."

"So schwer es mir auch gefallen wäre, hätte ich es wahrscheinlich abgetrieben. Ich würde nicht jeden Tag meines Lebens an Archibald und seine Tat denken wollen, wenn ich das Kind angeschaut hätte.", die Entscheidung wäre mir sicherlich mehr als schwer gefallen, da es immer hin ein Mensch gewesen wäre, der in meinem Bauch herangewachsen wäre. Aber es gab nur einen Mann von dem ich das Kind unter meinem Herzen tragen wollte und das war mit absoluter Sicherheit nicht Archibald.
"Das kann ich nachvollziehen.", bestätigte er meinen Gedankengang. "Wir sind so spontan nach Paris geflogen, wo werden wir eigentlich schlafen?", wechselte ich das Thema, wobei es mich wirklich interessierte. "Zuerst fahren wir kurz zu meiner Mutter, damit sie mich nicht weiter mit ihren Anrufen und Nachrichten quält. Danach werden meine Leute schon ein geeignetes Hotel für uns gefunden haben.", erklärte er und ließ den einflussreichen Mann raushängen, was ziemlich anziehend war.

"Guten Abend, Mutter.", wir standen vor der Tür ihres Penthauses. "Liam!", das Gesicht seiner Mutter strahlte regelrecht und sie schloss ihn sofort in ihre Arme. "Ich bin so froh dich endlich wieder zu sehen, mein Schatz.", meinte sie während sie sich noch umarmten. "Oh und du musst Alice sein.", sie löste sich von der Umarmung und schaute zu mir rüber. "Ja.", antwortete ich grinsend. Ich hatte nicht damit gerechnet, aber sie umarmte mich ebenfalls. Ihre braunen Locken flogen dabei in mein Gesicht. Natürlich erwiderte ich die Umarmung und das Eis war sofort gebrochen.
"Du siehst wunderschön aus.", meinte sie zu mir und nahm mein Gesicht in ihre Hände. "Da hast du eine bezaubernde junge Dame für dich gewonnen, mein Sohn.", ließ sie Liam wissen und musterte mich immer noch. "Dankeschön, Mrs. Kennedy.", ich merkte wie rot ich wurde. "Nenn mich doch Elisabeth.", schlug sie direkt vor und ummantelte mich mit ihrer guten Laune.

"Kommt herein.", bat sie uns und gewährte uns Eintritt in ihr Reich. "Danke.", Liam ließ mich zuerst rein gehen und folgte mir. "Wo sind denn eure Koffer?", hackte Elisabeth nach und runzelte ihre Stirn. "Die sind im Auto.", erklärte Liam und schloss die Tür hinter uns. "Wie wollt ihr euch dann umziehen und frisch machen?", die blauen Augen der Frau waren etwas dunkler als die von Liam. Aber er hatte sie eindeutig von ihr geerbt. "Mutter, wir hatten eigentlich nicht vor hier zu übernachten.", Liam hob seine Schultern und verzog entschuldigend sein Gesicht. "Ach was, ich habe doch ein Gästezimmer, in dem ihr beide schlafen könnt.", der Ausdruck in ihrem Gesicht zeigte, dass sie enttäuscht und traurig war.

Liams Blick eilte sofort zu mir, als sie ein Gästezimmer für uns beide anbot. Wir hatten seit Wochen nicht mehr zusammen in einem Zimmer geschlafen. "Wir wollen dir keine Umstände machen. Keine Sorge, wir kommen morgen wieder und dann unterhalten wir uns und essen gemeinsam.", nachdem mein Freund das sagte, wurden ihre Augen matt. "Nein, nein. Ich denke das wir eine Nacht hier bleiben können.", wandte ich ein, weil ich die Enttäuschung seiner Mutter nicht ertragen konnte. Sie hatte uns so herzlich empfangen, da konnten wir sie nicht einfach abservieren. Verständlicherweise schaute Liam mich überrascht an. "Deine Freundin hat wenigstens Anstand. Schneid' dir eine Scheibe bei ihr ab.", Elisabeth gab Liam einen Klaps auf die Schulter und ich musste mir das Grinsen verkneifen. "Und jetzt sei ein Gentleman und hol eure Koffer.", beauftragte sie ihn.

Liam nickte und verschwand aus dem Penthaus. Elisabeth führte mich ins große, hell eingerichtete Wohnzimmer. "Ich hoffe mein Sohn behandelt dich so, wie man eine Frau behandeln sollte.", sprach sie und überkreuzte ihre Beine auf dem Sofa. Wusste sie von der Vergewaltigung? "Ja, ja natürlich. Liam behandelt mich sehr gut. Er hat das größte Herz, das ich kenne.", antwortete ich ihr und setzte mich ebenfalls.

"Ich hatte erst Zweifel, als Liam mir damals von dir erzählt hat, weil seine erste Beziehung nicht besonders gut verlaufen ist.", erzählte sie und brachte mich zum grübeln. Ich war mir sicher, dass Liam vor mir auch schon Beziehungen hatte. Aber inwiefern war sie nicht gut verlaufen. "Wie meinen Sie das?", hackte ich nach. "Wie waren doch schon beim du.", erinnerte sie mich zuerst. Als sie weitersprechen wollte, klingelte es plötzlich an der Tür. "Das muss Liam sein.", vermutete sie und ging zur Tür. Er trat mit unseren Koffer in den Händen ein und schien erschöpft. "Der Aufzug sollte mal repariert werden.", beschwerte er sich. "Ich habe es schon gemeldet. Morgen sollte er wieder funktionieren.", informierte Elisabeth ihren Sohn, "Aber ich denke du bist stark genug, um die Koffer zu tragen." Oh ja, das war er.

You're my bright light in the darkness - Band 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt